Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Weltenbummler in Sachen Tischtennis
Sportskanone: Wie Josef Merk von der SpVgg Westheim die Senioren-Weltmeisterschaft im Oman erlebte. Das Land und die atemberaubende Natur entschädigte für den sportlichen Reinfall.
Westheim/Maskat Der ehemalige Bundesligaspieler Josef Merk aus dem Neusässer Ortsteil Westheim ist nicht nur ein schwäbisches Tischtennis-Urgestein, er ist auch ein Weltenbummler in Sachen der schnellsten Rückschlagsportart der Welt. Gerade ist der 80-Jährige, der erst vor einigen Monaten noch als Ersatzspieler in der Verbandsliga-Mannschaft seines Vereins debütierte, von den Senioren-Weltmeisterschaften im Oman zurückgekehrt. Sportlich enttäuscht konnte er anschließend eine fantastische Rundreise durch das zwischen Jemen, Saudi-Arabien und den Vereinten Arabischen Emiraten gelegene Sultanat genießen.
„Die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft ist keine Kunst“, sagt Josef Merk, den man in Sportlerkreisen nur Sepp nennt, und der schon an den Wettkämpfen der älteren Semester in der Schweiz, Spanien, Neuseeland oder Japan teilgenommen hat. Warum? „Es ist keine Qualifikation notwendig.“Knifflig wird es dann in der Qualifikation, die in Vierergruppen erfolgt. „Hier trennt sich die Spreu vom Weizen und in der K. o.-Runde geht es dann so richtig zur Sache“, plaudert Merk aus dem Nähkästchen. Ab diesem Zeitpunkt gehört neben dem sportlichen Können auch ein Quäntchen Glück bei der Auslosung dazu. „Das hatte ich diesmal nicht“, lamentiert der Altmeister, der sich bis zum Erreichen der letzten Acht durch zwei FünfSatz-Spiele schlagen musste.
1200 Teilnehmende (65 Prozent Männer, 35 Prozent Frauen) aus 69 Nationen waren insgesamt am Start. In Merks Altersklasse waren es 34 männliche Teilnehmer. Als Zweiter seiner Quali-Gruppe bekam er es zunächst in einer unfreiwilligen Zwischenrunde mit dem gut und giftig spielenden Letten Gunars Jekabsons zu tun, den er nach 1:2-Rückstand noch mit 3:2 besiegen konnte. Ebenfalls fünf Sätze brauchte der 80-Jährige gegen Dennis Bromage aus Wales, ehe es im Viertelfinale gegen Gernot Pakossnick (SV Kubschütz/ Erzgebirge) ging. Ein vermeintlich leichter Gegner, was sich allerdings als Trugschluss herausstellte. Nach hartem Kampf musste sich Merk 2:3 geschlagen geben, wobei der letzte Satz nach 11:10-Führung und Matchball noch
mit 11:13 verloren ging. „Ein Ball hat mir zum Halbfinale gefehlt“, macht der Routinier keinen Hehl aus seiner Enttäuschung und fasst sich an die eigene Nase: „Ich habe mich schon unter den letzten Acht gesehen und ihn total unterschätzt. Dieser Reinfall ist schwer zu verdauen.“Noch am Tag danach sei er sich vorgekommen wie in einer Dunkelkammer. „Es überwiegt die Enttäuschung. Ich habe eine Medaillenchance unnötig verspielt“, meinte Merk nach seinem
Ausscheiden. „Vielleicht war ich auch von meinen vorherigen beiden schweren Spielen stark in Anspruch genommen.“Im Doppel mit dem „Österreicher“Derler (TSV Haar), der es im Einzel bis ins Viertelfinale schaffte, war für Merk ebenfalls im Viertelfinale gegen Roy Norton (England)/Bromage (1:3) die Medaillenhoffnung geplatzt. „Dabei bin ich im Doppel eigentlich besser, weil ich schnell und beweglich bin“, meint der Motor der Tischtennis-Abteilung der SpVgg Westheim.
Wenig zu erben gab es auch für die vier Sportler der SSG Augsburg, die Sepp Merk während der Wettbewerbe im Oman getroffen hat. Unter ihnen auch Andreas Thoma, der im Augsburger Land als Fußball-Spielertrainer des FC Langweid und des TSV Zusmarshausen II bekannt ist. Thoma überstand zwar in der Altersklasse Ü45 im Einzel und Doppel die Gruppenphase, schied dann aber aus. „Es war dennoch ein Erlebnis.“
Hellauf begeistert war Josef Merk indes von Land und Leuten im Oman. „Es konnten viele Vorurteile ausgeräumt werden. Das freie und emanzipierte Land ist auf dem besten Weg in die Moderne. Die
Hauptstadt Maskat ist blitzsauber und wird von modernen Architektur geprägt, ist dabei aber nicht so protzig wie Dubai“, schwärmt Merk auch von der Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Gelassenheit der Menschen im Mittleren Osten. „Die Männer tragen traditionell ein knöchellanges, langärmeliges und gerade geschnittenes, zumeist reinweißes Gewand, die ’Dishdasha’. Als Kopfbedeckung dient eine runde, meist reich bestickte Kappe, die ’Kumah’ oder ein zu einem Turban gewickeltes Tuch, das ’Muzzar’“, berichtet er von vielen Begegnungen.
Begeistert war der 80-jährige Weltenbummler, der schon viele Fernreisen gemacht hat, auch von der gigantischen Natur, die Merk zusammen mit seiner Tochter in einem Allrad-Fahrzeug erkundet hat. „Es gibt natürlich viel Wüste, aber auch Berge, die bis zu 3000 Meter hoch sind. Besonders beeindruckend waren die tiefen Canyons in gigantischen Dimensionen und die verwinkelten Höhlen, in die wir uns gewagt haben“, erzählt er begeistert. Diese Erlebnisse haben ihn ziemlich schnell über die sportliche Enttäuschung hinweg getröstet.