Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schmerz lass nach

Gegen Köln gelingt den Bayern dank eines Traumtors von Guerreiro ein 2:0-Arbeitssie­g. Die Verletzung von Coman trübt die Stimmung vor dem wichtigen Rückspiel gegen Arsenal.

- Von Florian Eisele

München In einer idealen BayernWelt wäre diese Szene von Raphael Guerreiro das Bild des Tages gewesen. Es lief die 65. Spielminut­e, als Joshua Kimmich eine Ecke von rechts kurz auf den Portugiese­n spielte. Der nahm den Ball an, zog nach innen und zirkelte den Ball ebenso stramm (113 vom amtlichen TV-Sender gemessene Stundenkil­ometer) wie schön (ins Kreuzeck, nichts zu machen für Torwart Marvin Schwäbe) in den Kasten der Kölner. Es war nach einem FCB-Chancenwuc­her, der bis dato schon für zwei Spiele gereicht hätte, endlich der ersehnte Dosenöffne­r zur 1:0-Führung, ein Traumtor noch dazu. In der Nachspielz­eit sollte Thomas Müller noch zum 2:0-Endstand treffen. Nach Abpfiff sprach aber jeder über eine andere, selbst wohl für Kölner Augen schmerzhaf­t anzusehend­e Szene.

Die Verletzung von Kingsley Coman, ohnehin der Schmerzens­mann im Münchner Kader, der wegen eines Innenband- und eines Muskelfase­rrisses in dieser Saison lange ausfiel, trübte die Gemüter bei den Bayern. Kurz nach Wiederanpf­iff drehte sich der Franzose im Strafraum um seinen Kölner Gegenspiel­er Christense­n und blieb dabei ohne Einwirkung eines anderen Kickers im Rasen hängen. TV-Bilder zeigen, wie der 27-Jährige schon in der Bewegung das Gesicht vor Schmerzen verzieht. Bayern-Trainer Thomas Tuchel, der das Spiel wegen seiner Gelbsperre auf der Tribüne verfolgen musste, fühlte mit: „Auf den Fernsehbil­dern hat es extrem schmerzhaf­t ausgesehen.“Comans erneuter Ausfall sei ein „großer Wermutstro­pfen“, so der Coach.

Noch am Samstagabe­nd bestätigte der Rekordmeis­ter die ersten Befürchtun­gen: Der Flügelspie­ler werde dem FC Bayern „mehrere Wochen“fehlen. Demnach hat er sich eine „Muskelbünd­elverletzu­ng in den rechten Adduktoren“zugezogen, wie die Untersuchu­ngen der medizinisc­hen Abteilung an der Säbener Straße ergeben haben. Ob oder wann Coman noch vor Saisonende wieder ins Team zurückkehr­en kann, bleibt unklar. Damit fällt nach Serge Gnabry ein weiterer Flügelspie­ler für das wichtige Rückspiel gegen Arsenal London aus. Bei Leroy Sané, im Hinspiel mit einem herausgeho­lten Elfmeter einer der stärksten Münchner, wird das Bangen bis kurz vor Anpfiff am Mittwochab­end weitergehe­n. Ob es für Sané, der gegen Köln geschont wurde, für Arsenal reicht? „Es wäre unseriös, wenn ich eine Prognose abgebe“, so Tuchel. Deutlich besser sieht die Prognose immerhin bei Manuel Neuer aus, der gegen Köln ebenfalls sicherheit­shalber nicht eingesetzt wurde. Auch ihn plagen die Spätfolgen eines Muskelfase­rrisses.

Woher die Vielzahl an Muskelverl­etzungen im Münchner Kader kommt? Sportdirek­tor Christoph Freund kann es sich nicht erklären: „Wir diskutiere­n das intern, woran es liegen könnte. Es ist keine gute Situation. Es zieht sich bei uns durch die gesamte Saison. Wichtig ist, dass wir das in der kommenden Saison besser hinkriegen.“Eine nahe liegende Erklärung für manche Muskelprob­lematik, die unter Medizinern oft als Symptom für eine Überbeansp­ruchung gilt: Es gibt infolge des dünnen Kaders kaum Möglichkei­ten für die Spieler, mal richtig zu regenerier­en. Dass auch der Hybridrase­n in der Münchner Arena eine Rolle spielen könnte, möchte Joshua Kimmich nicht mal in Abrede stellen: „Wir hatten eine Zeit lang nicht diesen Hybridrase­n. Aber es ist schon sehr auffällig.“Für Tuchel bleibt bestehen: Sowohl Gnabry als auch Coman kamen aus einer Verletzung, hatten das o. k. der Ärzte – und verletzten sich erneut. „Das ist extrem bitter.“

Nun wird der Rest der Bayern am Mittwoch versuchen, gegen Arsenal

London den Einzug ins Halbfinale der Champions League klarzumach­en. Bekanntlic­h sind auch die restlichen Angestellt­en der Bayern durchaus in der Lage dazu. Wer Zweifel hegt, sollte mal bei Thomas Müller nachfragen. Der fand auch nach dem Spiel Argumente, die glasklar für ein Weiterkomm­en des deutschen Rekordmeis­ters sprechen. Klar sei das Team von Arsenal „sehr gut“. Das allein reicht aber manchmal nicht: „Sie sind nicht so Europapoka­l-erfahren wie Real Madrid oder Manchester City, sowohl von Trainersei­te als auch den Akteuren.“Umso wichtiger sei es, die letzte Chance auf den Titel „mit einem speziellen Allianz-Arena-Abend“zu wahren, so Müller. Die Meistersch­ale ist seit Sonntagabe­nd nach Leverkusen vergeben. Das wäre in einer idealen Bayern-Welt wohl auch deutlich anders gelaufen.

Bayern München Ulreich – Kimmich, de Ligt (61. Upamecano), Dier, Mazraoui (61. Davies) – Pavlovic (79. Goretzka), Guerreiro (79. Laimer) – Coman (50. Musiala), Th. Müller, Tel – Kane

1. FC Köln Schwäbe – Thielmann (76. Heintz), Chabot, Hübers, Finkgräfe – J. Christense­n, Ljubicic – Maina (67. Schmitz), Kainz (54. Waldschmid­t) – Adamjan (67. Tigges), Alidou (76. Downs) Tore 1:0 Guerreiro (65.), 2:0 Müller (90.+3) Schiedsric­hter Willenborg (Osnabrück) – Zu. 75.000 (ausverkauf­t

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? Die Szene des Spiels: Ohne Gegner-Einwirkung bleibt Kingsley Coman im Rasen hängen. Der Franzose fällt für das Rückspiel gegen Arsenal aus. Es ist nicht die erste Muskelverl­etzung des FC Bayern in dieser Saison.
Foto: Tom Weller, dpa Die Szene des Spiels: Ohne Gegner-Einwirkung bleibt Kingsley Coman im Rasen hängen. Der Franzose fällt für das Rückspiel gegen Arsenal aus. Es ist nicht die erste Muskelverl­etzung des FC Bayern in dieser Saison.

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