Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auf den Spuren des Onkels

Kelvin Yeboah ist einer der Neuzugänge beim FC Augsburg. Er ist ebenso wie sein Onkel Anthony Stürmer und möchte in dessen Fußstapfen in der Bundesliga treten.

- Von Marco Scheinhof

Kelvin Yeboah möchte seine Mütze auflassen. Es ist kalt in diesen Tagen in Augsburg, die Gefahr einer Erkältung ist groß. Der 22-Jährige kommt gerade vom Platz, entspreche­nd schwitzt er noch. Also lieber die Mütze auf dem Kopf lassen, auch wenn die Fotografen ein Bild ohne Kopfbedeck­ung bevorzugen würden und er mittlerwei­le in den Katakomben der Arena steht.

Yeboah ist seit gut zwei Wochen beim FC Augsburg. Er ist einer von sieben Neuzugänge­n in der Wintertran­sferperiod­e. Er kam vom italienisc­hen Zweitligis­ten Genua CFC. Zunächst ist er bis zum Saisonende ausgeliehe­n, die Augsburger aber haben eine Kaufoption auf den Stürmer. Je häufiger er zum Einsatz kommt, desto geringer ist die Gebühr, die der FCA nach Italien überweisen muss. In den ersten drei Spielen des neuen Jahres hatte Yeboah Kurzeinsät­ze, aber immerhin schon zwei Vorlagen zu Toren geliefert. Damit ist er erst einmal zufrieden. „Es ist okay bislang, aber ich will mehr. Als Stürmer will man immer Tore schießen. Ich habe aber keine feste Zahl als Ziel im Kopf“, sagt er.

Yeboah ist ehrgeizig. Er will es seinem bekannten Onkel gleichtun. Anthony Yeboah hat in der Bundesliga mit Frankfurt große Erfolge gefeiert. Für seinen Neffen ist der ehemalige Stürmer ein wichtiger Ratgeber. „Mit ihm habe ich lange vor dem Wechsel geredet, damit er mir bei der Entscheidu­ng hilft. Er hat gesagt: Gehe nach Deutschlan­d, das ist eine gute Liga“, erzählt der 22-Jährige. So oft es geht, schaut sich Anthony Yeboah die Spiele seines Neffen an. Danach reden sie häufig. „Er gibt mir viele Tipps“, sagt Kelvin Yeboah.

Als er 2019 nach Graz in Österreich gewechselt war, kam es zu einem Missverstä­ndnis. Weil er seinen Onkel immer als Papa bezeichnet hat – wie es in Ghana üblich ist – dachten viele Beobachter, dass Anthony tatsächlic­h sein Vater ist. Stimmt nicht, wie Kelvin Yeboah später aufklärte. Auch heute kann er noch über diese Verwechslu­ng lachen. Kelvin Yeboah ist ein fröhlicher Mensch. Als er zum Interview erscheint, singt er. Er spricht gut deutsch, gelernt hat er es in Österreich. Manchmal fehlen ihm Worte, dann wechselt er ins Englische. „Ich muss mich wieder an deutsch gewöhnen. Aber der Fußball bleibt gleich“, sagt er. Neben Deutsch spricht er italienisc­h und englisch.

Geboren wurde Yeboah in Ghana, seit er fünf Jahre alt ist, lebte er mit seinen Eltern in Italien. Sie wohnen noch immer dort, während sein Onkel Anthony zurück nach Ghana gezogen ist. Auch seine Großeltern leben in dem afrikanisc­hen Land. Yeboah hat die italienisc­he und ghanaische Staatsbürg­erschaft und bereits für beide Länder Jugend-Länderspie­le bestritten. Nun geht es darum, sich bald für eine Nation für mögliche künftige Länderspie­le zu entscheide­n. „Ich trage beide Kulturen in mir. Das ist eine sehr schwere Entscheidu­ng“, sagt der 22-Jährige.

Nach Augsburg zu wechseln fiel ihm dagegen leichter. Weil ihn die Verantwort­lichen recht schnell überzeugt hatten. „Mir hat nach den Gesprächen der Plan vom Trainer gefallen. Ich habe ein gutes Gefühl mit dem FCA“, sagt er. Vor alle wegen der vielen Neuzugänge. „Wir haben viele gute Spieler, und viele sehr junge. Das ist ein Unterschie­d zu Genua, wo mehr ältere

Spieler sind“, sagt Yeboah. Es sei immer sein Traum gewesen, in Deutschlan­d zu spielen. „Ich habe die Bundesliga schon immer geschaut, auch wegen meines Onkels“, sagt er. Nun ist er mittendrin und steht womöglich am Freitag (20.30 Uhr) gegen Bayer Leverkusen in der Startelf. Er könnte den gesperrten Ermedin Demirovic ersetzen. Maaßen jedenfalls ist von den Qualitäten des 22-Jährigen überzeugt: „Kelvin ist eine Frohnatur, viel am Lächeln und sehr viel im Kraftraum. Er hat eine sehr gute Qualität im Anlaufen und Pressing. In Ballbesitz sorgt er für viel Tiefe und schafft überrasche­nde Situatione­n durch sein Tempo.“

Yeboah fühlt sich schon sehr wohl in Augsburg. „Und ich habe der Mannschaft auch schon mit zwei Vorlagen helfen können“, sagt er. Darum geht es ihm: sich sportlich entwickeln und mit dem FCA die Liga zu halten. Das hat er in seinen wenigen Tagen in Augsburg bereits verinnerli­cht, dass der Klassenerh­alt das große Ziel ist. Die Spielweise in Augsburg gefällt ihm. Sie ist anders als in Italien. „Dort ist die Spielweise nicht so offensiv. Hier in der Bundesliga habe ich als Stürmer mehr offensive Freiheiten“, sagt er. Er könne mehr in die Tiefe gehen, was seinem Spielstil eher entspreche, während in Italien erst einmal die Gedanken in Richtung Defensive wandern.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Meist gut gelaunt: Kelvin Yeboah. Der Stürmer hat bereits zwei Tore vorbereite­t.

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