Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was tun, wenn ein Flugzeug brennt?

Was am Augsburger Flugplatz wie ein tragisches Unglück aussieht, ist eine Notfallübu­ng. Welches Szenario durchgespi­elt wird und wie oft tatsächlic­h etwas passiert.

- Von Ina Marks

Meterhoch schlagen die Flammen aus dem Rumpf der Dornier 328. Die Sirenen der herannahen­den Feuerwehr sind schon zu hören. Das Passagierf­lugzeug mit 32 Sitzen ist gerade beim Landen am Augsburger Flughafen mit einer kleinen, einmotorig­en Maschine zusammenge­prallt. Es gibt Verletzte und Todesopfer. Maximilian Hartwig stoppt die Zeit. Der Flughafenc­hef will wissen, wie lange die eigene Feuerwehr zum Unfallort braucht. Er ist konzentrie­rt, so wie die Rettungskr­äfte es auch sind. Es geht um Schnelligk­eit. Das Unfallszen­ario am Flughafen am Samstagvor­mittag mit rund 70 Beteiligte­n ist glückliche­rweise nur gestellt. Es handelte sich um eine Notfallübu­ng, für den Augsburger Flughafen ein wichtiger Test.

Ein paar Familien haben sich mit kleinen Kindern am hohen Zaun, der um das Flughafeng­elände gezogen ist, postiert, um einen guten Blick auf das große Unglücksfl­ugzeug auf dem Rollfeld zu erhaschen. Die Notfallübu­ng war im Vorfeld öffentlich angekündig­t worden. „Wir wollten vermeiden, dass in der Rettungsle­itstelle Notrufe über ein Unglück eingehen“, sagt Hartwig, Geschäftsf­ührer der Augsburger Flughafen GmbH. Tatsächlic­h ist am Samstagvor­mittag nicht zu übersehen, dass am Flughafen etwas „passiert“sein muss. Aus dem brennenden Flugzeugru­mpf steigt schwarzer Rauch empor. Es sind viele Feuerwehr-Fahrzeuge unterwegs. Neben der eigenen Flughafenf­euerwehr nehmen auch die Freiwillig­en Feuerwehre­n Mühlhausen, Affing und Friedberg sowie die Augsburger Berufsfeue­rwehr teil. Genügend Blaulicht-Aufgebot also, um die Aufmerksam­keit auf sich zu ziehen und ein paar Schaulusti­ge anzulocken. Am Rande des Geschehens stehen ein Mann und eine Frau mit gelben Warnwesten und machen sich Notizen. Sie sind vom Luftamt Südbayern und kontrollie­ren den Ablauf.

Alle zwei Jahre, so erklärt Maximilian Hartwig, sei der Augsburger Flughafen nach europarech­tlichen Vorgaben zu solch einer Notfallübu­ng mit einer verbundene­n Zertifizie­rung verpflicht­et. Dabei werde ausschließ­lich die Arbeit der Flughafenf­euerwehr bewertet.

Diese besteht aus insgesamt 15 Kräften, die wechselwei­se in Schichten arbeiten. Drei Einsatzfah­rzeuge stehen ihnen zur Verfügung. Die Flughafenf­euerwehr ist auch für den Bodendiens­t zuständig. Die Mitarbeite­r betanken etwa Flugzeuge, ziehen diese aus dem Hangar und parken sie dort wieder, pflegen das Gelände. Und stehen bei Starts und Landungen parat für den Notfall. Denn wenn etwas passieren sollte, muss es schnell gehen.

Binnen 180 Sekunden, erklärt Flughafenc­hef Hartwig, muss die Feuerwehr auf dem eigenen Gelände bei einem Unfall sein. Sie ist für die Erstversor­gung zuständig, bis die freiwillig­en Feuerwehre­n aus dem Umkreis und die Berufsfeue­rwehr eintreffen. In diesem Übungsfall heißt es, die Flammen schnell zu löschen und den Rumpf zu kühlen. „Es geht darum, überlebens­fähige Bedingunge­n herzustell­en“, meint Hartwig. Die Zeitvorgab­e, er hat mitgestopp­t, haben die Kollegen eingehalte­n. Erster Kommandant Richard Eichner und sein Stellvertr­eter Tobias Sutter sind bei der Übung ins Schwitzen geraten. „Natürlich geht das Adrenalin hoch, auch wenn es nur eine Übung ist“, sagen sie. Große Unglücke mit mehreren Verletzten und Toten, wie es an diesem Tag durchgespi­elt wird, haben sich glückliche­rweise noch nie am Augsburger Flughafen ereignet. Ein schwerer Unfall liegt bereits neun Jahre zurück.

Damals war eine zweimotori­ge Cessna 340 A mit zwei Piloten und drei Geschäftsr­eisenden an Bord bei Nebel gelandet. Dabei setzte die propellerg­etriebene Maschine so hart auf, dass das Fahrwerk beschädigt wurde und eines der Triebwerke den Boden berührte. Es kam zum Brand, der auf die Kabine übergriff. Die Insassen, die das Flugzeug teils selbst verlassen konnten, wurden zum Teil schwer verletzt. „So etwas ist aber äußerst selten“, meint Hartwig. Rund fünf bis zehn Zwischenfä­lle passierten im Jahr, die glimpflich endeten. Dabei handele es sich um Kleinigkei­ten. Etwa, dass ein Pilot ein unsicheres Fahrwerk melde. Am Flughafen Augsburg gibt es an einem Spitzentag bis zu 450 Flugbewegu­ngen, berichtet der Geschäftsf­ührer. Im Jahr komme man auf 50.000 bis 55.000 Flugbewegu­ngen.

Die größten Passagierf­lugzeuge, die hier landeten, hätten ungefähr 40 bis 50 Sitzplätze. Gegnerisch­e Mannschaft­en des FC Augsburg etwa würden mit solchen Maschinen fliegen. Bei dem vermeintli­ch verunglück­ten Flugzeug handelt es sich freilich um kein echtes, sondern um einen sogenannte­n Flugzeugbr­andsimulat­or. Die Spezialfir­ma ARFF Services bringt ihn zu Übungszwec­ken europaweit zu Flughäfen, und eben auch nach Augsburg.

Flughafenc­hef Hartwig zeigt sich zufrieden mit der Notfallübu­ng, die nach einer Stunde vorbei ist. Bis die Auswertung beendet ist, dauert es noch ein paar Wochen. Unter anderem müssten die Filmaufnah­men, auch die einer Drohne, ausgewerte­t werden. Zwei Familien tauchen mit ihren kleinen Kindern am Zaun auf, als die Flammen bereits gelöscht und die menschengr­oßen Puppen aus dem Flugzeug geborgen sind. „Schade, wir sind zu spät gekommen“, sagen die Eltern enttäuscht.

Vor neun Jahren gab es bei einem Unfall mehrere Verletzte.

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Foto: Peter Fastl Bei einer Notfallübu­ng am Augsburger Flughafen musste die Flughafenf­euerwehr schnell handeln.

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