Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Augsburg verkennt Brechts Bedeutung für die Stadt
Ist Brecht in Augsburg angekommen? Diese Headline der AZ schreit direkt nach Leserbriefen! Ich glaube, einer der ältesten und leidenschaftlichsten Brecht-Fans zu sein. Denn mein Onkel Walter Groos war Klassenkamerad von „BB“und auch Mitherausgeber der „Ernte“, Brechts Schülerzeitschrift, mit der ich ab 1945 Literatur gelernt und gelesen habe.
Es war in den 1950er Jahren und auch noch später, in Augsburg politisch nicht einfach, sich als BBFan zu outen. Man galt damals als Kommunist oder gar Anarchist, zumindest als Revoluzzer. Als Albert Ostermaier 2006 mit seinem „abc“als erstes Brechtfestival einstieg, war der kleine Brecht-Freundeskreis überschaubar. Das Festival startete erst 2009 richtig durch, als Joachim Lang, als Festivalleiter engagiert wurde. Lang schaffte, was vor ihm und leider bis heute keinem Festivalleiter gelang, nämlich Brecht seinem Status entsprechend in Augsburg und deutschlandweit bekannt und vor allem sympathisch zu machen.
Bis 2016 erlebten wir Brecht Festspiele vom Feinsten. Lang, mit seinen medialen Netzwerken, war überregional präsent. Er gilt als der Brecht-Kenner und hat mit seinem genialen Brecht-Film Weltruhm erlangt. Leider setzten sich regionale politische Kleingeister durch und Langs Vertrag wurde nicht verlängert. Augsburg hat bis heute nicht erkannt, dass wir nur mit „BB“weltweit eine Alleinstellung haben. Zu einem bedeutenden Festival muss auch der beste Festivalleiter engagiert werden. Dem „BB“-Festival 2023 wünsche ich alles Gute und hoffe das viele Augsburger daran teilnehmen.