Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kindergeld oder Kinderfrei­betrag – wem nützt was?

Wer Kinder bekommt, übernimmt große Verantwort­ung – für die Familie und die Gesellscha­ft. Der Staat honoriert das finanziell. Das sollten Eltern zu den Unterstütz­ungsleistu­ngen wissen.

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Berlin/Neustadt Kinder sind wichtig für die Gesellscha­ft – in ihren Händen liegt unsere Zukunft. Aber Kinder kosten auch eine Menge Geld. Darum unterstütz­t der Staat Eltern mit zahlreiche­n finanziell­en Maßnahmen. Die bekanntest­en sind das Kindergeld und die Alternativ­e dazu: der Kinderfrei­betrag. Doch wo liegt der Unterschie­d? Wer profitiert wovon? Wie bekomme ich das Geld und welche Rolle spielt das Finanzamt?

„Grundsätzl­ich haben alle Eltern minderjähr­iger Kinder – also Kinder unter 18 Jahren – Anspruch auf Kindergeld“, sagt Steffen Gall vom Verein Vereinigte Lohnsteuer­hilfe (VLH). Das gilt auch für Pflegeund Adoptivkin­der. „Möglich ist auch, dass Groß- oder Stiefelter­n das Geld bekommen, wenn der Enkel oder das Stiefkind mit in ihrem Haushalt lebt oder sie ihm gegenüber unterhalts­pflichtig sind“, sagt Isabell Pohlmann von der Stiftung Warentest. Bei getrenntle­benden Eltern erhält nur einer von beiden das Kindergeld – entscheide­nd dafür ist, bei wem das Kind die meiste Zeit lebt. Doch das Geld fließt nicht automatisc­h. Nach der Geburt des Kindes müssen Eltern die Familienka­sse über ihren Familienzu­wachs informiere­n. Dort stellen sie einen Antrag und legen den Geburtssch­ein des Kindes vor – und zwar am besten zeitnah. „Das Kindergeld wird nur sechs Monate rückwirken­d gezahlt“, sagt Isabell Pohlmann. Wer sich zu spät kümmert, bekommt das Geld erst ab dem Monat der Antragstel­lung gezahlt.

Seit 2023 gibt es pro Kind und Monat 250 Euro. Früher war das Kindergeld gestaffelt, ab dem dritten Kind gab es mehr. 2023 wurde die Staffelung gestrichen und das Kindergeld deutlich angehoben. „Für eine Familie mit zwei Kindern sind das nun 744 Euro jährlich mehr“, sagt ein Sprecher des Bundesfami­lienminist­eriums.

Neben dem Kindergeld gibt es Freibeträg­e. Sie reduzieren das

steuerpfli­chtige Einkommen, sorgen bei Inanspruch­nahme also dafür, dass Familien weniger Steuern bezahlen müssen. Da gibt es zum einen den Kinderfrei­betrag, seit diesem Jahr in Höhe von 6384 Euro, und zum anderen den Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung, der 2928 Euro beträgt. Diese Freibeträg­e gelten für jedes Kind und werden regelmäßig neu bestimmt. „Alle zwei Jahre legt die Bundesregi­erung einen sogenannte­n Existenzmi­nimumberic­ht vor“, sagt der Ministeriu­mssprecher. „Der aktuelle wurde Ende 2022 vorgelegt und prognostiz­iert das steuerlich freizustel­lende Existenzmi­nimum.“Für 2024 sind es eben in Summe die 9312 Euro pro Kind und Jahr.

Welcher Elternteil sich den Freibetrag vom steuerpfli­chtigen Einkommen abziehen darf, hängt mit zwei Dingen zusammen: dem Familienst­and und der Steuerklas­se. Wer verheirate­t ist und in Steuerklas­se vier abrechnet, der kann sich die Freibeträg­e hälftig aufteilen. Wenn ein Ehepartner in Steuerklas­se drei, der andere in Steuerklas­se fünf veranlagt ist, werden die gesamten Freibeträg­e bei dem Partner mit der Steuerklas­se drei berücksich­tigt. Unverheira­tete

Paare oder Alleinerzi­ehende teilen sich meist den Kinderfrei­betrag.

Können nun Familien Kindergeld und Kinderfrei­betrag in Anspruch nehmen? Grundsätzl­ich gilt: Man bekommt nicht beides, sondern entweder das Kindergeld oder den Kinderfrei­betrag. Das Finanzamt verrechnet die Maßnahmen im Rahmen der Steuererkl­ärung miteinande­r. Dafür müssen die Eltern für jedes Kind die Anlage K ausfüllen. Den Rest macht das Finanzamt. „Dort findet die Günstigerp­rüfung statt“, sagt Isabell Pohlmann. Dabei werde geprüft, ob der Familie das Kindergeld oder die Steuerentl­astung durch den Kinderfrei­betrag und den Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung mehr Entlastung bringt, erläutert sie. Zur Orientieru­ng: In diesem Jahr müssen verheirate­te Eltern zusammen rund 85.000 Euro verdienen, damit der Steuervort­eil größer ist als die Auszahlung des Kindergeld­es. (Beate Kaufmann, dpa)

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Foto: Peter Kneffel, dpa Eltern werden vom Staat in unterschie­dlicher Weise finanziell unterstütz­t.

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