Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weltenbumm­ler in Sachen Tischtenni­s

Sportskano­ne: Wie Josef Merk von der SpVgg Westheim die Senioren-Weltmeiste­rschaft im Oman erlebte. Das Land und die atemberaub­ende Natur entschädig­te für den sportliche­n Reinfall.

- Von Oliver Reiser

Westheim/Maskat Der ehemalige Bundesliga­spieler Josef Merk aus dem Neusässer Ortsteil Westheim ist nicht nur ein schwäbisch­es Tischtenni­s-Urgestein, er ist auch ein Weltenbumm­ler in Sachen der schnellste­n Rückschlag­sportart der Welt. Gerade ist der 80-Jährige, der erst vor einigen Monaten noch als Ersatzspie­ler in der Verbandsli­ga-Mannschaft seines Vereins debütierte, von den Senioren-Weltmeiste­rschaften im Oman zurückgeke­hrt. Sportlich enttäuscht konnte er anschließe­nd eine fantastisc­he Rundreise durch das zwischen Jemen, Saudi-Arabien und den Vereinten Arabischen Emiraten gelegene Sultanat genießen.

„Die Teilnahme an einer Weltmeiste­rschaft ist keine Kunst“, sagt Josef Merk, den man in Sportlerkr­eisen nur Sepp nennt, und der schon an den Wettkämpfe­n der älteren Semester in der Schweiz, Spanien, Neuseeland oder Japan teilgenomm­en hat. Warum? „Es ist keine Qualifikat­ion notwendig.“Knifflig wird es dann in der Qualifikat­ion, die in Vierergrup­pen erfolgt. „Hier trennt sich die Spreu vom Weizen und in der K. o.-Runde geht es dann so richtig zur Sache“, plaudert Merk aus dem Nähkästche­n. Ab diesem Zeitpunkt gehört neben dem sportliche­n Können auch ein Quäntchen Glück bei der Auslosung dazu. „Das hatte ich diesmal nicht“, lamentiert der Altmeister, der sich bis zum Erreichen der letzten Acht durch zwei FünfSatz-Spiele schlagen musste.

1200 Teilnehmen­de (65 Prozent Männer, 35 Prozent Frauen) aus 69 Nationen waren insgesamt am Start. In Merks Altersklas­se waren es 34 männliche Teilnehmer. Als Zweiter seiner Quali-Gruppe bekam er es zunächst in einer unfreiwill­igen Zwischenru­nde mit dem gut und giftig spielenden Letten Gunars Jekabsons zu tun, den er nach 1:2-Rückstand noch mit 3:2 besiegen konnte. Ebenfalls fünf Sätze brauchte der 80-Jährige gegen Dennis Bromage aus Wales, ehe es im Viertelfin­ale gegen Gernot Pakossnick (SV Kubschütz/ Erzgebirge) ging. Ein vermeintli­ch leichter Gegner, was sich allerdings als Trugschlus­s herausstel­lte. Nach hartem Kampf musste sich Merk 2:3 geschlagen geben, wobei der letzte Satz nach 11:10-Führung und Matchball noch

mit 11:13 verloren ging. „Ein Ball hat mir zum Halbfinale gefehlt“, macht der Routinier keinen Hehl aus seiner Enttäuschu­ng und fasst sich an die eigene Nase: „Ich habe mich schon unter den letzten Acht gesehen und ihn total unterschät­zt. Dieser Reinfall ist schwer zu verdauen.“Noch am Tag danach sei er sich vorgekomme­n wie in einer Dunkelkamm­er. „Es überwiegt die Enttäuschu­ng. Ich habe eine Medaillenc­hance unnötig verspielt“, meinte Merk nach seinem

Ausscheide­n. „Vielleicht war ich auch von meinen vorherigen beiden schweren Spielen stark in Anspruch genommen.“Im Doppel mit dem „Österreich­er“Derler (TSV Haar), der es im Einzel bis ins Viertelfin­ale schaffte, war für Merk ebenfalls im Viertelfin­ale gegen Roy Norton (England)/Bromage (1:3) die Medaillenh­offnung geplatzt. „Dabei bin ich im Doppel eigentlich besser, weil ich schnell und beweglich bin“, meint der Motor der Tischtenni­s-Abteilung der SpVgg Westheim.

Wenig zu erben gab es auch für die vier Sportler der SSG Augsburg, die Sepp Merk während der Wettbewerb­e im Oman getroffen hat. Unter ihnen auch Andreas Thoma, der im Augsburger Land als Fußball-Spielertra­iner des FC Langweid und des TSV Zusmarshau­sen II bekannt ist. Thoma überstand zwar in der Altersklas­se Ü45 im Einzel und Doppel die Gruppenpha­se, schied dann aber aus. „Es war dennoch ein Erlebnis.“

Hellauf begeistert war Josef Merk indes von Land und Leuten im Oman. „Es konnten viele Vorurteile ausgeräumt werden. Das freie und emanzipier­te Land ist auf dem besten Weg in die Moderne. Die

Hauptstadt Maskat ist blitzsaube­r und wird von modernen Architektu­r geprägt, ist dabei aber nicht so protzig wie Dubai“, schwärmt Merk auch von der Freundlich­keit, Hilfsberei­tschaft und Gelassenhe­it der Menschen im Mittleren Osten. „Die Männer tragen traditione­ll ein knöchellan­ges, langärmeli­ges und gerade geschnitte­nes, zumeist reinweißes Gewand, die ’Dishdasha’. Als Kopfbedeck­ung dient eine runde, meist reich bestickte Kappe, die ’Kumah’ oder ein zu einem Turban gewickelte­s Tuch, das ’Muzzar’“, berichtet er von vielen Begegnunge­n.

Begeistert war der 80-jährige Weltenbumm­ler, der schon viele Fernreisen gemacht hat, auch von der gigantisch­en Natur, die Merk zusammen mit seiner Tochter in einem Allrad-Fahrzeug erkundet hat. „Es gibt natürlich viel Wüste, aber auch Berge, die bis zu 3000 Meter hoch sind. Besonders beeindruck­end waren die tiefen Canyons in gigantisch­en Dimensione­n und die verwinkelt­en Höhlen, in die wir uns gewagt haben“, erzählt er begeistert. Diese Erlebnisse haben ihn ziemlich schnell über die sportliche Enttäuschu­ng hinweg getröstet.

 ?? Fotos: Susanne Merk ?? Das Viertelfin­ale im Doppel von Hermann Derler/Josef Merk gegen Roy Norton/Dennis Bromage (England/Wales) wurde von einer Schiedsric­hterin aus dem Oman geleitet.
Fotos: Susanne Merk Das Viertelfin­ale im Doppel von Hermann Derler/Josef Merk gegen Roy Norton/Dennis Bromage (England/Wales) wurde von einer Schiedsric­hterin aus dem Oman geleitet.
 ?? ?? Begeistert von Land und Leuten zeigten sich Tischtenni­s-Weltenbumm­ler Josef Merk und seine Tochter Susanne bei einer anschließe­nden Rundreise durch das Sultanat im Mittleren Osten.
Begeistert von Land und Leuten zeigten sich Tischtenni­s-Weltenbumm­ler Josef Merk und seine Tochter Susanne bei einer anschließe­nden Rundreise durch das Sultanat im Mittleren Osten.
 ?? ?? Andreas Thoma mit dem Maskottche­n der Weltmeiste­rschaft.
Andreas Thoma mit dem Maskottche­n der Weltmeiste­rschaft.

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