Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schulbusverkehr: Kritik reißt nicht ab
Nach einem Brandbrief der Schwabmünchner Elternbeiräte findet Landrat Martin Sailer deutliche Worte für den AVV. Nun soll einiges besser werden. Doch es gibt noch ein Problem.
Die Kritik am Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund, dem AVV, reißt nicht ab. Seit der Integration des einst in Schwabmünchen freigestellten Schulbusverkehrs zum LeonhardWagner-Schulzentrum in den Linienbusverkehr im September 2023 gibt es immer wieder mal Probleme. Die Hoffnung der Eltern, dass mit der Umstellung des AVVFahrplanwechsels Anfang Dezember, die Kinderkrankheiten auskuriert seien, schwand spätestens nach den Weihnachtsferien.
Die Elternbeiräte der Schwabmünchner Grund-, Mittel- und Realschule sowie des Gymnasiums, die zusammen etwa 4000 Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis Augsburg unterrichten, wandten sich deshalb mit einem Brandbrief an Landrat Martin Sailer, der Aufsichtsratsvorsitzender im AVV ist. Sailer veranlasste daraufhin ein Krisengespräch im Landratsamt Anfang dieser Woche. Mit dabei waren unter anderem die AVV-Chefin Dr. Linda Kisabaker, Regionalbus-AugsburgBetriebsleiter Frank Endres, die Inhaber des Busunternehmens Baumeister aus Markt Wald, Schwabmünchens stellvertretender Bürgermeister Josef Alletsee, die Bürgermeister der Lechfeldgemeinden, Andreas Scharf aus Graben, Simon Schropp aus Untermeitingen und Rudolf Schneider aus Klosterlechfeld, die Schulleitungen der Real- und Mittelschule sowie die Elternbeiräte aller vier Schulen.
Claudia Schottroff, Vorsitzende des Elternbeirates der Realschule, fasste die Kritikpunkte am AVV grob zusammen: „Die Busse haben nicht ausreichend Kapazität, Schüler werden deshalb nicht mitgenommen. Einige Bushaltestellen werden nicht angefahren oder Schüler irgendwo im Nirgendwo herausgelassen.“Weitere Probleme gebe es im Hinblick auf Pünktlichkeit, Sicherheit, Kommunikation, die AVV-App oder wegen fehlender Schilder an Haltestellen. Die Unsicherheit der Eltern führe mittlerweile so weit, dass sich einige von ihnen zu „Elterntaxis“zusammengeschlossen hätten, damit ihre Kinder pünktlich zur Schule kommen.
Die neue Schulleiterin der Realschule, Antje Luxenhofer, machte ihrem Ärger Luft: „Seit sechs Monaten ist der Busverkehr ein Dauerthema in der Schule. Alle sind davon genervt.“Der Chef der Mittelschule, Johannes Glaisner, beschwerte sich ebenfalls: „Es ist 16.35 Uhr, die Kinder haben Unterrichtsende am Nachmittag, stehen an der Haltestelle und es kommt einfach kein Bus. Das kann nicht sein.“
Landrat Sailer ist die Kritik nicht neu, allerdings findet er dafür mittlerweile deutliche Worte: „Mich käst das so richtig an. Wir haben eine Million Buskilometer ausgeschrieben, viermal so viel wie vorher. Das sollte eigentlich ein richtig gutes Angebot im südlichen Landkreis werden. Aber es ist anders gekommen. Es ist eine Situation entstanden, die absolut unbefriedigend ist.“Etwa 16,5 Millionen Euro gibt der Landkreis pro Jahr für den öffentlichen Personennahverkehr aus. „Wir zahlen so viel Geld und hören immer von denselben Problemen. Außerhalb der Schulzeiten fahren wir zudem zwei Drittel heiße Luft durch die Gegend. Das ist auf Dauer nicht finanzierbar.“
Sailer fordert nun zunächst von den Busunternehmen, die für den AVV fahren, sehr zeitnah innerhalb der nächsten Tage, eine Liste mit Ansprechpartnern und Telefonnummern für jede einzelne Linie,
die an Schultagen von 7 bis 17 Uhr für Eltern und Schüler erreichbar ist. Bis die App reibungslos funktioniert, soll zudem künftig bis spätestens 7 Uhr morgens eine E-Mail an Schulen verschickt werden, falls ein Bus nicht fährt. Diese Informationen können die Schulen dann über die Elternportale online veröffentlichen.
Sicherheit müsse zudem oberste Priorität haben, von riskanten Fahrmanövern oder abenteuerlichen Ein- und Ausstiegsaktionen will Sailer künftig nichts mehr hören. „Bei Sicherheitsthemen weiß jetzt jeder, was die Stunde geschlagen hat“, sagte er in Richtung der Busunternehmer. Haltestellen, die ein mögliches Risiko darstellen, wie etwa am Breitweg oder am Parkplatz vor dem Sportplatz, will sich der Landrat mit Fachleuten bei einem Vor-Ort-Termin anschauen und im Anschluss gegebenenfalls handeln.
Personalprobleme bei hohen Krankenständen werden sich hingehen in naher Zukunft nicht lösen lassen. Frank Endres vom Busunternehmen RBA erklärt: „Wir haben etwa einen Hausmeister mit Busführerschein oder einen Betriebsleiter, es sind insgesamt sechs Personen, die ich irgendwie auf die Straße bringen kann als Springer. Aber wenn dann keiner mehr da ist, kann ich auch niemanden mehr herzaubern.“Einfach noch mehr Fahrer einstellen, das
geht nicht. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass die Busunternehmen, die für den AVV fahren, nicht so planen und investieren können, wie sie es gerne würden, da der einst für acht Jahre europaweit ausgeschriebene Auftrag wegen eines Gerichtsverfahrens nicht sicher ist. Der AVV erhielt zwar zunächst den Zuschlag, doch ein unterlegener Bewerber hatte daraufhin Beschwerde bei der Vergabekammer eingelegt. Somit konnte nur eine Notvergabe des Auftrags erfolgen, damit überhaupt ein Bus fährt. Der aktuelle Not-Vertrag läuft bis zum 31. August 2024, danach gibt es die Option auf ein weiteres Jahr Verlängerung. Dich auch gegen diese Notvergabe legte der unterlegene Bewerber erneut Beschwerde ein. Planungssicherheit sieht anders aus.
Wegen dieser kurzen Zeitspanne wird sich kein Unternehmer mehrere neue Busse kaufen oder zusätzliches Personal einstellen, das ohnehin derzeit knapp ist. „Die Unternehmen können nicht so agieren wie mit einem Acht-Jahres-Vertrag“, erklärt Geschäftsbereichsleiter Michael Püschel. Er hoffe, dass bis nächstes Jahr Klarheit herrscht.
Eine erste Verbesserung ist übrigens kurz nach dem runden Tisch bereits umgesetzt worden: Die Haltestelle im Gewerbegebiet Nord in Schwabmünchen hat am Mittwoch Schilder bekommen.