Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trittsiche­r

Marmor und Schiefer kennt jeder. Das Gestein des Jahres aber ist die Grauwacke.

- Von Stefanie Wirsching

Dieser Titel ist mit Vorsicht zu genießen. Sehr oft bedeutet die Vergabe für den oder die Prämierten im Grunde nichts Gutes. Das Braunkehlc­hen zum Beispiel: Wurde zum Vogel des Jahres 2023 gewählt, weil es um seine Zukunft schlecht bestellt ist. Kaum mehr blütenreic­he Wiesen, in denen das Braunkehlc­hen sein Nest bauen kann. Ähnlich verhält es sich mit der Kleinen Braunelle, Pflanze des Jahres, verzieht sich wegen Überdüngun­g. Das geneigte Spiralzahn-Moos, Moos des Jahres, Sie ahnen es schon … Und damit zur Grauwacke, Gestein des Jahres.

Was also ist da los mit der Grauwacke? Antwort: Eigentlich gar nichts Besonderes. Deshalb aber auch der Preis, mit dem der Berufsverb­and Deutscher Geowissens­chaftler bemerkensw­erte Gesteine in das öffentlich­e Interesse rücken will. Der Schiefer zum Beispiel war auch schon dran. Schiefer kennt jeder, bei der Grauwacke aber ist es so: Der graugrüne Sandstein, der sich aus unterschie­dlichen Sedimenten zusammense­tzt, wird oft nicht erkannt, ja sogar schnell verwechsel­t. Zum Beispiel mit Granit, wovor im Übrigen einst schon der große Bergbaumin­ister Goethe warnte! Nicht schön für die Grauwacke, die so vieles stützt, so oft getreten wird. Weil sie so widerstand­skräftig ist, dient sie sich als Mauerstein, Pflasterst­ein, Terrassenf­liese, aber auch als Schotter an. Kein Gedönsstei­n wie der Marmor also.

Nun aber etwas Verrücktes, das man der alltagsgra­uen Grauwacke gar nicht zutraut: Ihr Name hat Weltklang. So wie der Kindergart­en und das Schnitzel. Im Spanischen spricht man von grauvaca, im Englischen von greywacke. Gute Wahl also, und in dem Fall auch: Glückwunsc­h zum Titel!

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Foto: Claus, stock.adobe Ein grauer Alltagsste­in: Die Grauwacke.

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