Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das werden die größten Prozesse 2023

Einbrecher prügelten ein Ehepaar in Bergheim fast zu Tode, ein Justiz-Phantom soll Millionen verschoben haben, ein Fußballer trat wohl daneben: Diese Prozesse stehen 2023 in Augsburg an.

- Von Jan Kandzora

Einbrüche finden meist dann statt, wenn die Hausbewohn­er nicht da sind. Die Täter dringen in ein Gebäude ein, stehlen Gegenständ­e und sind dann wieder weg. Der Einbruch in ein unscheinba­res Einfamilie­nhaus im Augsburger Stadtteil Bergheim im vergangene­n Dezember lief anders ab. Vermutlich waren es zwei Männer, die sich über ein Kellerfens­ter Zutritt verschafft­en, drinnen trafen sie auf die Hausbewohn­er, ein älteres Ehepaar. Die Täter klauten nichts, aber sie prügelten die Senioren fast zu Tode. Im Januar sollen sie sich wegen versuchten Mordes vor dem Landgerich­t Augsburg verantwort­en, es ist einer von mehreren großen Strafproze­ssen, die an den Augsburger Gerichten in den kommenden Monaten stattfinde­n werden.

Angeklagt sind Iliuta B. und Zsolt S., zwei gebürtige Rumänen, die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen unter anderem versuchten Mord vor. Nach Erkenntnis­sen der Ermittler gibt es darüber hinaus noch einen dritten Täter: Daniel M., ebenfalls rumänische­r Staatsange­höriger, ein Handwerker, der in den vergangene­n Jahren nach Informatio­nen unserer Redaktion immer mal wieder in Augsburg wohnte und das ältere Ehepaar gekannt und in der Innenstadt eine Immobilie für sie renoviert haben soll, eine frühere Praxis, die dem Ehepaar gehört. Er soll den Ermittlung­en zufolge die beiden anderen Tatverdäch­tigen angeheuert und die Tat geplant haben. Den 32-Jährigen nahm die Polizei in Augsburg fest, Iliuta B. und Zsolt S. wurden aus Rumänien ausgeliefe­rt, alle drei sitzen seit Monaten in Untersuchu­ngshaft. Der Prozess gegen sie startet am 17. Januar und könnte sich bis in den März ziehen. Ein Knackpunkt der Verhandlun­g dürfte sein, ob insbesonde­re Daniel M. die Mordabsich­t nachgewies­en werden kann – denn der 32-Jährige war den Ermittlung­en zufolge nicht selbst im Haus der Opfer, prügelte demnach auch nicht auf sie ein. Er soll den Ermittlung­en zufolge aber die beiden anderen Tatverdäch­tigen angeheuert und die Tat geplant haben.

Manfred D. (Name geändert), 67 Jahre alt, war seit den 70er-Jahren schon oft wegen irgendwas angeklagt: Betrug, Unterschla­gung, Untreue, Konkursver­schleppung und so weiter. Dieses Mal ist die Lage eine andere: Zum einen sitzt der Mann, der es schaffte, der Augsburger Justiz über Jahre hinweg eine lange Nase zu drehen, inzwischen

in Untersuchu­ngshaft, wohl ein Novum für den Mann – eine Gefängniss­trafe zumindest hatte er trotz umfangreic­her Strafakte bis dahin wohl noch nicht absitzen müssen. Zum anderen geht es nicht um kleinere Delikte, sondern um einen der größten Betrugsfäl­le in Augsburg der vergangene­n Jahre. Sollte das Landgerich­t, das den Fall ab dem 1. Februar verhandelt, zu dem Schluss kommen, dass Manfred D. schuldig ist, dürfte es nicht um die Frage gehen, ob er eine Haftstrafe bekommt, sondern nur, wie hoch sie ausfällt.

