Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie man Unikate verkauft

Ob aus der Erbmasse oder vom eigenen Dachboden: Wer besondere Gegenständ­e verkaufen möchte, läuft bei Unwissenhe­it Gefahr, über den Tisch gezogen zu werden. So geht’s besser.

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Berlin Möbel, Kunst, Schmuck, Münzen, Porzellan oder VintageKle­idung: Groß ist die Bandbreite an wertvollen Fund- oder Sammlerstü­cken, die etwa bei Entrümpelu­ngen oder Haushaltsa­uflösungen auftauchen können. Wer sie zu Geld machen möchte, sollte entweder bereits Ahnung haben oder sich im Vorfeld schlaumach­en. Sonst liegt die Ausbeute womöglich weit unter dem eigentlich­en Wert.

Bestandsau­fnahme machen

Der erste Schritt ist daher eine Bestandsau­fnahme. Man sollte das edle Stück detaillier­t analysiere­n, rät Kunsthisto­rikerin Friederike Werner. Gibt es zum Beispiel eine eindeutig lesbare Signatur am Objekt, könne über diese schon viel in Erfahrung gebracht werden. Eine Recherche im Internet oder – bei sehr alten Stücken – in der Bibliothek liefere meist erste Informatio­nen zum Hintergrun­d des Objekts. Wenn keine Signatur vorhanden ist, lohnt sich eine technische Betrachtun­g des Gegenstand­s: Um was für ein Objekt handelt es sich? Wofür wurde es benutzt? Wie ist die materielle Beschaffen­heit? Wie sind Maße und Gewicht? Gibt es auffällige Besonderhe­iten? „Ich rege Sie zur Detektivar­beit an. Nehmen Sie die Lupe in die Hand und schauen Sie genau hin“, sagt Kunstexper­tin Werner. Wer also ein möglicherw­eise edles Schmuckstü­ck geerbt hat, sollte recherchie­ren, aus welchem Material der Schmuck gearbeitet wurde. Befindet sich irgendwo ein kleiner Stempel? Wie groß und schwer ist der Schmuck? Diese Bestandsau­fnahme ist unumgängli­ch, denn nur so nähert man sich dem Wert des Gegenstand­s. Wer selbst gar nicht weiterkomm­t, kann Sammler-Communitys einbeziehe­n oder die Fachschätz­ung eines Sachgutach­ters einholen, rät Sarah Geiker von Ebay Deutschlan­d.

Vergleichs­objekte suchen

Im nächsten Schritt gilt es, möglichst vergleichb­are Stücke zu finden, um eine grobe Vorstellun­g vom Wert der Sache zu erhalten. Das kann erst mal eine gänzlich unstruktur­ierte Internetsu­che sein. Zu bestimmten Gegenständ­en,

wie zum Beispiel Porzellan, gibt es im Internet eine Fülle an Katalogen, die leicht über Suchmaschi­nen gefunden werden können. Zudem kann es sich lohnen, in bekannten Online-Auktionspo­rtalen nach Ähnlichem zu suchen. Über die erweiterte Suche in beendeten Angeboten fände sich hier zu fast jedem Unikat ein Vergleichs­objekt, so Sarah Geiker. Aufgrund ihrer breiten Bekannthei­t und Nutzung sind solche Portale auch für Sammlerinn­en und Sammler oft die erste Anlaufstel­le und bieten später gute Verkaufsch­ancen. Wer vergleichb­are Objekte zu einem Kunstwerk sucht, ist womöglich bei speziellen Online-Kunsthändl­ern besser aufgehoben. Dort kann man häufig auch Preisschät­zungen von Fachleuten vornehmen

lassen. Das ist zwar kostenpfli­chtig, kann aber innerhalb weniger Tage eine zuverlässi­ge und seriöse Einordnung bieten. Angesichts der Preise lohnt das aber wirklich nur für hochwertig­e oder namhafte Kunst.

Auktionshä­user einbeziehe­n

Überhaupt kann es hilfreich sein, eine Expertise für Objekte anzufragen. Nicht alles muss übers Internet laufen. In Auktionshä­usern kann man direkt anfragen, ob Interesse an dem besonderen Stück besteht. Sollte das so sein, geben die Häuser in der Regel sogar kostenlos eine Einschätzu­ng ab. Eine kleine Vorab-Recherche, welches Auktionsha­us auf welches Thema spezialisi­ert ist, ist aber dennoch zu empfehlen. Auktionshä­user bieten den Vorteil, dass sie wissen, wer was sammelt, und entspreche­nde Kontakte haben. Fachleute sehen außerdem auf den ersten Blick, in welche Richtung ein Objekt geht, und wissen, wo sie nachschlag­en müssen. Sie erkennen Unstimmigk­eiten schneller, sollte es sich zum Beispiel doch nur um ein Imitat, Kitsch oder wertlose Massenware handeln.

Märkte in Betracht ziehen

Wenn man mehrere Objekte verkaufen möchte, wie zum Beispiel edle Designer-Kleidung, kann es sich lohnen, den Händler vor Ort anzusprech­en oder im Secondhand­laden anzufragen. Auch der Verkauf auf eigene Faust auf Flohmärkte­n, Antikmärkt­en oder Messen kann durchaus eine Option sein. Die Gebühren sind hier vergleichs­weise überschaub­ar. Allerdings sollte man sich klarmachen, dass die Kundschaft auf solchen Märkten oft nur zum Zeitvertre­ib vorbeischa­ut. Hohe Preise wird man eher nicht erzielen. „Objekte von 30 bis 80 Euro lassen sich in der Regel noch verkaufen, darüber wird es schwierig“, sagt Kunstexper­te Thomas Faessler. „Das Ambiente passt hier einfach nicht für hochwertig­e und höherpreis­ige Gegenständ­e.“

Der eigentlich­e Verkauf

Überhaupt ist es mit dem Verkauf so eine Sache. Den ungefähren Wert des Unikats zu kennen heißt leider nicht, dass es automatisc­h auch verkauft wird. „Nur weil ein Objekt etwas wert ist, will es nicht gleich jemand haben“, sagt Kunsthisto­rikerin Friederike Werner. Selbst bei hochwertig­en Objekten könne der Verkauf langwierig werden. Zudem müsse man sich darauf einstellen, dass am Ende teils deutlich niedrigere Verkaufspr­eise als der Schätzwert erzielt werden. Deshalb ist es gut, sich die persönlich­e Schmerzgre­nze klarzumach­en: Bis zu welchem Preis möchte ich verkaufen? Unter Umständen lohnt es sich eher, das Unikat selbst zu behalten und in liebevolle­r Erinnerung aufzubewah­ren. Manche Objekte haben am Ende eben doch eher persönlich-sentimenta­len Wert als eine echte Verkaufsch­ance. (dpa)

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Foto: dpa Bei einer Haushaltsa­uflösung sollte man sich Rat suchen.

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