Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Cannabis-Verstöße gibt es immer noch
Seit 1. April ist Cannabis in Deutschland grundsätzlich legal – auch im Landkreis. Das neue Gesetz beeinflusst die Arbeit der Polizei. Wie sie die neuen Regeln kontrolliert.
Seit knapp zwei Wochen darf gekifft werden – zumindest theoretisch. Denn in der Praxis bietet das neue Cannabisgesetz eine ganze Reihe an Ausnahmen. Weiterhin strafbar machen sich etwa diejenigen, die in der Nähe von Kindern oder Schulen kiffen oder zu viel der Droge in der Tasche haben. Kontrolliert wird das von der Polizei. Was hat sich seit der Legalisierung geändert?
Das weiß Zusmarshausens Polizeichef Robert Schmitt. Der größte Unterschied: „Vor der Legalisierung war es eine verbotene Substanz, die man schon von Weitem gerochen hat.“Jetzt ist das nicht mehr so. Riechen kann man einen angezündeten Joint zwar noch immer, doch illegal ist das Kiffen nicht mehr überall. „Das Gesetz ist da sehr komplex“, meint der Polizeichef. Diese Ausnahmen zu kontrollieren, sei nicht einfach. Noch sei es aber zu früh, eine Bilanz zu ziehen. Seit dem 1. April gab es im
Bereich der Polizei Zusmarshausen jedenfalls noch keine Verstöße gegen das neue Cannabisgesetz. Allerdings: Weiterhin meldet die Polizei regelmäßig Verstöße von Autofahrern, bei denen ein Drogentest auf die mittlerweile legale Droge anschlug.
Markus Trieb vom Polizeipräsidium Schwaben Nord bestätigt, dass sich im Straßenverkehrsrecht noch nichts geändert hat. „Drogenfahrten gab es schon davor, die gibt es auch weiterhin“, sagt er. Dennoch werden für Polizistinnen und Polizisten wohl bald interne Schulungen anstehen, die behandeln, wie nun mit der neuen TeilLegalisierung umzugehen und worauf zu achten ist. Das heißt es vonseiten der Polizeistation in Wertingen.
Grundsätzlich achteten Trieb zufolge die Polizeikräfte bei Verkehrskontrollen immer genau darauf, wie sich die Kontrollierten verhalten. Bei Verdacht werde dann getestet – sowohl auf Alkohol als auch auf andere Drogen. Das Vorgehen sei dabei dasselbe wie vor dem 1. April. „Auch bei Volksfesten
gibt es keine andere Vorgehensweise“, sagt Trieb, auch wenn dort die Wahrscheinlichkeit auf Fahrten unter Alkoholeinfluss höher sein könnte als im Normalfall. Wie viel mehr Fahrerinnen und Fahrer jetzt mit dem CannabisWirkstoff im Blut aufgehalten werden, darüber könne man noch keine „seriöse“Auskunft geben, sagt Trieb. Mindestens einen Monat lang möchte das Polizeipräsidium Schwaben Nord damit warten. Gehe man nach dem jetzigen Grenzwert, so lasse sich auch zwölf Stunden nach einem Joint THC im Blut nachweisen. Bei regelmäßigem Konsum sogar deutlich länger oder gar dauerhaft.
Inzwischen gibt es bereits eine hitzige Debatte über eine Anhebung des Grenzwertes. Nach Angaben des ADAC wird eine Konzentration von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum vorgeschlagen. So habe das Bundesverkehrsministerium Ende März mitgeteilt: „Wird dieser Wert erreicht, ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs
nicht fernliegend.“Der ADAC vertritt jedoch die Ansicht, dass Personen, die unter der Wirkung von Cannabis stehen, kein Kraftfahrzeug führen sollen.
In der Fachwelt werde jedoch seit Jahren darüber gestritten, ob der Grenzwert für verbotenes Fahren unter Cannabis-Einfluss richtig oder zu niedrig angesetzt ist. Fachleute für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland empfahlen stets die Anhebung des momentan erlaubten THC-Werts im Blut, so der ADAC. In der Begründung heißt es, dass der Grenzwert mit einem Nanogramm so niedrig sei, dass er lediglich einen Cannabis-Konsum nachweise. Einen zwingenden Rückschluss „auf eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung“lasse der aktuelle Grenzwert jedoch nicht zu.
In den vergangenen Jahren war die Anzahl an Delikten im Zusammenhang mit Cannabis relativ konstant. Im Bereich der Polizei Schwaben Nord wurden 2019, also vor der Legalisierung, exakt 1749 Verstöße gemeldet. Im vergangenen Jahr waren es 1510. Im Landkreis Augsburg wurden 2019 genau 243 Verstöße nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) registriert und damit genauso viel wie im Jahr 2022. Auffallend ist jedoch, dass der Handel mit Cannabis im Augsburger Land in den vergangenen Jahren stark rückläufig war. Von 79 Fällen im Jahr 2019 sind diese Delikte auf 39 im Vorjahr gesunken. Die Vermutung, dass es zu weniger Käufen und Verkäufen von Cannabis gekommen ist, weil immer mehr Menschen sich diese Drogen daheim anpflanzen, bestätigt die Statistik nicht. Im Gegenteil. Gab es 2019 noch 22 Straftaten bezüglich illegalen Anbaus, waren es im Jahr 2022 nur noch die Hälfte. Das könnte sich nun ändern. Denn nach dem neuen Gesetz dürfen Erwachsene bis zu drei Cannabispflanzen zu Hause anbauen.
Zahl der Delikte war im Landkreis relativ stabil.