Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ist im Essen jetzt der Wurm drin?
In der Europäischen Union sind neue Insektenarten in Lebensmitteln erlaubt. Produzenten im Landkreis Augsburg halten nichts davon. Dabei seien die Krabbeltiere gesund, sagt eine Expertin.
André Heuck, Inhaber der Bio-Bäckerei Cumpanum in Bobingen, will etwas klarstellen. „Aufgrund vieler Anfragen, weil jetzt anscheinend Insektenmehl im Brot erlaubt ist – wir verwenden kein Insektenmehl“, schreibt er auf der Facebook-Seite seiner Bäckerei. Unter seinem Post erhält er in den Kommentaren viel Zustimmung.
Insektenpulver in Lebensmitteln – dieses Thema sorgt derzeit für Aufregung, nachdem die EU vergangene Woche weitere Insekten als Lebensmittel zugelassen hat. Mehlwürmer und Heuschrecken sind schon länger erlaubt, nun dürfen auch Hausgrillen und Larven des Getreideschimmelkäfers in Lebensmitteln verarbeitet werden. Sind Produkte mit diesen tierischen Inhaltsstoffen schon im Landkreis angekommen?
„Allein die Vorstellung, dass Insekten in Lebensmitteln vorkommen, ist für viele ekelerregend“, sagt Tinatin Deisenhofer, Gesundheitsmanagerin im Landratsamt Augsburg. Sie selbst habe noch keine Insekten probiert und auch nicht vor, es zu tun. Dabei sind Insekten in Lebensmitteln nichts Neues. Mehlwürmer oder Heuschrecken dürfen schon länger verarbeitet werden.
„Vor zwei Jahren gab es einen Hype“, erzählt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. „Viele Hersteller haben Produkte auf den Markt geworfen, die sind aber schnell wieder verschwunden.“Neben den hohen Preisen habe auch der Ekel vieler Verbraucher eine Rolle gespielt, glaubt die Expertin. Dabei seien Insekten aufgrund ihres hohen Proteingehalts ein attraktiver Fleischersatz, zudem sei die Produktion deutlich nachhaltiger.
Bei einigen Süßigkeiten werden Insekten bereits verarbeitet. Der Farbstoff „Karmin“wird aus Scharlachschildläusen gewonnen und ist zum Beispiel in den sauren Glühwürmchen von Trolli oder
M&Ms enthalten. Auf der Zutatenliste ist der Farbstoff manchmal auch als „E 120“angegeben. Auch Schellack, eine harzige Ausscheidung von Lackschildläusen, findet man zum Beispiel in Milkas „bunten Kakaolinsen“oder in den Kinder-Schokobons von Ferrero wieder. Auf der Verpackung ist der Stoff meistens als „E 904“gekennzeichnet.
Ob Lebensmittel mit Insekten in Zukunft öfter auf den Tellern landen, bleibt abzuwarten. Eine heimliche Untermischung sei nicht zu befürchten, schreibt Sarah Häuser des Vereins Foodwatch auf Nachfrage. „Die Behauptung, Insekten könnten vegetarischen oder veganen Produkten untergemischt werden, hat keine realistische Grundlage: Laut EU-Verordnung dürfen Produkte, die etwa Insektenpulver enthalten, nicht als vegetarisch oder vegan gekennzeichnet werden.“Alle Zutaten, also auch Insekten, müssten zudem in der Zutatenliste aufgeführt werden.
Gesundheitsmanagerin Deisenhofer könnte sich vorstellen, dass Insekten in Zukunft ein größeres Thema werden. Produzenten im Landkreis Augsburg sind allerdings noch skeptisch. „Damit haben wir gar keine Berührungspunkte“, sagt Heike Uhrig, Mitinitiatorin des Genossenschaftsladens Die Krämerin in Schwabmünchen. Sie hätten auch noch keinerlei Anfragen von Anbietern dazu gehabt. „Das ist für uns schlicht kein Thema“, sagt sie. Bisher hätte auch noch niemand nachgefragt. Wenn die Toleranz von den Kunden da sei und sie gute Anbieter aus der Region bekämen, wäre sie allerdings offen dafür.
Auch bei Rewe gebe es keine Eigenmarkenprodukte, bei denen Pulver aus Insekten eingesetzt werde, erklärt ein Sprecher schriftlich. Es bestünden auch keine Überlegungen, das in Zukunft zu tun. Christian Toth, Inhaber des Edeka-Marktes in Königsbrunn, geht es ähnlich. „Das ist noch zu neu“, sagt er.
Andreas Schmid, Inhaber des Edeka-Marktes in Steppach, weiß ebenfalls von keinen Produkten in seinem Sortiment, in denen Insektenpulver enthalten ist. „Mir ist auch nicht bekannt, dass eine Firma das vorhat“, erklärt er. Vor über einem Jahr habe er für kurze Zeit Insektenriegel und Schokolade mit Würmern im Angebot gehabt. Die seien allerdings „ein Rohrkrepierer“gewesen – vor allem, weil „Insekten schweineteuer“sind, wie Schmid es formuliert.