Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Museen: Neue Preise sorgen für Unmut
Seit Jahresbeginn können Besucher in Augsburg sonntags kostenlos ins Museum. Doch wer auch zu den Sonderausstellungen möchte, zahlt am Ende den vollen Tarif.
Der Sonntag ist nasskalt, die Temperaturen bewegen sich bei etwas über null Grad. Wärmer ist es in städtischen Museen, doch die Besucherinnen und Besucher kommen natürlich nicht, um sich aufzuwärmen. Sie sind an Kunst und Geschichte interessiert. Um dieses Interesse zu steigern, gilt seit Jahresbeginn eine Neuregelung in Augsburg: Der Eintritt in die städtischen Ausstellungshäuser ist an Sonntagen frei, ausgenommen sind Sonderausstellungen. Doch so verlockend es klingt: Das nun gültige Preismodell hat einen Haken, der bei Besuchern für Unmut sorgt.
Nadine Günther aus Augsburg hat sich am Sonntag gegen 11 Uhr ins Schaezlerpalais begeben. Die junge Frau ist kunstinteressiert. Sie hat eine Kamera dabei, um einige Ausstellungsstücke zu dokumentieren. Nadine Günther hat sich gut auf den Museumsbesuch vorbereitet, sie kennt auch das Angebot des kostenlosen Museumssonntags.
Bekannt war ihr zudem, dass man für die laufende Sonderausstellung über Hinterglasgemälde einen Aufschlag von zwei Euro zahlen muss. Doch dann verlangt David Hiemer, der an der Kasse sitzt, neun Euro Eintritt von ihr. Warum?
Man müsse das Ticket komplett abrechnen, begründet Hiemer. Sieben Euro regulärer Eintritt plus zwei Euro Aufschlag für die Sonderschau werden fällig – trotz Museumssonntags. Nadine Günther reagiert verwundert: „Das versteht doch kein Mensch.“Nadine Günther, die sich auf das Museum gefreut hat, zahlt die neun Euro und macht sich auf den Weg zu den Ausstellungsstücken. Nach Informationen unserer Redaktion wundern sich einige Besucher über die aktuelle Regelung, von der sie oft erst an der Kasse erfahren. An der Kasse heißt es, die Mehrzahl der Sonntagsbesucher nutze das kostenlose Angebot für die Dauerausstellung, nach der Sonderausstellung werde selten gefragt. Vor allem Familien mit Kindern freuten sich über Nulltarif.
Christof Trepesch, Direktor der städtischen Kunstsammlungen und Museen, ist erfreut, wie die Menschen auf das Angebot reagieren. Er verweist auf die aktuelle Auswertung der Januarzahlen: „Die Entwicklung ist sehr positiv.“Es kämen deutlich mehr Menschen als noch vor Corona in die Museen. Die kostenfreien Dauerausstellungen seien beliebt. An den vier Sonntagen im Januar wurden 2246 Besuchende mit einem Freiticket in den Dauerausstellungen gezählt. Vergleichszahl ist ein Wert vom Januar 2019, also vor der Corona-Zeit: Am Ein-Euro-Sonntag, hier der erste Januarsonntag 2019, kamen 470 Besucher. Der Unterschied zur jetzigen Regelung war, dass der Eintritt in Dauerausstellungen und Sonderausstellungen bislang nur am ersten Sonntag des Monats für einen Euro möglich war.
Nach Informationen unserer Redaktion wurden im Vorjahr in den städtischen Museen insgesamt 300.000 Besucherinnen und Besucher gezählt. Man nähere sich den Zahlen der Jahre vor Corona an. Der
Sonntag dürfte zusätzliche Gäste locken, er wird sich andererseits auf die Einnahmen auswirken. Kulturreferent Jürgen Enninger (Grüne) sagt, dass man im städtischen Haushalt mit einem Einnahmenverzicht von 50.000 Euro kalkuliere, verursacht durch den „kostenlosen“Sonntag. Einen Überblick über den Einnahmeausfall werde man nach Ablauf des Versuchsjahres haben. „Aber egal, wie hoch er ausfällt: Diese Zahl ist eine klare Investition in die Zukunft unserer Stadtgesellschaft in Augsburg und darüber hinaus“, ist Enninger überzeugt. Man dürfe nicht allein das Finanzielle betrachten, so der Referent: „Schließlich bedeutet der Genuss von Kunst und Kultur immer ein Stück Lebensqualität.“
Der kostenlose Museumsbesuch an Sonntagen geht auf eine Entscheidung
des städtischen Kulturausschusses zurück. Enninger: „Augsburg war über viele Jahrhunderte die Kunstmetropole Europas. Die Schätze dieser Zeit sind in den Dauerausstellungen der vier großen Häuser zu sehen.“Mit der erfolgreich gestarteten weiteren Öffnung der Museen werde ein Besuch in den Kunstsammlungen noch attraktiver und deutlich niedrigschwelliger zugänglich.
Enninger spricht zudem vom „erweiterten Klassenzimmer für die Schulen“. Man wisse, dass Kulturorte eben auch Bildungsorte seien. Schüler zahlen deshalb in diesem Jahr keinen Eintritt. Es gibt ferner ein Angebot für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene: Ein U27-Ticket (unter 27 Jahre) ermöglicht ihnen grundsätzlich freien Eintritt. Die ersten Erfahrungen seien ebenfalls positiv, sagt der Kulturreferent. Bereits 545 junge Menschen hätten das Ticket im Januar genutzt. Besonders beliebt waren das Schaezlerpalais (207) und das Maximilianmuseum (182).
Schüler zahlen in diesem Jahr keinen Eintritt