Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein gezielter Blick wäre gut
Ein Problem sind Bettlerinnen und Bettler nicht, nicht per se. Im Gegenteil: Sie gehören gewissermaßen zum Bild einer normalen Großstadt und verdienen das Recht, mit gebotener Zurückhaltung auf ihre Notlage aufmerksam zu machen. Das gilt umso mehr für eine Stadt wie Augsburg, die den Anspruch erhebt, sich mehr noch als andere um die Schwachen zu kümmern – was an vielen Stellen auch gelingt, wie etwa das eng gestrickte Hilfsnetz für Obdachlose zeigt. Wenn aber Spannungen unter Bettlern zunehmen und Konflikte immer deutlicher zutage treten, verdient dies ein gezielteres Hinsehen – auch der Behörden.
Das Regelwerk, das die Stadt Augsburg Ende 2017 festgelegt hat, ist ausgewogen. Es bietet den Bedürftigen notwendige Spielräume, setzt gleichzeitig aber klare Grenzen. Diese Balance muss gewahrt werden, damit all jene unterstützt werden können, die wirklich Hilfe brauchen und diese auch still erbitten. Nun scheint aber wieder der Teil derjenigen zu steigen, die sich nicht an diese Regeln halten – etwa, weil sie Menschen belästigen, teils auf der Straße, teils auch vor der eigenen Haustür. Der Verdacht liegt nahe, dass zumindest ein Teil dieser Bettlerinnen und Bettler nicht alleine in Augsburg aktiv ist, sondern organisiert – und damit außerhalb des legalen Rahmens – auftritt.
Der Anteil der Bettlerinnen und Bettler aus Osteuropa ist vergleichsweise hoch, das ist Fakt. Es darf keine Rolle spielen, ob es sich bei den Betroffenen um „Einheimische“oder „Zugezogene“handelt. Nationalität ist in diesem Fall keine angemessene Kategorie, Bedürftigkeit und Regeln sind es aber schon. Den Schutz der tatsächlich Armen aufrechtzuerhalten, während verdächtige Umtriebe enger in den Blick genommen und verfolgt werden, ist eine komplizierte Aufgabe für Polizei und Stadt. Eine, die wegen der Pandemie wohl auch etwas aus dem Fokus gerückt ist. Das sollte sich nun wieder ändern.