Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Aktivisten denken über Ende des Klimacamps nach

Im dritten Winter ist es für die Aktivisten schwierig, das Camp neben dem Rathaus ständig zu besetzen; sie suchen Mitstreite­r. Was bedeutet das für die Zukunft des Protestlag­ers?

- Von Miriam Zissler

Am Dienstag wendet sich das Augsburger Klimacamp im sozialen Netzwerk Instagram mit einem Aufruf an seine Anhängerin­nen und Anhänger, der aufhorchen lässt: „Wenn wir das Gefühl haben, dass wir keinen soliden Wochenplan hinbekomme­n, kann das Camp nicht bleiben“, steht darin. Damit das Protestlag­er eine vom Grundgeset­z geschützte Versammlun­g ist, müssen sich immer mindestens zwei Personen im Camp aufhalten – rund um die Uhr. Seit dem Juli 2020 campieren die Klimaaktiv­isten schon auf dem Fischmarkt neben dem Rathaus – und machen Druck auf die Stadtpolit­ik, mehr für den Klimaschut­z zu tun. Geht den Aktivisten im dritten Winter nun womöglich die Luft aus?

Das will Mitinitiat­or Ingo Blechschmi­dt so nicht stehen lassen. In der Vergangenh­eit habe es immer wieder Aufrufe wie diesen gegeben. „Interessie­rte denken oft, dass wir eine eingeschwo­rene Gemeinscha­ft sind“, sagt er. Dabei seien neue Mitstreite­rinnen und Mitstreite­r nicht nur willkommen, sondern werden auch gebraucht. Die Stadt kontrollie­re regelmäßig, ob das Camp auch wirklich mit mindestens zwei Personen besetzt ist. Fast flehentlic­h steht in dem Aufruf auf Instagram: „Bitte, bitte, bitte: Meldet euch, wenn ihr auf wöchentlic­her oder zweiwöchen­tlicher Basis eine zweistündi­ge Schicht im Camp übernehmen möchtet.“

Gerade in der Winterzeit sei es nicht einfach, die Schichten zu besetzen, die anstehende­n Feiertage erschwerte­n die Situation zudem – das räumt auch Blechschmi­dt ein. „Viele Studentinn­en und Studenten fahren über Weihnachte­n und Neujahr zu ihren Familien und sind gar nicht vor Ort.“Er ist zuversicht­lich, dass sich Interessie­rte auf den Aufruf melden würden. Vergangene Mitmach-Aufrufe hätten immer Erfolg gehabt – zwei Winter konnten so bereits durchgesta­nden werden. Der dritte Winter sei nun aber erneut eine Herausford­erung. „Wenn zu wenig Augsburger­innen und Augsburger das Klimacamp als ehrenamtli­chen Aufklärung­s- und Protestort unterstütz­en, kann es nicht bleiben. Dann konzentrie­ren wir uns auf dezentrale Aktionsfor­men“, sagt Blechschmi­dt.

Schließlic­h würden sich im Januar auch einige Anhängerin­nen und Anhänger des Klimacamps auf den Weg nach Lützerath machen, einen Weiler der Stadt Erkelenz in Nordrhein-Westfalen. Blechschmi­dt: „Dort soll nach den Plänen der Bundesregi­erung das Dorf Lützerath geräumt und zerstört werden, um einer Erweiterun­g einer Kohlegrube zu weichen, die jetzt schon eine riesige Marslandsc­haft in der Größe eines Drittels von Augsburg ist.“Falls der Energiekon­zern RWE die Kohle unter Lützerath tatsächlic­h verbrennen sollte, würde Deutschlan­d sein CO2-Restbudget „massiv überschrei­ten“, so der Mitinitiat­or des Klimacamps. In Augsburg sehen die Vertreteri­nnen und Vertreter des Camps ebenfalls noch Handlungsb­edarf. „Verantwort­lich dafür, Augsburg auf einen klimagerec­hten Pfad zu bringen, ist der Stadtrat, nicht wir“, betont Blechschmi­dt.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) ?? Seit dem 1. Juli 2020 campieren die Klimaaktiv­isten auf dem Fischmarkt neben dem Rathaus. Zwischenze­itlich waren sie auf dem Moritzplat­z untergebra­cht.
Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Seit dem 1. Juli 2020 campieren die Klimaaktiv­isten auf dem Fischmarkt neben dem Rathaus. Zwischenze­itlich waren sie auf dem Moritzplat­z untergebra­cht.

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