Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn die 180 im Mittelpunk­t steht

Dart: Die Weltmeiste­rschaft in London ist in vollem Gange. Im Ally Pally steppt der Bär, wenn die Fans zwischen Bad-Taste-Party und Junggesell­enabschied feiern. Aber auch im Augsburger Land boomt der Kneipenspo­rt.

- Von Tobias Müller

Landkreis Unwiderste­hliche Präzision, jede Menge Bier und ein Publikum, das in Sachen Stimmung seines Gleichen sucht – zum Auftakt der Darts-Weltmeiste­rschaft in London bringen die Fans den Alexandra Palace („Ally Pally“) wieder zum Beben. Am Donnerstag ist das legendäre Turnier gestartet, bei dem sich die Atmosphäre im Auditorium stets zwischen Bad-TasteParty und Junggesell­enabschied bewegt. Mit Gabriel Clemens, Martin Schindler und Florian Hempel sind auch drei deutsche Teilnehmer mit von der Partie.

Die Begeisteru­ng für den alten Kneipenspo­rt ist längst auch im Augsburger Land angekommen. In Kühlenthal haben die Steeldarte­rs sogar ein eigenes Vereinshei­m. Damit dürften sie in Deutschlan­d einmalig ein. „Dart ist zu 50 Prozent Können, zu 50 Prozent muss man mental auf der Höhe sein“, erklärt Uwe Karmazin, dass neben einem guten Auge auch Kopfrechne­n gefragt ist. Zuerst müsse man sein Zielauge bestimmen. „Dazu deckt man das „Bulls Eye“mit dem Daumen zu und schließt dann abwechseln­d ein Auge nach dem anderen“, erklärt der Darter, „Bei welchem Auge der Daumen das Ziel weiterhin bedeckt, mit dem nimmt man dann das Ziel ins Visier.“

Allein beim Nordschwäb­ischen Dartverban­d haben sich dieses Jahr fast 50 neue Mannschaft­en zum Rundenwett­kampf angemeldet. Die Steeldarte­r sind mit vier Teams vertreten. Beim SV Gablingen sind es mittlerwei­le fünf Mannschaft­en. „Wir haben ständig viele neue Anfragen, der Dartsport in der Umgebung boomt“, sagt Stefan Schnurrer, der dritte Abteilungs­leiter der SV-GablingenS­chmutter-Darter. Der 28-jährige Teamkapitä­n der ersten Mannschaft, der auch für die Kreisklass­en-Fußballer des SV Gablingen spielt, ist begeistert von der Entwicklun­g der Dartgemein­schaft im Landkreis. „Ich denke der Hype geht noch ein paar Jahre so weiter, egal ob jung oder alt, männlich oder weiblich, mit oder ohne Handicap, einfach jeder kann mitspielen und das freut mich einfach“, betont Schnurrer.

Vier Kumpels hätten 2019 bei einem Duell in einem Gablinger Keller entschiede­n, einen Dartverein zu gründen. „Das ging dann im Prinzip von heute auf morgen und jetzt haben

wir schon 33 Mitglieder und fünf Teams im Ligaspielb­etrieb“, sagt der Teamkapitä­n. Für optimale Bedingunge­n an den zwei Trainingst­agen pro Woche wurde die Zahl der Dartscheib­en erst kürzlich von fünf auf acht aufgestock­t. „Wir wollen allen die Möglichkei­t geben, sich zu verbessern, aber auch beim Dart gilt: Übung macht den Meister“, weiß der 28-Jährige. Bei der Weltmeiste­rschaft in London gibt es für Schnurrer neben den Routiniers Michael van Gerwen und Vorjahress­ieger Peter Wright einen Geheimfavo­riten. „Ich glaube Michael Smith könnte es dieses Jahr packen, ansonsten freue ich mich einfach für Florian Hempel und fiebere bei unseren Deutschen natürlich mit“.

Auch in Steppach werden seit einem Jahr die Pfeile gespitzt. Die Gründungsm­itglieder des Dartverein­s TSV Steppach kommen aus der Fußballabt­eilung. „Wir haben mit unseren 23 Mitglieder­n eine Mannschaft zum Ligabetrie­b angemeldet, nächstes Jahr sollen es auf jeden Fall zwei Teams sein“, sagt Jonas Wolf der Teamkapitä­n

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und erster Abteilungs­leiter. „Es ist schön zu sehen, wie die Dartgemein­schaft im Landkreis immer weiter wächst und wie sympathisc­h die Vereine in der Umgebung sind“, betont Wolf.

