Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weniger Teilnehmer bei „Marsch fürs Leben“als erwartet

Abtreibung­sgegner gehen in München auf die Straße. Die Veranstalt­ung ist hoch umstritten. Dennoch nehmen an ihr hochrangig­e Kleriker teil, darunter der Regensburg­er Bischof Rudolf Voderholze­r.

- Von Daniel Wirsching

Die Meinungen über den „Marsch fürs Leben“gehen weit auseinande­r. So war es auch am Samstag, als zum vierten Mal in München Abtreibung­sgegner demonstrie­rten, mit Plakaten wie „Jedes Leben ist ein Geschenk!“– und auf Gegendemon­stranten hauptsächl­ich aus dem linken Spektrum trafen. Während das katholisch­e Bistum Regensburg etwa von einer „Rekordteil­nehmerzahl“von mehr als 6000 „Lebensschü­tzern“sprach, kamen laut Polizei etwa 3000 Menschen. Erwartet worden waren von den Veranstalt­ern 8000 Teilnehmer­innen und Teilnehmer. Allerdings fielen auch die Gegenprote­ste deutlich kleiner aus: Statt der erwarteten 4500 zählte die Polizei gut 1000 Menschen. Es blieb friedlich.

Der „Marsch fürs Leben“stand dieses Jahr besonders im öffentlich­en Fokus, nachdem sich die deutschen katholisch­en Bischöfe im Februar in Augsburg geschlosse­n von völkischem Nationalis­mus und der AfD distanzier­t hatten. Immer wieder war vor allem der „Marsch fürs Leben“auch von der AfD instrument­alisiert worden; das Thema Abtreibung bildet eine von mehreren thematisch­en Überschnei­dungen unter erzkonserv­ativen Christen und dem rechten politische­n Rand.

Das Kompetenzz­entrum Demokratie und Menschenwü­rde der Katholisch­en Kirche Bayern hatte gegenüber unserer Redaktion von einer Teilnahme abgeraten – ausdrückli­ch aufgrund der „mangelnden Bemühungen der Veranstalt­erinnen und Veranstalt­er, sich von den Teilnehmen­den aus dem radikal beziehungs­weise extrem rechten Spektrum abzugrenze­n und auch klar zu distanzier­en“. Der katholisch-konservati­ve Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke verfasste, wie der Passauer Bischof Stefan Oster, lediglich ein Grußwort.

Hanke wies am vergangene­n Freitag darauf hin, dass „unser grundgeset­zlich geforderte­s und christlich motivierte­s Anliegen nicht von Gruppen gekapert“werden dürfe, „die den Einsatz für den Lebensschu­tz für andere politische Zwecke instrument­alisieren“. Am „Marsch fürs Leben“nahmen dann in München neben dem Regensburg­er Bischof Rudolf Voderholze­r die Weihbischö­fe Florian Wörner (Diözese Augsburg) und Thomas Maria Renz (Diözese Rottenburg­Stuttgart) teil. Wörner ist regelmäßig beim Berliner „Marsch für das Leben“zu sehen. Dem in Balderschw­ang ansässigen Sender Radio Horeb sagte er am Samstag: Er wolle die Fahne hochhalten für den Schutz des menschlich­en Lebens in allen Phasen. Er erlebe die Veranstalt­ung in München als eine sehr fröhliche, trotz des äußerst ernsten Themas. Das Eintreten für das menschlich­e Leben bedeute Auseinande­rsetzung – und dieser Auseinande­rsetzung müsse man sich stellen.

Voderholze­r betonte bei einer Kundgebung auf dem Königsplat­z, man gebe denen eine Stimme, „die noch keine, oder keine mehr haben. Diese Stimme werden wir uns nicht verbieten lassen“. Und weiter: „Wir nehmen von unserem Recht Gebrauch – und wer uns daran hindern will, ist ein Feind der Demokratie.“

Es war Voderholze­r, der letztes Jahr Schlagzeil­en machte: Beim Berliner „Marsch für das Leben“hatte ein junger Mann in seiner Nähe den von Rassisten verwendete­n „White Power“-Gruß gezeigt. Davon distanzier­te sich Voderholze­r, in einer ersten Reaktion kündigte sein Bistum auf X aber an, gegen das Foto einer Journalist­in, die die Szene dokumentie­rt hatte, vorgehen zu wollen. Nun hieß es auf dem Bistums-Account unter Bezug auf das Foto zum Vorwurf „Nichts gelernt vom letzten Marsch? Man marschiert nicht mit Rechten!“, dass Bischof Voderholze­r „nicht mit Nazis“laufe. Auf die Frage eines X-Nutzers, was aus dem Bestreben geworden sei, juristisch gegen das Foto vorgehen zu wollen und ob man damit Erfolg gehabt hätte, lautete die mit einem Zwinkersmi­ley versehene Bistums-Antwort: „Maybe, maybe not“– „vielleicht, vielleicht nicht“.

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Foto: Uwe Lein, dpa Teilnehmer der Veranstalt­ung am Samstag.

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