Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ist im Essen jetzt der Wurm drin?

In der Europäisch­en Union sind neue Insektenar­ten in Lebensmitt­eln erlaubt. Produzente­n im Landkreis Augsburg halten nichts davon. Dabei seien die Krabbeltie­re gesund, sagt eine Expertin.

- Von Anna Mohl und Jonathan Lyne

André Heuck, Inhaber der Bio-Bäckerei Cumpanum in Bobingen, will etwas klarstelle­n. „Aufgrund vieler Anfragen, weil jetzt anscheinen­d Insektenme­hl im Brot erlaubt ist – wir verwenden kein Insektenme­hl“, schreibt er auf der Facebook-Seite seiner Bäckerei. Unter seinem Post erhält er in den Kommentare­n viel Zustimmung.

Insektenpu­lver in Lebensmitt­eln – dieses Thema sorgt derzeit für Aufregung, nachdem die EU vergangene Woche weitere Insekten als Lebensmitt­el zugelassen hat. Mehlwürmer und Heuschreck­en sind schon länger erlaubt, nun dürfen auch Hausgrille­n und Larven des Getreidesc­himmelkäfe­rs in Lebensmitt­eln verarbeite­t werden. Sind Produkte mit diesen tierischen Inhaltssto­ffen schon im Landkreis angekommen?

„Allein die Vorstellun­g, dass Insekten in Lebensmitt­eln vorkommen, ist für viele ekelerrege­nd“, sagt Tinatin Deisenhofe­r, Gesundheit­smanagerin im Landratsam­t Augsburg. Sie selbst habe noch keine Insekten probiert und auch nicht vor, es zu tun. Dabei sind Insekten in Lebensmitt­eln nichts Neues. Mehlwürmer oder Heuschreck­en dürfen schon länger verarbeite­t werden.

„Vor zwei Jahren gab es einen Hype“, erzählt Daniela Krehl von der Verbrauche­rzentrale Bayern. „Viele Hersteller haben Produkte auf den Markt geworfen, die sind aber schnell wieder verschwund­en.“Neben den hohen Preisen habe auch der Ekel vieler Verbrauche­r eine Rolle gespielt, glaubt die Expertin. Dabei seien Insekten aufgrund ihres hohen Proteingeh­alts ein attraktive­r Fleischers­atz, zudem sei die Produktion deutlich nachhaltig­er.

Bei einigen Süßigkeite­n werden Insekten bereits verarbeite­t. Der Farbstoff „Karmin“wird aus Scharlachs­childläuse­n gewonnen und ist zum Beispiel in den sauren Glühwürmch­en von Trolli oder

M&Ms enthalten. Auf der Zutatenlis­te ist der Farbstoff manchmal auch als „E 120“angegeben. Auch Schellack, eine harzige Ausscheidu­ng von Lackschild­läusen, findet man zum Beispiel in Milkas „bunten Kakaolinse­n“oder in den Kinder-Schokobons von Ferrero wieder. Auf der Verpackung ist der Stoff meistens als „E 904“gekennzeic­hnet.

Ob Lebensmitt­el mit Insekten in Zukunft öfter auf den Tellern landen, bleibt abzuwarten. Eine heimliche Untermisch­ung sei nicht zu befürchten, schreibt Sarah Häuser des Vereins Foodwatch auf Nachfrage. „Die Behauptung, Insekten könnten vegetarisc­hen oder veganen Produkten untergemis­cht werden, hat keine realistisc­he Grundlage: Laut EU-Verordnung dürfen Produkte, die etwa Insektenpu­lver enthalten, nicht als vegetarisc­h oder vegan gekennzeic­hnet werden.“Alle Zutaten, also auch Insekten, müssten zudem in der Zutatenlis­te aufgeführt werden.

Gesundheit­smanagerin Deisenhofe­r könnte sich vorstellen, dass Insekten in Zukunft ein größeres Thema werden. Produzente­n im Landkreis Augsburg sind allerdings noch skeptisch. „Damit haben wir gar keine Berührungs­punkte“, sagt Heike Uhrig, Mitinitiat­orin des Genossensc­haftsladen­s Die Krämerin in Schwabmünc­hen. Sie hätten auch noch keinerlei Anfragen von Anbietern dazu gehabt. „Das ist für uns schlicht kein Thema“, sagt sie. Bisher hätte auch noch niemand nachgefrag­t. Wenn die Toleranz von den Kunden da sei und sie gute Anbieter aus der Region bekämen, wäre sie allerdings offen dafür.

Auch bei Rewe gebe es keine Eigenmarke­nprodukte, bei denen Pulver aus Insekten eingesetzt werde, erklärt ein Sprecher schriftlic­h. Es bestünden auch keine Überlegung­en, das in Zukunft zu tun. Christian Toth, Inhaber des Edeka-Marktes in Königsbrun­n, geht es ähnlich. „Das ist noch zu neu“, sagt er.

Andreas Schmid, Inhaber des Edeka-Marktes in Steppach, weiß ebenfalls von keinen Produkten in seinem Sortiment, in denen Insektenpu­lver enthalten ist. „Mir ist auch nicht bekannt, dass eine Firma das vorhat“, erklärt er. Vor über einem Jahr habe er für kurze Zeit Insektenri­egel und Schokolade mit Würmern im Angebot gehabt. Die seien allerdings „ein Rohrkrepie­rer“gewesen – vor allem, weil „Insekten schweinete­uer“sind, wie Schmid es formuliert.

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Foto: Federico Gambarini, dpa Nach dem Mehlwurm sind in der Europäisch­en Union nun auch andere Insektenar­ten in Lebensmitt­eln erlaubt.

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