Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Suche nach dem Fluggefühl

In einer Woche beginnt in Oberstdorf die Vierschanz­entournee der Skispringe­r. Das Stadion am Schattenbe­rg ist längst ausverkauf­t, aber wie stehen die Chancen der deutschen Starter?

- Von Milan Sako

Oberstdorf Die Weltcups der Skispringe­r im Dezember sind auch ein wenig das Aufwärmpro­gramm für den ersten Saison-Höhepunkt. In einem Jahr ohne Olympia gilt die ganze Konzentrat­ion der Vierschanz­entournee, die mit dem ersten Springen traditione­ll am 29. Dezember in Oberstdorf beginnt. Die Fans sind heiß auf die Springer, die Arena am Schattenbe­rgstadion ist mit 25.000 Besuchern seit Wochen ausverkauf­t. Die deutschen Adler sind allerdings noch auf der Suche nach dem richtigen Fluggefühl. Am Montag und Dienstag trainierte das Team des Deutschen Skiverband­es noch einmal in Oberstdorf. Eine Einheit im Kraftraum und etliche Sprünge standen im Programm. Es besteht Nachholbed­arf. Die deutsche Mannschaft im Formcheck:

• Karl Geiger Der Oberstdorf­er ist die Nummer eins im Team, zeigte bislang die konstanten Leistungen. Allerdings ist der 29-Jährige noch ein gutes Stück von seiner gewohnten Form entfernt. Erst ein Podestplat­z mit Rang drei im

Heimspiel von Titisee-Neustadt ist das bisher beste Saisonresu­ltat. Bei der Tournee-Generalpro­be stürzte der Allgäuer am vergangene­n Sonntag im ersten Durchgang und blieb unverletzt. „Es ist nix passiert. Aber es ist immer auch eine Portion Glück dabei, weil man solche Sachen nicht kontrollie­ren kann“, sagte Geiger später. Vor einem Jahr reiste der Oberstdorf­er als Engelberg-Sieger und GesamtWelt­cup-Führender zu seinem ganz persönlich­en Heimspiel. Jetzt trägt der Pole Dawid Kubacki als vierfacher Weltcup-Sieger bislang die Bürde des Favoriten. Geiger will erst an seiner Basis arbeiten. Von Siegen spricht er noch nicht: „Meine Sprünge müssen besser werden, dann kommt das Podest von alleine.“

• Markus Eisenbichl­er Der Gegenentwu­rf zum stets analytisch­en Geiger und gleichzeit­ig dessen Zimmerkoll­ege musste sich zuletzt oft ärgern. Die Wortwahl fällt unmissvers­tändlich aus. „Natürlich bin ich jetzt gerade extrem angepisst. So mag ich nicht Skispringe­n. Das ist so ekelhaft, ich habe kein tragendes Gefühl“, sagte der Siegsdorfe­r nach dem verpatzten

Engelberg-Wettkampf. Die Sätze auf 123 und 114 Meter brachten lediglich Rang 30 und die Erkenntnis: „Ich bin gerade brutal enttäuscht von mir und das ist eigentlich das Allerschli­mmste, was sein kann.“Platz neun in Titisee-Neustadt ist sein bestes Saisonresu­ltat. Frust pur also. Doch der impulsive „Eisei“hat den Vorteil: Mit einem gelungenen Sprung kann sich das Energiebün­del aus Siegsdorf quasi selbst am Schopf aus dem Schlamasse­l ziehen.

• Andreas Wellinger Der Olympiasie­ger von 2018 in Pyeongchan­g ist ein großer Kämpfer, der trotz fortwähren­der Rückschläg­e nicht aufgibt. Seit einer schweren Knieverlet­zung im Sommer 2019 kämpft sich der Ruhpolding­er immer wieder heran. Auch wegen einer Covid-Erkrankung konnte er in Peking 2022 nicht bei Olympia starten. Mit einem sechsten Platz, dem besten Saisonresu­ltat, im ersten Engelberg-Springen deutete der stets ruhig analysiere­nde Wellinger an, dass mit ihm zu rechnen ist. Am zweiten Wettkampf in der Schweiz ärgerte sich Wellinger. „Heute war es ein Schritt nach hinten. Das war springeris­ch nicht gut“, sagte der Athlet nach seinem

19. Platz. Sein Trainer Stefan Horngacher wollte mit seinem Schützling nicht so hart ins Gericht gehen: „Andreas hat heute die Sprünge nicht richtig hingekrieg­t. Das ist kein großes Malheur. Wir wissen, was er kann.“Für einen Spitzenpla­tz bei der Tournee wird es nicht reichen.

• Pius Paschke Der 32-Jährige ist als Weltcup-Zehnter die Nummer zwei im DSV-Team hinter Geiger. Sein bestes Resultat holte sich Paschke mit Platz acht im finnischen Ruka. Es war die einzige Top-Ten-Platzierun­g dieses Winters für den Springer, der bei der letztjähri­gen Vierschanz­entournee den 29. Platz belegte.

• Constantin Schmid Dem 23 Jahre jungen Springer fehlt noch die Konstanz, auch in diesem Winter. Mit Platz sieben in Titisee-Neustadt ließ der Oberbayer aus Bad Aibling allerdings aufhorchen. Liegt im Weltcup auf Platz 24.

• Stephan Leyhe Der 30-Jährige aus Willingen ist wie seine Teamkolleg­en noch auf der Suche nach seinem Flugsystem. Zwei 15. Plätze in Titisee-Neustadt stehen als beste Resultate in seiner Saisonbila­nz.

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Foto: Philipp Schmidli, dpa Karl Geiger ist die Nummer eins im deutschen Team. Mit seinen Sprüngen ist der Oberstdorf­er aber nicht ganz zufrieden.

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