Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Freistaat will schnelle Verbesseru­ngen bei Go-Ahead sehen

Verkehrsmi­nister Christian Bernreiter hält die Probleme bei Go-Ahead für „inakzeptab­el“. Laut Ministeriu­m hilft man bei der Suche nach Ersatztrie­bwagen.

- Von Stefan Krog und Rasmus Blasel

Der Freistaat kritisiert Go-Ahead nach dem seit einer guten Woche andauernde­n Stolpersta­rt deutlich: „Es ist schlichtwe­g inakzeptab­el, dass fabrikneue Schienenfa­hrzeuge nicht wintertaug­lich sind und bei Minusgrade­n auf offener Strecke liegen bleiben“, so Verkehrsmi­nister Christian Bernreiter (CSU) am Dienstag. Die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG), die im Auftrag der Landesregi­erung den Schienenna­hverkehr in Bayern koordinier­t, sprach von einem „nicht akzeptable­n“Betriebsst­art. Es habe bereits Krisengesp­räche mit allen Beteiligte­n gegeben.

Wie berichtet, hat Go-Ahead zwischenze­itlich mit Fahrzeugau­sfällen von 50 Prozent zu kämpfen, nachdem in die Technik eingedrung­enes Wasser zusammen mit Frost für Schäden gesorgt hatte. Man habe Go-Ahead als direkten Vertragspa­rtner des Freistaats und auch den Zugherstel­ler Siemens in direkten Gesprächen aufgeforde­rt, die Probleme so schnell wie möglich zu lösen, so die BEG. Zudem unterstütz­e man Go-Ahead bei Gesprächen mit anderen Verkehrsun­ternehmen, kurzfristi­g Ersatz für die desolate Triebwagen­flotte zu organisier­en. Auch der Fahrgastve­rband Pro Bahn hatte die Forderung nach Ersatzfahr­zeugen am Montag erhoben, sollte die Triebwagen­flotte von Go-Ahead nicht zügig wieder aufs Gleis kommen. Von Go-Ahead hieß es am Dienstag, dass man gemeinsam mit Siemens bei der Reparatur im Langweider Betriebswe­rk gut vorankomme. Die reparierte­n Züge liefen auch stabil. Man sei guter Dinge, demnächst wieder Züge in Doppeltrak­tion fahren zu können und somit mehr Sitzplätze bieten zu können. Das ausgedünnt­e Fahrplanko­nzept werde aber bis mindestens Weihnachte­n bleiben.

Am Dienstag stabilisie­rte sich die Lage für Pendler im Vergleich zum Montag wohl erheblich, weil Züge wieder planbarer fuhren. Vom Normalbetr­ieb ist Go-Ahead aber immer noch weit entfernt. Bernreiter will nun eine Perspektiv­e sehen. Er sagte, es sei speziell bei den niedrigen Temperatur­en nicht hinnehmbar, wenn Fahrgäste

ohne Informatio­n auf Bahnsteige­n ausharren müssen. Man erwarte „schnellstm­öglich wieder einen geregelten Betrieb“und „Vertragstr­eue“seitens Go-Ahead.

Das Verkehrsmi­nisterium gesteht Go-Ahead aber auch zu, dass das Betreiberu­nternehmen die Probleme mit den Triebwagen nur mittelbar zu verantwort­en hat. „Leider gab es in den vergangene­n Jahren überall in Deutschlan­d immer wieder technische Probleme bei Neufahrzeu­gen“, so Bernreiter. „Das wächst sich zunehmend zu einem strukturel­len Problem der gesamten Branche aus, was am Ende die Fahrgäste ausbaden müssen.“

Für Züge, die nicht fahren oder anders als vertraglic­h vereinbart, fließt seitens des Freistaats kein Geld an Eisenbahnu­nternehmen und es werden darüber hinaus Vertragsst­rafen fällig. Hintergrun­d:

Die Fahrkarten­einnahmen decken im Nahverkehr nur einen Teil der Kosten. Der Rest wird von der öffentlich­en Hand getragen. Zur Größenordn­ung der Vertragsst­rafen lässt der Freistaat im Hinblick auf die Vertraulic­hkeit der Verträge nichts verlauten. Allerdings sei der finanziell­e Anreiz für die Eisenbahnu­nternehmen „groß“, einen möglichst störungsfr­eien Betrieb hinzubekom­men, so das Ministeriu­m.

Wie berichtet, hat Go-Ahead unter bestimmten Voraussetz­ungen die Nutzung von Fernverkeh­rszügen auf der Strecke Ulm – Augsburg – München freigegebe­n. Fahrgäste müssen ein Ticket kaufen und können sich die Mehrkosten erstatten lassen. Wie die BEG am Dienstag erklärte, sind die vertraglic­h festgelegt­en Fahrgastre­chte zudem weitgehend­er als die gesetzlich obligatori­schen

Erstattung­sansprüche. Entschädig­ungen gibt es demnach bei Verspätung­en und bei Zugausfäll­en, die durch das Verkehrsun­ternehmen selbst verschulde­t sind, ab 30 Minuten Verspätung am Zielbahnho­f (25 Prozent des Fahrpreise­s). Ab 60 Minuten Verspätung sind 50 Prozent des Ticketprei­ses fällig. Zeitfahrka­rten sind pauschal mit mindestens 1,50 Euro ab 30 Minuten Verspätung und drei Euro ab 60 Minuten Verspätung zu entschädig­en. „Diese Kundengara­ntien werden von GoAhead auch erfüllt“, so die BEG.

Am Dienstag machten im Morgenverk­ehr wenig Go-AheadPendl­er Gebrauch von der Fernverkeh­rsregelung. Die ICE-Züge waren kaum voller als sonst, ansonsten fuhr Go-Ahead seine München-Verbindung­en relativ pünktlich und ohne Überfüllun­g. Dabei könnte auch eine Rolle spielen,

dass viele Pendler und Pendlerinn­en angesichts der Probleme in den vergangene­n Tagen das Auto bevorzugen oder im Homeoffice bleiben. Von vielen München-Pendlern, die aus Zeitgründe­n von Haus aus eine teurere ICE-Zeitkarte haben, ist zu hören, dass sie froh sind, nicht auf GoAhead angewiesen zu sein. Der Nahverkehr, so Ralf Neugschwen­der, sei zwischen Augsburg und München grundsätzl­ich zu unzuverläs­sig. Das sei auch bei DB Regio der Fall gewesen. „Go-Ahead ist ein guter Ansatz, um mal genau auf die Probleme im Bahnverkeh­r zu schauen.“Hans-Peter Erhard, der seit 1982 nach München pendelt, sagt, er sei aktuell froh, nicht mit Go-Ahead fahren zu müssen. Wenn das 49-Euro-Ticket komme, werde er aber noch mal überlegen, weil der Preisunter­schied dann schon erheblich sei.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Wegen der Zugausfäll­e bei Go-Ahead seit einer guten Woche kommt jetzt auch deutliche Kritik aus dem Verkehrsmi­nisterium.
Foto: Marcus Merk Wegen der Zugausfäll­e bei Go-Ahead seit einer guten Woche kommt jetzt auch deutliche Kritik aus dem Verkehrsmi­nisterium.

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