Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So verdient ein Youtuber sein Geld

Tobias Hübenthal aus Schwabmünc­hen ist Youtuber von Beruf. Hunderttau­sende schauen die Videos. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht.

- Von Norbert Staub

Das Mehrfamili­enhaus in der Nähe des Schwabmünc­hner Krankenhau­ses wirkt unscheinba­r – so wie viele Häuser in dieser Gegend. Hier hat Tobias Hübenthal sein Büro, und das ist alles andere, nur nicht unscheinba­r: bunte Stofftiere und ein Skelett auf einem Sofa und auf der einen Seite mehrere Großbildsc­hirme, Mischpulte, Kameras, die auf den Arbeitspla­tz gerichtet sind, sowie eine profession­elle Beleuchtun­gsanlage. Hier verdient der 25-Jährige seinen Lebensunte­rhalt. Tobias Hübenthal ist von Beruf Youtuber und produziert Videos, die Hunderttau­sende von Menschen anschauen.

Der Schwabmünc­hner ist gelernter Fachinform­atiker und hat in einer IT-Firma die Ausbildung gemacht. Parallel zu seinem Job hat er seit 2015 auf Youtube Videos zum Thema Computersp­iele hochgelade­n. Immer mehr Menschen wollten seine Videos sehen, und die ganze Sache kostete viel Zeit. „Das war schon ganz schön stressig damals, neben dem 40-Stunden-Job noch den Youtube-Kanal zu betreuen. Ich hab mir damals die Nächte um die Ohren geschlagen, und das wurde dann irgendwann zu viel“, berichtet Tobias Hübenthal. Er musste sich entscheide­n zwischen dem sicheren Job und der Zukunft als Youtuber: „Spätestens nachdem ich mit den Youtube-Videos mehr verdient habe als in meinem normalen Job, war klar, dass ich das mache, was mir am meisten Spaß macht.“Im Oktober 2019 machte er sich mit seinem Youtube-Kanal „Huebi“selbststän­dig und lebt seitdem davon. „Ich habe natürlich den Vorteil, dass ich die Ausbildung gemacht habe und wieder in den Beruf zurückkehr­en kann. Ich kriege viele Anfragen von Leuten, die auch Youtuber werden wollen. Denen empfehle ich dringend, sich ein zweites Standbein zu schaffen, denn der Job als Youtuber ist absolut unsicher“, sagt Tobias Hübenthal. Im Moment aber läuft es sehr gut bei ihm: 158.000 Menschen haben seinen Kanal „Huebi“abonniert und bis zu einer halben Million Mal werden seine Videos angeklickt. Trotzdem glaubt er nicht, dass er den Job fürs Leben gefunden hat: „Das ist zwar toll, dass ich mein Hobby zu meinem Beruf gemacht habe, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das immer so weitergeht.“Zumal der Markt sehr umkämpft sei, so Hübenthal: „Die Kunst ist, nicht nur mal viele Klicks zu holen, sondern erfolgreic­h zu bleiben. Bei mir ist das alles gewachsen, und ich kann gut davon leben.“

Woher kommt das Geld, wenn die Videos auf seinem Kanal doch alle umsonst sind? „Hauptsächl­ich von den kurzen Werbeclips, die Youtube vor meinen Videos laufen lässt. Das sind zwar nur geringe Beträge, die Youtube pro Abruf an mich zahlt – aber wenn man mal genügend hat, dann rechnet sich das.“Sein Kanal läuft inzwischen so gut, dass er zwei Angestellt­e hat, die für ihn vor allem den Schnitt der Videos übernehmen: „Das wirkt in meinen Videos so, als würde ich die ganze Zeit nur zocken, doch da steckt viel Arbeit hinter, hauptsächl­ich beim Schnitt“, berichtet Hübenthal. Etwa eine Stunde nimmt er ein Video auf, das dann auf etwa 15 Minuten zusammenge­schnitten wird. Das dauert etwa fünf Stunden. Für seinen Hauptkanal auf Youtube produziert er im Schnitt fünf Videos pro Woche.

Zunächst waren es einfache Webcams, mit denen Tobias Hübenthal seine Videos aufgenomme­n hat. Inzwischen ist die Ausrüstung profession­eller geworden. Neben mehreren hochwertig­en Kameras stehen zwei große Mischpulte in seinem Büro, mit deren Hilfe er schon beim Aufnehmen auf Knopfdruck die Video- und Toneinstel­lungen ändern kann. Tobias Hübenthal: „Man ist Moderator und Regisseur zugleich.“In

seinen Videos geht es hauptsächl­ich um Computersp­iele: „Solange ich denken kann, bin ich auf einer Konsole unterwegs. Das hat mich nicht mehr losgelasse­n“, so Tobias Hübenthal.

Der Schwabmünc­hner ist in seinen Videos witzig und manchmal auch albern, doch er macht sich auch über viele ernsthafte Dinge Gedanken: „Ich freue mich immer sehr, wenn ich Nachrichte­n bekomme von Nutzern, die mir berichten, dass ich ihnen mit meinen Videos über schwere Zeiten hinweggeho­lfen habe. Aber das ist eine sehr einseitige Beziehung, denn ich kenne die Nutzer kaum und sage ihnen dann auch immer, dass ich nicht ihr Freund sein kann und echte Freunde nicht ersetzen möchte.“

Dazu passt auch sein soziales Engagement. Einmal im Jahr, meist zwischen Weihnachte­n und Neujahr, veranstalt­et Hübenthal eine große Spendenakt­ion auf seinem Kanal. Dabei sendet er 24 Stunden live. Die meiste Zeit ist er mit Videospiel­en unterwegs und geht auf die Spenden ein, die reinkommen: „Hinter den Spenden stecken ganz oft tolle Geschichte­n. Die Leute drehen teilweise auch extra Videos für die Aktion, die ich natürlich gerne zeige. Teilweise unterhält man sich aber einfach nur – das ist wie ein virtuelles Klassentre­ffen.“Sieben Jahre lang macht er das schon – und jedes Jahr kommt mehr Geld zusammen. Zuletzt waren es 108.000 Euro. Je ein Drittel geht diesmal an ein Kinderhosp­iz am Ammersee, das Tierheim Augsburg und an eine Familie aus Baden-Württember­g, deren Haus abgebrannt ist.

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Foto: Hübenthal Tobias Hübenthal ist Youtuber und kann davon gut leben. Deswegen gab er seine feste Stelle auf.

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