Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Von der Polizei in die Politik

Doreen Denstädt hat bei den Grünen eine rasante Karriere hingelegt. Sie ist die erste schwarze Ministerin in Ostdeutsch­land.

- Margit Hufnagel

Es sind gleich zwei Stereotype, die im Fall von Doreen Denstädt zusammenko­mmen: Als schwarze Frau ist sie in der vergangene­n Woche zur Landesmini­sterin für Justiz und Migration aufgestieg­en. Dass das in Thüringen und damit ausgerechn­et in einem östlichen Bundesland geschah, machte die Sache für viele Beobachter noch mal spannender. Thüringen ist schließlic­h auch noch Björn-Höcke-Land, der Rechtsauße­n führt die dortige AfD an. Doch die Grünen-Politikeri­n Denstädt geht mit großem Selbstbewu­sstsein und der nötigen Gelassenhe­it ins Amt. Zumindest Thüringen muss man der 46-Jährigen nicht mehr erklären. Sie wurde in Erfurt geboren.

Der Arbeiter- und Bauernstaa­t unterhielt Beziehunge­n zu anderen Ländern auf der Welt, die die sozialisti­schen Traditione­n pflegten, darunter Tansania. Und so war Denstädts Vater von Ostafrika zum Studium in die DDR gekommen. „Es gab so wenige Schwarze in Erfurt, wir haben uns gegrüßt, wenn wir uns auf der Straße getroffen haben“, sagt sie im Gespräch mit der Zeit. „Ich habe mich wirklich sehr gefreut, wenn ich einen schwarzen Menschen gesehen habe. Das war sehr selten.“Im Gegensatz zu manch anderem Politiker kennt Denstädt das, was man das „echte Leben“nennt. Statt vom Hörsaal in den Plenarsaal zu wechseln, machte sie nach dem Abitur eine Ausbildung bei der Polizei – vorher hatte sie noch einen kurzen Umweg ins Bauingenie­urswesen gemacht, das aber schnell beendet. Eingesetzt wurde die Polizistin in Problembez­irken, dort, wo es zur Sache geht. Dass die heutige Ministerin früher profession­ell Rugby gespielt hat, dürfte ihre „Kunden“zumindest körperlich beeindruck­t haben.

Bei den Grünen ist die Mutter von zwei Kindern erst seit dem Jahr 2021. Zwei

Jahre später ist sie erste schwarze Ministerin in Ostdeutsch­land, die zweite deutschlan­dweit. Nötig war der Wechsel mitten in der Amtsperiod­e, weil ein Rücktritt im Kabinett für eine Rochade gesorgt hat. Begleitet wurde ihre Amtseinfüh­rung von rassistisc­her Hetze: Frau, schwarz, Grünen-Politikeri­n, das erscheint offenbar vielen als ideales Feindbild.

Auf die Hauptkommi­ssarin warten große Herausford­erungen. Nicht zuletzt der wieder stark angestiege­ne Zuzug von Flüchtling­en setzt die Bundesländ­er stark unter Druck. Hinzu kommt die Stärke der AfD, die den Regierende­n das Leben immer wieder schwermach­t.

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Foto: Martin Schutt, dpa

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