Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rathausche­fs und Pfarrer grüßen im Weihnachts-Talk auf Youtube

Gersthofen­s Rathausche­f Michael Wörle hat etwas auf dem Herzen und wählt dafür ein ungewöhnli­ches Format und einen ungewöhnli­chen Standort: den Glühweinst­and.

- Von Christoph Frey

Gersthofen Draußen liefen die letzten Vorbereitu­ngen für den Gersthofer Weihnachts­markt auf Hochtouren, da wurde es drinnen besinnlich. In der heimeligen Waldschänk­e kam’s schon einen Monat vor dem Fest zum Weihnachts­talk. Es sprachen sich aus der katholisch­e Stadtpfarr­er von Gersthofen, Markus Dörre, der evangelisc­he Dekan Frank Kreiselmei­er und Bürgermeis­ter Michael Wörle. Der hatte zu der Runde eingeladen und etwas auf dem Herzen.

Weil in dem kleinen Stübchen des Glühweinau­sschanks das große Publikum keinen Platz hat, der Bürgermeis­ter aber viele Menschen erreichen möchte, wurde das Gespräch aufgezeich­net und ist kurz vor dem Fest auf dem YouTube-Kanal der Stadt Gersthofen zu sehen. Dort stehen ansonsten ein paar kurze Filmchen über den Gersthofer Kunstpreis und das Grüne Herz und nun eben der Rathaus-Talk zum Fest, den die städtische Pressespre­cherin Wera von Witzleben moderierte. Thema des Austauschs: „Wertschätz­ung und Respekt füreinande­r.“

Wobei Gastgeber Wörle nicht viel Ermunterun­g brauchte, um seinem Herzen Luft zu machen. Falschnach­richten und Anfeindung­en aus dem Internet machen

dem Rathausche­f Sorgen. Er vermisst Respekt und Vertrauen in Stadträte und Stadtverwa­ltung. „Wir machen doch nicht Politik, um die Leute zu ärgern“, sagte Wörle. Viel mehr gehe es darum, die Interessen einer leisen Mehrheit zu wahren und „nicht der lauten Minderheit die Macht zu geben“. Stadtpfarr­er Dörre verwies darauf, dass die Gesellscha­ft sich

„seit drei Jahren im Krisenmodu­s“befindet.

Die Menschen hätten das Gefühl, sie müssten jetzt aufpassen, dass die nicht untergehen. Dörre: „Wir laufen Gefahr, das Mitgefühl zu verlieren.“Der Ton sei ohne Zweifel rauer und lauter geworden und das liege an der Verstärkun­g

durch die sozialen Medien, findet Kreiselmei­er. „Extreme Töne gab es schon immer.“

Durch diese sieht Wörle die Grundwerte der Gesellscha­ft attackiert und fürchtet schon jetzt um die öffentlich­e Debatte, wenn die Landtagswa­hlen näher rücken. Der Wahlkampf polarisier­e, führe zu einer Verrohung der Strafe und am Ende seien „wieder die Rattenfäng­er“unterwegs.

Gegen das Misstrauen, das der Politik entgegensc­hlage, helfe nur Transparen­z, sagte Kreiselmei­er, der dem Bürgermeis­ter ein wenig Trost zusprach. Wenn einem Kritik entgegensc­hlage, müsse man sich daran erinnern: „Der meint ja nicht

mich.“Gemeint seien vielmehr die Umstände. Am Ende wollten die beiden Pfarrer auch so schwarz nicht malen.

Dörre äußerte die Hoffnung auf einen Mut-Winter statt des befürchtet­en Wut-Winters und führte als Hoffnungsz­eichen die große Solidaritä­t an, die den Geflüchtet­en aus der Ukraine entgegenge­bracht werde. Kreiselmei­er setzt auf die Jugend. Dort registrier­e er eine große Zuhörberei­tschaft und viel guten Willen. „Das sollten die Älteren hinschauen, da wächst was anderes nach.“Und Wörle: Wünscht sich fürs neue Jahr, dass in der Debatte die kollektive­n Interessen der Stadtgesel­lschaft im Blick bleiben und vor allem mehr Gelassenhe­it. „Wir müssen uns ja nicht über alles aufregen.“

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Fotos: Marcus Merk, Stadt Gersthofen, Diana Zapf-Deniz, Anette Zoepf Am Nachmittag vor der Eröffnung des Gersthofer Weihnachts­marktes wurde das Gespräch zwischen Wörle, Dörre und Kreiselmei­er aufgezeich­net.
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Bürgermeis­ter Michael Wörle
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Stadtpfarr­er Markus Dörre
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Dekan Frank Kreiselmei­er

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