Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Warum Arne Engels nicht mehr aus der FCA-Stammelf wegzudenke­n ist

Der 19-Jährige nimmt nach der Winterpaus­e beim FC Augsburg eine entscheide­nde Rolle ein. Seine Entwicklun­g überrascht den Belgier sogar manchmal selbst.

- Von Marco Scheinhof

Arne Engels war müde. Er schlich langsam durch die Katakomben der Augsburger Fußball-Arena. Seine Fußballsch­uhe hatte er ausgezogen, die Füße steckten in Badelatsch­en. An der linken Ferse leuchtete eine große, rote Blase. Fast 13 Kilometer war der Belgier zuvor beim 1:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen gelaufen. 72 intensive Läufe waren darunter, zudem erreichte eine Passquote von gut 70 Prozent. Sein Trainer Enrico Maaßen hatte all diese Daten schon während der Pressekonf­erenz parat. Weil er wohl wusste, dass das Thema des Gesprächs schnell auf Engels kommen würde.

Arne Engels ist die große Überraschu­ng des neuen Jahres beim FC Augsburg. Der 19-Jährige war aus Belgiens zweiter Liga in Deutschlan­ds höchste Klasse gewechselt. Zunächst war sogar darüber spekuliert worden, ob Engels vielleicht erst einmal in der Rückrunde zu einem anderen Verein ausgeliehe­n werde. Mittlerwei­le aber ist er aus der Mannschaft des FCA nicht mehr wegzudenke­n. Auf einer Position, die so nicht erwartet worden war.

Die Scoutingab­teilung des FCA hatte Engels entdeckt. Die Abteilung um Timon Pauls ist viel unterwegs, interessan­te Spieler werden im Idealfall mehrmals live und dabei immer wieder von einem anderen Mitarbeite­r beobachtet. Damit sich ein komplettes Bild ergibt. „Das Team hat einen überragend­en Job gemacht“, lobte denn auch Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter. Eigentlich aber war Engels eher auf der Außenbahn vorgesehen. Auf der rechten Seite, auf der er am häufigsten in seiner jungen Karriere gespielt hat. Nun aber ist er der zentrale Spielgesta­lter.

Es steckt auch eine glückliche Fügung hinter dieser Entwicklun­g. Ähnlich wie bei Daniel Baier. Der ehemalige Kapitän war zunächst ebenfalls hauptsächl­ich für die Außenbahn vorgesehen, rückte aber unter Markus Weinzierl in der Saison 2012/13 auch wegen personelle­r Probleme immer häufiger ins defensive Zentrum. Engels setzte Maaßen erstmals in den

Testspiele­n im Trainingsl­ager im zentralen Mittelfeld ein. Weil Niklas Dorsch noch nicht fit genug war und weil Elvis Rexhbecaj gegen Budapest wegen einer Prellung fehlte. In der Generalpro­be Mitte Januar gegen den VfL Wolfsburg war Engels wieder im Zentrum

gefragt, weil Julian Baumgartli­ner erkrankt ausfiel. Und Engels ergriff seine Chance.

Der 19-Jährige erledigt diese Aufgabe mit einer bemerkensw­erten Ruhe und Übersicht. Dabei wählt er häufig nicht den sicheren Pass nach hinten, sondern sucht die spielerisc­he Lösung für einen gefährlich­en Angriff. Genau das gefällt Enrico Maaßen so sehr. „Das ist schon beeindruck­end, wie er spielt. Es ist wichtig, dass er die Euphorie und Leichtigke­it beibehält. Wir dürfen ihn aber nicht zu hochjubeln, er muss bodenständ­ig bleiben“, sagte der FCA-Trainer. Sorgen aber muss er sich wohl keine machen.

Schon im Trainingsl­ager in Spanien war Engels ganz unaufgereg­t. Er war erst kurz zuvor zum Team gestoßen, Aufregung aber war bei ihm nicht zu spüren. Auch nicht bei seinem ersten Interview. Ganz bescheiden hatte er davon gesprochen, sich empfehlen zu wollen. Sich weiter zu verbessern. Auch jetzt redet er nicht anders. „Es läuft gut, ich kann mich nicht beschweren“, meinte er am Freitagabe­nd. Er wisse, dass es noch einiges zu verbessern gebe, grundsätzl­ich aber sei er mit seiner Entwicklun­g zufrieden.

So ganz kann er es selbst manchmal nicht glauben, was mit ihm passiert. „Es ist schon ein bisschen verrückt“, sagte er. Vor kurzem war er noch im Nachwuchst­eam des FC Brügge. Nun sorgt er in der Bundesliga für Schlagzeil­en. „Arne Engels ist für alle eine Überraschu­ng, wie schnell und souverän er auftritt“, sagte Stefan Reuter. Engels lenkt nicht nur durch seine technische­n Fertigkeit­en das Augsburger Spiel, er ist mittlerwei­le auch für viele Standardsi­tuationen zuständig. So wie am Freitag vor dem Siegtreffe­r, als sein Eckball genau auf den völlig frei stehenden Mergim Berisha traf.

Er habe selbst diese Entwicklun­g nicht unbedingt erwartet, so Engels. „Natürlich bin ich jung, das stimmt. Das aber zählt nicht im Fußball. Man muss einfach seinen Mann stehen und stark sein“, sagte der Belgier. Er spricht perfekt englisch, Deutsch muss er noch lernen. Noch lebt er in Augsburg im Hotel, er hofft aber darauf, bald eine eigene Wohnung zu haben. Das Kochen könnte dort zum Problem werden. Großes Talent habe er nicht. „Aber da werden mir meine Eltern helfen“, meinte er und lachte. Wozu gibt es schließlic­h Videotelef­onie?

Noch vor wenigen Wochen hatte Enrico Maaßen vehement Verstärkun­g im zentralen Mittelfeld gefordert. Vor allem nach dem Abgang von Carlos Gruezo in die USA. Mittlerwei­le aber hat der FCA-Trainer auch hier ein großes Angebot– obwohl kein neuer Spieler dazu gekommen war. Engels und Rexhbecaj sind derzeit gesetzt. Niklas Dorsch aber rückt der Anfangself immer näher. Routinier Julian Baumgartli­nger steht auch noch zur Verfügung. Engels aber ist gerade aus der Stammelf nicht wegzudenke­n. „Ich hoffe, Arne rutscht nie wieder aus der Startelf, wenn er so spielt“, sagte denn auch Enrico Maaßen auf eine entspreche­nde Frage. Schon gar nicht bei diesen Leistungsd­aten.

 ?? Foto: Christian Kolbert, Kolbert-Press ?? Arne Engels (links) ist ein wichtiger Spieler im Gesamtgefü­ge von Augsburgs Trainer Enrico Maaßen. Das hat er auch am Freitagabe­nd beim 1:0-Sieg gegen Leverkusen bewiesen.
Foto: Christian Kolbert, Kolbert-Press Arne Engels (links) ist ein wichtiger Spieler im Gesamtgefü­ge von Augsburgs Trainer Enrico Maaßen. Das hat er auch am Freitagabe­nd beim 1:0-Sieg gegen Leverkusen bewiesen.

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