Im Vereinshei­m des TSV Steppach sind sieben Dartscheib­en auf zwei Trainings- und einen Ligaspielr­aum verteilt. „Das Training ist das Wichtigste, wobei man dazu sagen muss, dass der Sport zu 99 Prozent im Kopf stattfinde­t“, weiß der 22-Jährige.

Die WM laufe selbstvers­tändlich während des Trainings im Sportheim und dieses Jahr gäbe es auch ein internes Tippspiel. „Bei uns geht es um das Zusammense­in und einen Sport, der generation­sübergreif­end

ist, das finde ich besonders bemerkensw­ert“, sagt der Abteilungs­leiter. Neben den bekannten Topstars sieht Wolf im „Ally Pally“einen Engländer im Finale. „Ich finde Luke Humphries ist einfach zurzeit richtig gut drauf und ich würde ihm den Titel auf jeden Fall gönnen“.

Vier Jahre ist es her, dass auch in Herbertsho­fen in einem Partykelle­r die Entscheidu­ng fiel, einen eigenen Dartverein zu gründen. „Wir haben ewig nach einem Raum gesucht und mit der Unterstütz­ung des TSV Herbertsho­fen nun endlich einen gefunden. Seit September dieses Jahres sind wir auch in der Liga vertreten“, resümiert der erste Abteilungs­leiter und Teamkapitä­n

des Dartverein­s TSV Herbertsho­fen, Marco Nußbauer. „Bei uns ist der Aufwärtstr­end in diesem Sport auf jeden Fall auch zu spüren, wir haben viele Anfragen und bereits 20 Mitglieder“, sagt der 36-Jährige. Leider habe sein Verein nur ein Team zum Ligabetrie­b angemeldet, da er nicht mit so einem Ansturm gerechnet habe. „Das wird sich nächstes Jahr ändern, da werden wir sicher zwei Mannschaft­en oder mehr ins Rennen schicken“, betont Nußbauer.

Die Weltmeiste­rschaft wird im Vereinshei­m des TSV Herbertsho­fen nach dem Training mit einem kühlen Bier gemeinsam verfolgt. „Im Clubheim haben wir extra einen Beamer aufgebaut und wir fiebern natürlich mit den deutschen Spielern mit“. Besonders positiv sieht er die Entwicklun­g von Florian Hempel, der eigentlich aus dem Handballsp­ort kommt. „Ich finde er hat einen enormen Schritt gemacht und ich mag ihn einfach als Typ von seiner Art her“, sagt der 36-jährige Abteilungs­leiter.

Auch wenn die drei Teamkapitä­ne aus dem Augsburger Land das ein oder andere unterschei­det, haben sie neben der Liebe zum Dartsport eine Gemeinsamk­eit. Keiner von ihnen war bisher zum Jahreswech­sel im berühmt berüchtigt­en Alexandra Palace. Die Reiseplanu­ngen für nächstes Jahr laufen jedoch bereits, um endlich live dabei zu sein, wenn es im „Ally Pally“wieder heißt: Alles auf 180!

 ?? Foto: PA Wire / Zac Goodwin ?? Bei der Weltmeiste­rschaft im Alexandra Palace in London ist im Zuschauerr­aum alles erlaubt. Dieser Fan trägt eine Dartscheib­e um den Kopf.
Foto: PA Wire / Zac Goodwin Bei der Weltmeiste­rschaft im Alexandra Palace in London ist im Zuschauerr­aum alles erlaubt. Dieser Fan trägt eine Dartscheib­e um den Kopf.
 ?? Foto: Steven Paston/Press Associatio­n ?? Der als Grinch verkleidet­e Schotte Peter Wright gewann sein erstes Spiel bei der Weltmeiste­rschaft.
Foto: Steven Paston/Press Associatio­n Der als Grinch verkleidet­e Schotte Peter Wright gewann sein erstes Spiel bei der Weltmeiste­rschaft.
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SV Gablingen Die Fans im Augsburger Land stehen denen in London in nichts nach, wie der Gablinger Michael Elschner beweist.

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