Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vorglühen für die Brechtfest­tage

Der Stadt Augsburg steht der 125. Geburtstag ihres Dichters ins Haus. Das Staatsthea­ter mischt dabei mit und serviert ein Vorprogram­m im Kleinforma­t. Titel? „Bier mit Bert“. Der Auftakt nähert sich B.B. mit poppigem, lyrischem Sound – und Brechts Duftnote

- Von Veronika Lintner

Wenn sich Feierlusti­ge schon früher treffen, als der Klub seine Pforten öffnet, um sich mit einem Glas vorab einzustimm­en, dann nennt sich das heute: Vorglühen. Dieses Konzept, mit Vorfreude und Hitze, vielleicht hätte das auch dem jungen Lebemann Bert Brecht gefallen? Das Staatsthea­ter Augsburg widmet ihm jedenfalls, kurz vor seinem 125. Geburtstag am 10. Februar, eine Reihe von VorglühAbe­nden. Warmwerden mit dem Dichter, ihn kennenlern­en, auf du und du: „Bier mit Bert“heißt das Motto der Reihe. Die Formate reichen dabei vom Brecht-Quiz bis zur Lesung, und die Liebe zu „B.B.“geht hier sogar durch die Nase: „Brecht stinkt“hieß das Motto des ersten bierselige­n Abends.

Fünf für Bert haben sich auf der Bühne im Alten Rock Café versammelt: Felix Rumstadt an den Drums, Jonas Horche an der Gitarre, beide von den Indie-Poppern der Band „Mount Adige“. Dazu gesellen sich Eva Gold für den Gesang, Nathalie Hünig für die gelesenen Texte – sowie am Klavier: Stefan Leibold, Multiinstr­umentalist. Er beschwört Bert: Er hoffe auf den Geist des Dichters, „dass er hier dabei ist und man ihm ein paar Fragen stellen kann“. Tatsache, „B.B.“fühlt sich nah an, an diesem Abend, in Liedern, Lyrik – und den Worten jener, die ihn kannten.

Das lyrische Kapitel schlägt Eva Gold auf. Mit ihrer tiefen, samtenen Stimme rezitiert sie Brechts „Die Liebenden“, vom Flug der Wolke und des Vogels, „seht jene Kraniche in großem Bogen!“. Bald singt sie die nächsten Zeilen, das

Klavier wandert melancholi­sch mit, das Becken zischt jazzig, es ist fast eine Andacht der Liebe. Bis der reale Bert hereinplat­zt.

„Brecht wäscht sich nicht“, zetert Hünig in die Stille nach dem

Lied. Es sind die harten Worte von Brechts erster Frau, Marianne Zoff. Daher also: „Bert Brecht stinkt“! Ungehübsch­te Notizen wie diese, von Weggefährt­en, auch Größen wie Max Frisch, sie malen zwischen den Liedern ein starkes Bild von Brecht. Schmale Schultern, schlank, fast verhuscht – und doch ist ja allen klar, zuvorderst dem Dichter selbst: „Bert kann alles!“

Ungemein sympathisc­h wird es, wenn Hünig in „Nannas Lied“auch einmal singt, sehr kratzig, sehr brechtisch, nach Kurt Weills Melodie zum Gedicht. So ein viel geliebtes, bekanntes Gedicht wie die „Erinnerung an die Marie A.“neu und ganz eigen zu vertonen, ist mutig. Aber Leibolds Version lässt sich hübsch hören, wie ein französisc­her Liebeschan­son zur Nacht. Und selbst den schlüpfrig­en Dichter Bert stimmt das Ensemble an: „Herr Förster, Herr Förster! Mein Strumpfban­d ist los“, singt Eva Gold. Schade, dass dieser erste Bierabend so schnell schwand, wie die Wolke im Wind. Doch es geht weiter mit Bert im Programm.

„BB gegen den Rest der Welt“heißt das Motto am Dienstag, 7. Februar, um 20 Uhr, im Rock Café. Bei dieser Mitmach-Spielshow tritt ein Schauspiel­er als Brecht gegen das Publikum an: Wer entpuppt sich als größerer Brechtexpe­rte?

Im Saalbau Krone, der Brechtfest­ival-Zentrale, findet am 8. Februar, um 18 Uhr, eine Lesung des Werks „Lotte Lenya und Bertolt Brecht“statt. Der Augsburger Brecht-Forscher Jürgen Hillesheim hat 2022 diese Doppel-Biografie herausgege­ben, die beide Künstler in einem neuen Licht zeigt. Schauspiel­er lesen aus dem Buch und Hillesheim stellt sich den Fragen im Gespräch. Das letzte „Bier mit Bert“wird dann am Donnerstag, 9. Februar, um 20 Uhr im Saalbau serviert. Der Zeichner Klaus Müller gestaltet dabei Live-Illustrati­onen zu zwei Prosatexte­n Brechts.

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Foto: Peter Fastl Fünf für Bert im Alten Rock Café: (von links) Stefan Leibold, Felix Rumstadt, Eva Gold, Jonas Horche und Nathalie Hünig.

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