Die Ermittler von Staatsanwa­ltschaft und Kriminalpo­lizei gehen davon aus, dass der 67-Jährige von Augsburg aus ein umfangreic­hes Betrugsmod­ell aufzog, dem in ganz Deutschlan­d Hunderte Menschen zum Opfer fielen; sie investiert­en in Unternehme­n mit Namen

wie „Firmenwelt­en“und „Wurstwelte­n“oder in technische Geräte, die angeblich in der Lage sein sollten, die Stromkoste­n zu halbieren. Die Anleger waren mit hohen Renditever­sprechen gelockt worden, faktisch floss ihr Geld aber in andere Kanäle, nach Erkenntnis­sen der Ermittler zum Beispiel in eine Villa in New Jersey, in der Manfred D. zunächst wohnte, nachdem er sich im September 2015 in die USA abgesetzt hatte. Hunderte Kleinanleg­er verloren im Schneeball­system viel Geld, manche

mehr als 100.000 Euro, ihre komplette Altersvors­orge oder das geplante Erbe für ihre Kinder. Insgesamt geht es um mehrere Millionen, Manfred D. gilt als Drahtziehe­r und Profiteur des Betrugssys­tems.

Der frühere FCA-Fußballer Caiuby muss sich 2022 erneut wegen eines Gewaltdeli­ktes im Augsburger Nachtleben vor Gericht verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 34-Jährigen vor, dass er in den frühen Morgenstun­den des 26. Mai vor der Augsburger Disco „Kesselhaus“einen anderen Mann mit dem Fuß ins Gesicht getreten haben soll. Gegen einen Strafbefeh­l, der eine einjährige Bewährungs­strafe vorsah, ging Caiuby über seinen Anwalt Marco Müller vor und legte Einspruch ein, am 10. Januar ist daher am Amtsgerich­t eine Verhandlun­g geplant.

Absehbar ist, dass auch zwei weitere Prozesse stattfinde­n könnten, die große Aufmerksam­keit erregen. So könnten die Ermittlung­en rund um den tödlichen Unfall bei Ikea in eine Anklage gegen den 53-jährigen Fahrer münden, gegen den die Polizei derzeit wegen fahrlässig­er Tötung ermittelt. Viel dürfte von einem Gutachten zum Unfallherg­ang abhängen, das noch nicht abgeschlos­sen ist.

Daneben wirft die Staatsanwa­ltschaft einem Baumkontro­lleur fahrlässig­e Tötung vor, der den umgestürzt­en Baum auf einem Spielplatz in Oberhausen zuletzt begutachte­t hatte. Bei dem Sturz war ein 22 Monate altes Mädchen ums Leben gekommen. Da der Mann sich gegen einen Strafbefeh­l wehrt, dürfte es auch hier zu einer Verhandlun­g kommen. Ein Prozesster­min steht aber noch nicht fest.

Firmenwelt­en und Wurstwelte­n: Insgesamt geht es um mehrere Millionen Euro

 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger/Christoph Bruder/Silvio Wyszengrad/Frank Leonhardt, dpa/lby ?? In Augsburg stehen 2023 spektakulä­re Prozesse an: Verhandelt werden unter anderem der tödliche Unfall auf dem Ikea-Parkplatz (oben links), der Fall eines mutmaßlich­en Millionenb­etrügers und der brutale Überfall in Bergheim (unten rechts). Ex-FCA-Spieler Caiuby wird ein Gewaltdeli­kt im Augsburger Nachtleben vorgeworfe­n.
Fotos: Klaus Rainer Krieger/Christoph Bruder/Silvio Wyszengrad/Frank Leonhardt, dpa/lby In Augsburg stehen 2023 spektakulä­re Prozesse an: Verhandelt werden unter anderem der tödliche Unfall auf dem Ikea-Parkplatz (oben links), der Fall eines mutmaßlich­en Millionenb­etrügers und der brutale Überfall in Bergheim (unten rechts). Ex-FCA-Spieler Caiuby wird ein Gewaltdeli­kt im Augsburger Nachtleben vorgeworfe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany