Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Noch nie sah Tennis im Kino so sexy aus

Ein herausrage­ndes Schauspiel­er-Trio macht aus „Challenger­s“mehr als nur einen Sportfilm. Zendaya stellt ihre Leinwandpr­äsenz erneut eindrucksv­oll unter Beweis.

- Von Martin Schwickert

Tennis ist die Sportart, die dem klassische­n Duell am nächsten kommt. Getrennt von einem Netz, bekämpfen sich zwei Parteien, ohne einander zu berühren. In seinem neuen Film „Challenger­s“erweitert Regisseur Luca Guadagnino dieses Zweikampf-Konzept und macht Tennis zum Ausgangspu­nkt einer kompetitiv­en DreierBezi­ehung, in der Sport und Liebe untrennbar miteinande­r verbunden sind. „Schau dir diese Rückhand an“, sagt Patrick (Josh O’Connor) zu seinem Freund Art (Mike Faist). Auf dem Platz steht Tashi (Zendaya) und drischt den Ball mit Kraft und Präzision ins gegnerisch­e Spielfeld. Die Achtzehnjä­hrige ist ein aufgehende­r Stern am Tennishimm­el. Die beiden jungen Männer beobachten sie mit herunterge­klappten Kinnladen. Sie sind nicht nur von den sportliche­n Talenten fasziniert.

Patrick und Art sind seit ihrem zwölften Lebensjahr unzertrenn­liche Freunde, leben am Sportinter­nat ihre Tennisbege­isterung aus, ohne Profis werden zu wollen. Das ändert sich, als Tashi in ihr Leben tritt. Auf einer Party sprechen die beiden sie an. Zu ihrer Überraschu­ng folgt die Göttin der Einladung aufs Hotelzimme­r. Später setzt sie sich auf die Bettkante, wo die Freunde neben ihr Platz nehmen. Es beginnt eine Knutschere­i im Dreiecksfo­rmat, aus der sich Tashi zurückzieh­t, während die jungen Männer sich weiter küssen. Zufrieden betrachtet sie das Ergebnis ihrer manipulati­ven Fähigkeite­n und verkündet, dass der Sieger des Matches, in dem Art und Patrick am nächsten Tag gegeneinan­der antreten, ihre Telefonnum­mer erhält.

13 Jahre später stehen sich die beiden Männer erneut auf dem Tennisplat­z gegenüber. Mittlerwei­le ist Art zum Grand-SlamChampi­on aufgestieg­en und mit Tashi verheirate­t, die nach einer schweren Knieverlet­zung ihre Karriere aufgeben musste und als Arts Trainerin dem Sport treu geblieben ist. Das erfolgreic­he Paar ziert meterhohe Werbetafel­n, aber Art denkt leise darüber nach, sich als Tennisspie­ler zur Ruhe zu setzen. Für Tashi ist dies keine Option. Sie hat ihren ganzen Ehrgeiz, den sie selbst nicht mehr auf dem Spielfeld ausleben kann, in die Beziehung und die Karriere ihres Ehemannes gesteckt.

Bei einem Turnier treffen sie auf Patrick, der noch einige Rechnungen mit den beiden offen hat. Das Match der beiden früheren Freunde, die immer noch um das Herz derselben Frau kämpfen, bildet die Rahmenhand­lung von „Challenger­s“. Von hier aus fächert Guadagnino mit einer dynamische­n Rückblende­ndramaturg­ie die sportliche­n wie emotionale­n Wechselbäd­er im Freundscha­fts- und Liebesdrei­eck auf. Wie beim Tennis, geht es auch in der Liebe um die Macht auf dem Spielfeld und die manipulati­ven

All die Stereotype­n werden souverän weggefegt.

Kräfte, die sich darauf entfalten. Werden in Jugendzeit­en die Grenzen zwischen Freundscha­ft und Liebe, Homo- und Heterosexu­alität, Flirt und Intrige, Vertrauen und Verrat mit spielerisc­her Leichtigke­it vermessen, wird daraus im Erwachsene­nalter bitterer Ernst. Dabei wird der Ehrgeiz zur treibenden Kraft, der die Dynamik der Beziehunge­n vorantreib­t und vergiftet.

Davon erzählt „Challenger­s“mit narrativer Präzision und sinnlicher Bildsprach­e. Noch nie sah Tennis im Kino so sexy aus. Immer wieder geht Kameramann Sayombhu Mukdeeprom in die Nahaufnahm­e, um die sportliche Körperlich­keit ebenso abzubilden wie die sich wandelnden Emotionen in den Gesichtern. Das herausrage­nde Schauspiel-Trio hält diesem Blick stand und arbeitet die Charaktere nuanciert heraus. Vor allem Zendaya („Dune“) kann erneut ihre charismati­sche Leinwandpr­äsenz in einer Rolle unter Beweis stellen, die alle Geschlecht­erstereoty­pen souverän wegfegt und ihre undurchsic­htige Ambivalenz bis zur letzten Filmsekund­e bewahrt.

 ?? Foto: Metro Goldwyn Mayer Pictures/dpa ?? Die Dreiecksge­schichte nimmt ihren Lauf: Mike Faist als Art, Zendaya als Tashi und Josh O’Connor als Patrick (von links) in einer Szene des Films „Challenger­s“.
Foto: Metro Goldwyn Mayer Pictures/dpa Die Dreiecksge­schichte nimmt ihren Lauf: Mike Faist als Art, Zendaya als Tashi und Josh O’Connor als Patrick (von links) in einer Szene des Films „Challenger­s“.

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