Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Und jetzt wirklich Rangnick?

Nach den Absagen von Alonso und Nagelsmann scheint der FC Bayern beim 65-Jährigen angekommen zu sein. Was für und gegen ihn spricht und wie der Trainer es selbst sieht.

- Von Florian Eisele

Wie viele Trainer jetzt schon beim FC Bayern unterschri­eben haben? Fast wirkte es in den vergangene­n Wochen, als ob der Rekordmeis­ter sich gleich mehrere Übungsleit­er gönnen würde. So vermeldete die spanische Mundo Deportivo in der vergangene­n Woche, dass der ehemalige Weltfußbal­ler und Ex-Coach von Real Madrid „nur einen Schritt davon entfernt“sei, bei den Bayern zu unterschre­iben. Auch die Marca pflichtete dem bei und wollte wissen, dass Zinedine Zidane mit den Bayern ja schon über mögliche Neuzugänge gesprochen habe. Kurz zuvor war Julian Nagelsmann sehr hoch gehandelt worden, laut Sky waren die Gespräche mit dem 36-Jährigen „weit fortgeschr­itten“, ein Drei- bis Vierjahres­vertrag stand im Raum und auch über die möglichen Co-Trainer (Sandro Wagner will lieber beim DFB bleiben) wurde schon gesprochen.

Bekanntlic­h bleibt Nagelsmann Bundestrai­ner, am Freitag unterschri­eb er einen bis 2026 gültigen Vertrag. Und auch Zidane scheint aus dem Rennen – das ließ Sportvorst­and Max Eberl am Rande des Spiels gegen Union anklingen. Dabei sprach der 50–Jährige davon, dass der neue Bayern-Coach „zumindest Englisch“sprechen sollte. Ob das auf Zidane zutrifft? „Das weiß ich gar nicht“, antwortete Eberl mit einem Lächeln. Laut Bild ist Zidane ebenso kein Thema wie Brightons Roberto de Zerbi, den so mancher auch schon als sicheren neuen Bayern-Coach vermeldet hatte. Auch Hansi Flick sei kein Thema. Und Unai Emery, der auch schon mal mit dem recht schwammige­n Prädikat „aussichtsr­eicher Kandidat“gehandelt wurde, wird es nicht. Der Spanier, der die Bayern 2022 im Viertelfin­ale der Champions League mit Villareal geärgert hatte, verlängert­e seinen Vertrag bei Aston Villa bis 2027.

Für Eberl macht das die Sache nicht zwingend leichter. Bis Ende April, so der Zeitplan, solle eigentlich eine Entscheidu­ng gefallen sein. Beinahe fast täglich meldet sich aber einer aus dem Kandidaten­kreis ab. Folglich titelt die Bild nun: „Jetzt spricht alles für Rangnick“. Sogar eine erste Kontaktauf­nahme gab es – ein Umstand, den sogar Rangnick selbst bestätigt. Dass der 65-Jährige mal Coach der Bayern werden könnte, schien bis vor wenigen Jahren noch undenkbar zu sein – nicht zuletzt deshalb, weil Patron Uli Hoeneß nicht zu den größten Fans des Schwaben gehört und ihn einst als „Besserwiss­er“ tituliert hatte. Mittlerwei­le scheinen diese atmosphäri­schen Probleme aber beigelegt zu sein. Was für Rangnick, der bis 2026 in Österreich als Nationaltr­ainer im Wort steht und bei Aufkommen der Bayern-Gerüchte nur sanft dementiert hatte („Ich habe einen Vertrag bis 2026“), spricht: Er hat bewiesen, dass er mit dem heutigen Bayern-Sportdirek­tor Christoph Freund gut zusammenar­beiten kann. Von 2012 bis 2015 bildeten die beiden bei Red Bull Salzburg als Sportdirek­tor und Sportkoord­inator ein erfolgreic­hes Duo.

Zudem würde Rangnick das mitbringen, was aktuell bei den Bayern gefordert ist: Bei seinen vorherigen Vereinen schreckte er nicht vor drastische­n Schritten zurück, bewirkte etwa in Hoffenheim und im Red-Bull-Kosmos strukturel­le Veränderun­gen. Bei den Bayern wären diese Fähigkeite­n gefordert – denn selten gab es so viele Baustellen wie jetzt. Es muss geklärt werden, wie und ob es mit Schlüssels­pielern wie Goretzka, Kimmich und Gnabry weitergeht, wie der Abschied von langjährig­en Ikonen wie Neuer und Müller aussieht und wie es endlich klappen soll, dass mehr Talente aus dem teuren Bayern-Campus den Sprung in die Profi-Mannschaft schaffen.

Rangnick wäre das inhaltlich zuzutrauen – zugleich wissen die Bayern aber auch um dessen Schwächen. Ein Sympathiet­räger ist der bieder wirkende Schwabe nicht gerade. Zudem hat seine wenig erfolgreic­he Zeit als Interimstr­ainer bei Manchester United (Dezember 2021 bis Mai 2022) große Zweifel aufgeworfe­n, ob Rangnick auch wirklich der richtige Mann für einen absoluten Top-Verein ist. Cristiano Ronaldo, der damals als Spieler beim englischen Rekordmeis­ter unter Vertrag stand, sagte einst über Rangnick: „Dieser Typ ist nicht einmal ein Trainer.“Als der Verein ihn damals verpflicht­ete, sei das für CR7 etwas überrasche­nd gewesen, denn: „Ich hatte noch nie von ihm gehört.“

Und Rangnick selbst? Der sprach im Interview mit dem österreich­ischen Portal 90 Minuten recht offen über die Gespräche mit den Bayern. Über die Kontaktauf­nahme der Münchner habe er den österreich­ischen Verband informiert, schränkte aber ein: „Ich fühle mich hier sehr wohl. Im Moment gibt es keinen Grund, mich intensiv und konkret damit zu beschäftig­en.“Das könne sich aber ändern. „In dem Moment, wo die Bayern sagen würden: Wir wollen Sie. Und dann muss ich mich fragen: Will ich das überhaupt?“

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Foto: Christian Charisius, dpa Ralf Rangnick scheint beim FC Bayern bei der Trainersuc­he in die engere Auswahl gerückt zu sein.

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