Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Freudenträ­nen im Handballte­am

Die deutschen Frauen schaffen erstmals seit 16 Jahren wieder zu den Olympische­n Spielen. Dazu trägt auch die tolle Atmosphäre in Neu-Ulm bei.

- Von Stephan Schöttl

Keine zehn Minuten dauert die Fahrt von der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm auf die andere Seite der Donau zum Maritim-Hotel. Doch die gut vier Kilometer bis zu ihrer Unterkunft haben die deutschen Handballer­innen voll ausgekoste­t. Als sich die Türen des Mannschaft­sbusses auf dem Parkplatz der Sporthalle am Samstagnac­hmittag geschlosse­n hatten, begann die große Party. Es wurde geklatscht, gesungen, gefeiert – und auch die eine oder andere Freudenträ­ne verdrückt. Später gab es vor dem Hotel noch die obligatori­sche Sektdusche. Mit zwei Siegen gegen Slowenien (31:25) und Montenegro (28:24) hatten die Frauen das Ticket für die Olympische­n Sommerspie­le 2024 in Paris schon vorzeitig gelöst. Das abschließe­nde dritte Spiel am Sonntagmit­tag gegen Paraguay gewann die DHB-Auswahl ebenfalls mit 37:20. Jenny Behrend, in der Bundesliga

beim Spitzentea­m SG BBM Bietigheim aktiv, sagte: „Mein Herz strahlt einfach nur. Ich habe Gänsehaut, das ist das Allergrößt­e für mich.“Mit diesen Glücksgefü­hlen stand die 28-Jährige am Wochenende freilich nicht alleine da. Xenia Smits, eine der Leistungst­rägerinnen im deutschen Team, meinte: „Als kleines Kind habe ich davon geträumt.“Ihre Situation ist besonders, denn sie ist eigentlich gebürtige Belgierin, wechselte 2008 in ein Handball-Leistungsz­entrum nach Deutschlan­d und wurde schließlic­h eingebürge­rt. In Neu-Ulm erzählte sie: „Ich habe für mich die Möglichkei­t, zu den Olympische­n Spielen zu kommen, mit der belgischen Nationalma­nnschaft nicht so richtig gesehen. So habe ich dann die deutsche Staatsbürg­erschaft bekommen und bin jetzt extrem stolz, eventuell Teil dieses Teams zu sein, das zu Olympia fährt. Es ist einfach ein riesengroß­er Traum.“

Geschenkt bekamen sie das Ticket für Paris aber nicht. Die beiden Schlüssels­piele gegen Slowenien und Montenegro waren die erwartet schweren Duelle auf Augenhöhe. Gegen die Sloweninne­n waren die DHB-Frauen von Beginn in Führung – und gaben den Vorsprung bis zum Schluss nicht aus der Hand. Bis zur Pause war die Partie beim Zwischenst­and von 17:14 allerdings noch knapp und hart umkämpft. In der zweiten Hälfte legte Deutschlan­d einen Zahn zu. Julia Maidhof mit neun Treffern und Torhüterin Katharina Filter waren die beiden herausrage­nden Akteurinne­n.

Beide drückten auch dem zweiten Spiel am Samstag gegen Montenegro ihren Stempel auf. Maidhof absolviert­e ihr 50. Länderspie­l für den DHB und machte sich mit erneut neun Treffern selbst das schönste Geschenk für diesen persönlich­en Meilenstei­n. Zur „Spielerin des Tages“wählten die Zuschaueri­nnen und Zuschauer in der Arena allerdings erneut Torfrau Katharina Filter, die in der ersten Hälfte auf eine beeindruck­ende

Quote von 57 Prozent gehaltener Würfe kam. Gegen das Temperamen­t und die Härte der Gegnerinne­n aus Montenegro tat sich Deutschlan­d lange schwer, beim Stand von 27:21 fünf Minuten vor Ende war die Partie aber entschiede­n. Gegen Paraguay war Rechtsauße­n Jenny Behrend mit sechs Toren die beste Werferin.

„Dieses Wochenende war beste Werbung fürs Frauen-Handball“, sagte Axel Kromer, Sportvorst­and beim Deutschen Handball-Bund. Die Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena habe den perfekten Rahmen dafür geliefert, meinte er weiter. Jeweils über 4000 Fans in allen drei Spielen verliehen der Mannschaft um Trainer Markus Gaugisch den nötigen Rückenwind. Und so meinte Xenis Smits: „Wir werden NeuUIm in bester Erinnerung behalten.“Das olympische Turnier, für das sich neben den Handballer­innen auch die deutschen Männer qualifizie­rt haben, findet vom 25. Juli bis 11. August in Paris und Lille statt.

 ?? ?? Riesiger Jubel bei den deutschen Handballer­innen: Sie haben sich für die Sommerspie­le in Paris qualifizie­rt. Foto: Marco Wolf, dpa
Riesiger Jubel bei den deutschen Handballer­innen: Sie haben sich für die Sommerspie­le in Paris qualifizie­rt. Foto: Marco Wolf, dpa

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