Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Es wär’ noch Suppe da

Eintöpfe schmecken aus der Großküche oft besser, finden manche. Doch viele Betriebska­ntinen haben seit Corona erhebliche Probleme. Dabei bieten sie nicht nur Essen, sondern auch Raum zur Kommunikat­ion.

-

Wo früher schon zur Frühstücks­zeit reger Betrieb herrschte, prägen heute leere Plätze das Bild. Wie andere Betriebska­ntinen leidet auch jene im Landratsam­t Karlsruhe unter den Folgen des Homeoffice: Die Zahl der Gäste hat seit der Coronapand­emie abgenommen, die Auslastung reicht nicht mehr für einen wirtschaft­lichen Betrieb. „Das war nicht aufzufange­n, ohne den Rest der Organisati­on zu gefährden“, sagt der Vorstand der Lebenshilf­e Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung, Michael Auen.

Der Verein betreibt über das Inklusions­unternehme­n Worka unter anderem mehrere Kantinen, in denen Menschen mit und ohne Behinderun­g arbeiten. Die Coronakons­equenzen hier heißen jetzt konkret: Schutzschi­rmverfahre­n und Trennung vom gesamten Gastrobere­ich. „In der Gastronomi­e ist die Welt seit 2020 eine andere“, sagt Auen. Allein in den beiden Kantinen im Landratsam­t und im Technische­n Rathaus der Stadt sei die Zahl der Essen pro Tag von 600 bis 700 zwischenze­itlich auf unter 100 gesunken, macht er deutlich.

Nicht überall sind die Folgen so drastisch, aber insgesamt hadert das Branchense­gment, zu dem unter anderem auch Caterer zählen. Im Vergleich zu 2019 vor der Pandemie seien die Umsätze im vergangene­n Jahr um 11,3 Prozent gesunken, wie eine Sprecherin des Hotel- und Gaststätte­nverbandes Dehoga unter Berufung auf das Statistisc­he Bundesamt mitteilt. Gegenüber 2022 gab es immerhin ein kleines Plus von 1,8 Prozent. Die Lage sei weiterhin herausford­ernd.

Trotz sehr flexibler Regelungen für mobiles Arbeiten/Homeoffice macht beispielsw­eise der Versichere­r Allianz hingegen die Erfahrung, dass die Zahl der Gäste in den 16 Restaurant­s an 14 Standorten wieder steigt – auf 1,8 Millionen im vergangene­n Jahr. Viele Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r nutzten die Restaurant­s wieder gerne zur Kommunikat­ion und verabredet­en sich zum Mittagesse­n. Darauf hofft auch der Branchenve­rband Dehoga: „Wir setzen darauf, dass der Stellenwer­t der Betriebsre­staurants wieder steigen wird – als Dreh- und Angelpunkt für Ernährung, Gesundheit, Wohlfühlen und Kommunikat­ion, als Teil einer guten Unternehme­nskultur und als wichtige Begegnungs­stätte für Kollegen.“

Ekkehart Lehmann von der K&P Consulting, die bei Großküchen­planung berät, sagt, die Bedeutung der Betriebsga­stronomie für Unternehme­n sei gestiegen. Deshalb seien sie stärker bereit, die Gastronomi­e attraktiv zu gestalten und so weit möglich auch finanziell stärker zu unterstütz­en. Für Einrichtun­gen des Bundes ermögliche eine neue Kantinenri­chtlinie, Betreiber und Tischgäste direkt zu bezuschuss­en. „Durch die Einführung der Homeoffice-Regelungen ist die wirtschaft­liche Grundlage für viele Betriebsre­staurants schwierige­r geworden“, erläutert Lehmann. „Gleichzeit­ig begreifen Unternehme­n die Bedeutung der Betriebsga­stronomie als wesentlich­es Element, um Mitarbeite­nde ins Unternehme­n zurückzuho­len und die durch Homeoffice gesunkenen Möglichkei­ten für den Austausch und die Kommunikat­ion bewusst zu fördern.“Denn die Betriebsga­stronomie sei der Ort, wo Kollegen zusammenko­mmen und Unternehme­nswerte vorbildlic­h vermittelt werden könnten.

Zugleich ist das Homeoffice in Deutschlan­d fest verankert, hat das Ifo-Institut jüngst festgestel­lt. Fast ein Viertel der Beschäftig­ten arbeitete einer Umfrage zufolge im Februar zumindest teilweise von zu Hause. Unterschie­de gibt es etwa bei der Größe der Betriebe – so ist der Homeoffice-Anteil der Erhebung zufolge in kleinen und mittleren Unternehme­n niedriger. Aber auch die Branche spielt eine Rolle, wie eine Dehoga-Sprecherin verdeutlic­h. So gebe es bei Dienstleis­tungen einen hohen Homeoffice-Anteil, im verarbeite­ndem Gewerbe einen geringeren. (dpa)

 ?? Foto: dpa ?? Nachschlag gefällig? – Kantinen haben es seit Corona schwerer.
Foto: dpa Nachschlag gefällig? – Kantinen haben es seit Corona schwerer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany