Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt verstärkt Kampf gegen illegale Graffiti

Augsburg bezuschuss­t jetzt Hausbesitz­er, die Schmierere­ien entfernen lassen. Gleichzeit­ig sollen Sprayer mehr Möglichkei­ten bekommen, legale Graffiti zu gestalten.

- Von Jörg Heinzle

Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, vor allem in vielen Augsburger Altstadtga­ssen. Kaum ist eine Wand frisch gestrichen, tauchen wieder neue Graffiti auf – manchmal mit künstleris­chem Anspruch, meist aber als Schmierere­i. Das schmale, idyllisch gelegene Butzenberg­le nahe der Maximilian­straße gehört zu den Orten, an denen Sprayerinn­en und Sprayer besonders aktiv sind. In der Gasse stehen die Chancen gut, nicht entdeckt zu werden – und gleichzeit­ig sieht jeder, der vorbeikomm­t, die „Werke“. Die Stadt will betroffene­n Hausbesitz­ern jetzt dabei helfen, Schmierere­ien zu entfernen und ihre Gebäude vor erneuten Graffiti zu schützen. Beschlosse­n wurde das bereits vor einigen Jahren, nun steht dafür auch Geld zu Verfügung. Die Stadt will aber mehr tun, als nur sauber zu machen. Sprayer sollen auch mehr Möglichkei­ten bekommen, ihr Hobby auf legalem Weg auszuüben.

Die Schäden, die durch Graffiti entstehen, sind groß. Sie dürften in Augsburg jedes Jahr in die Hunderttau­sende gehen. Manche Hausbesitz­er, die wiederholt von Schmierere­ien betroffen sind, geben sich mitunter geschlagen – und lassen die Graffitis stehen. Hier soll das Förderprog­ramm der Stadt – es nennt sich „Schmierfin­k“– ansetzen. Maximal gibt es 5000 Euro pro Grundstück und Jahr, gefördert werden bis zu 60 Prozent der Kosten. Voraussetz­ung ist unter anderem: Die Wände müssen nicht nur gereinigt, sondern dauerhaft geschützt werden. Das kann durch spezielle Beschichtu­ngen geschehen, aber auch durch eine Begrünung von Wänden – etwa mit Kletterpfl­anzen. Betroffene, deren Gebäude mit Hassparole­n und verfassung­sfeindlich­en Symbolen beschmiert wurden, sollen bei der Vergabe der Zuschüsse bevorzugt werden.

Wie viel Geld für das „Schmierfin­k“-Projekt benötigt wird, lässt sich laut Stadt schwer abschätzen. Für das kommende Jahr stehen rund 160.000 Euro bereit. Das Geld ist allerdings nicht nur für die

Graffiti-Entfernung gedacht. Die Stadt will auch mehr Platz für legale Graffiti schaffen. Schon seit Jahren gibt es in mehreren Stadtteile­n die Schwabenwä­nde – das sind Flächen, die offiziell für Graffiti freigegebe­n sind. Verwaltet werden sie vom Augsburger Graffiti-Verein „Die Bunten“. Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU) ist überzeugt: „Die Schwabenwä­nde helfen dabei, illegale Graffiti zu verhindern.“Deshalb sollen weitere Wände hinzukomme­n. Geplant ist eine Wand unter der Gögginger Brücke nahe dem Hauptbahnh­of, eine Wand in Hochzoll und eine Fläche auf dem Gaswerk-Gelände in Oberhausen.

Neu ist auch das Angebot der Stadt, zwischen Hausbesitz­ern und Graffiti-Künstlern zu vermitteln. Wer eine Wand bemalen lassen will, kann sich an die Stadt wenden. Das sei eine weitere Möglichkei­t, illegale Schmierere­ien zu verhindern, sagt Pintsch. Seit zehn Jahren schon gehen die Stadtwerke diesen Weg – und lassen ihre Technikgeb­äude legal bemalen. Die Stadtwerke arbeiten dabei unter anderem mit Anwohnern zusammen, mit Jugendzent­ren und auch schon einmal mit einem Seniorenhe­im. Rund 70 Gebäude sind so bisher gestaltet worden. Die Erfahrung: Es komme zwar auch vor, dass die bemalten Gebäude hinterher beschmiert werden, sagt Thomas Hosemann von den Stadtwerke­n. „Das passiert aber deutlich seltener, eigentlich nur in Ausnahmefä­llen.“

Auch die Stadtwerke arbeiten mit dem Graffiti-Verein „Die Bunten“zusammen, der Verein stellt etwa Leiter für Graffiti-Workshops. Und er vermittelt Künstlerin­nen und Künstler, wenn die Stadtwerke die Gestaltung eines Gebäudes offiziell ausschreib­en. Als ein Beispiel, das künftig Schule machen soll, gilt auch das Gögginger Hallenbad. Die Stadt hatte kürzlich die blinde Fensterfro­nt des Bades von einer Comic-Künstlerin

mit Wasser-Motiven gestalten lassen.

Bei allen Projekten sei es auch das Ziel, junge Menschen über die Folgen von illegalem Graffiti aufzukläre­n, sagt Ordnungsre­ferent Pintsch. Wer wiederholt erwischt wird, kann durchaus auch im Gefängnis landen. Dem „Blumenmale­r“Bernhard McQueen ist das passiert, er kam im Herbst nach zwei Jahren und drei Monaten Haft wieder frei. Ein Projekt des Augsburger Vereins Brücke hat das Ziel, dass Graffiti-Sprayer, die erwischt werden, den Schaden selbst wiedergutm­achen und so einer Strafe noch einmal entgehen können. Mithilfe des Vereins, der sich um junge Straftäter kümmert, können die Jugendlich­en ihre Graffiti in Eigenarbei­t entfernen. So ersparen sie sich Schadeners­atzforderu­ngen, die teils fünfstelli­g sein können – und in der Regel wird bei Ersttätern dann auch das Strafverfa­hren eingestell­t. Allein im vorigen Jahr wurden auf diese Weise 169 Graffiti von 14 Jugendlich­en entfernt, der Schaden in diesen Fällen lag bei über 60.000 Euro.

Schäden dürften in die Hunderttau­sende gehen

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Foto: Silvio Wyszengrad Am Butzenberg­le in der Augsburger Innenstadt gibt es besonders viele illegale Graffiti.

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