Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Raffinierte Betrüger: Mann wird verurteilt
Ein Koch aus Augsburg ist in Betrugstaten verstrickt. Die Opfer: zwei Senioren aus dem Bundesgebiet. Im Prozess zeigt sich auch, mit welchem Aufwand die Täter agieren.
In der heutigen digitalisierten Welt haben Betrüger vielfältige Möglichkeiten entwickelt, um ihre Opfer auszutricksen und finanziell zu schädigen. Eine beliebte und leider auch sehr erfolgreiche Betrugsmasche sind Anrufe von falschen Bankmitarbeitern. Die Täter agieren dabei mit beeindruckender Professionalität. Ein Prozess vor dem Augsburger Amtsgericht hat dies einmal mehr deutlich gemacht.
Vor dem Amtsgericht stand ein gelernter Koch aus Augsburg, 37 Jahre alt. Betrug in zwei Fällen mit einem Schaden von 112.000 Euro hatte die Staatsanwältin angeklagt. Es ist die bekannte Masche, auf die ein Senior im Taunus hereingefallen ist. Vor zwei Jahren hatte er einen Anruf erhalten, am Telefon meldete sich seine Bank, das behauptete der Anrufer zumindest, der auch schilderte, auf dem Konto sei ein Trojaner entdeckt worden. Wunschgemäß gab der Kunde seine TAN-Nummer heraus, um so der Bank zu ermöglichen, den Eindringling unschädlich zu machen. Die Täter räumten noch am selben Tag sein Konto leer. 53.000 Euro waren weg.
Der als Zeuge geladene 87-Jährige konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Prozess erscheinen. Wie geschickt Täter agieren, machte dafür ein aus Flensburg angereister Zeuge deutlich. Der frühere Chefarzt berichtete, wie eines Nachmittags vorgeblich seine Bank bei ihm anrief und mitteilte, der Betrag von 44.500 Euro für sein neues Auto werde jetzt abgebucht. Problem nur: Der Arzt hatte gar kein Auto gekauft. Offensichtlich ein Computerfehler, so die Legende. Um den Vorgang sofort stornieren zu können, wurde der Arzt aufgefordert, seinen Computer hochzufahren und seiner Bank über TeamViewer – einer Fernwartung – Zugriff auf sein Online-Bankkonto zu gewähren.
Nachdem der Computerfehler angeblich behoben war, bot der „wirklich sehr nette“falsche Bankmitarbeiter dem 80-Jährigen an, seine Konten bei anderen Banken gleich mit zu überprüfen. Und siehe da, auch hier sollte er etwas bezahlen, was er gar nicht gekauft hatte.
Im Prozess beteuerte der Zeuge, keinen Zweifel gehabt zu haben, mit seiner VR-Bank verbunden zu sein. Wie auch, der Anruf kam unter der bekannten Durchwahlnummer des ihm vertrauten Bankmitarbeiters. Sein Kollege sei erkrankt, stellte sich der Anrufer vor. Der Trick mit einer korrekten Durchwahlnummer funktionierte an diesem Tag noch ein zweites Mal. Der falsche Bankmitarbeiter hatte angekündigt, die Polizei einschalten zu müssen. Tatsächlich meldete sich wenig später telefonisch ein „Kriminalkommissar“, so die Behauptung. Der Anrufer kündigte den Besuch eines Mitarbeiters an, der seinen Computer überprüfen müsse. Als der Mediziner eine Nachfrage hatte und unter der Telefonnummer zurückrief, die das Display seines Telefons anzeigte, flog der Schwindel auf. „Ich war mit der richtigen Polizei verbunden“, schilderte der Zeuge dem Gericht. Und er hat Glück. Obwohl die Täter auch hier 59.600 Euro sofort abgebucht hatten, wird er sein Geld nach Prozessende zurückbekommen. Es liegt gesperrt auf einem Bankkonto des Angeklagten. Ein Beschluss des Amtsgerichts verhinderte, dass es von dort in dunkle Kanäle fließt.
Auch der von Klaus Rödl verteidigte Angeklagte hat Glück. Er wird nicht wegen Betrugs, sondern wegen Geldwäsche schuldig gesprochen. Zweifelsfrei ist der Augsburger nicht der Anrufer gewesen, der sich als Bankmitarbeiter ausgab. Er habe vor zwei Jahren hohe Schulden gehabt, gestand der 37-Jährige ein. Auf das Angebot, das ihm am Telefon ein Fremder macht, sei er daher gerne eingegangen, wissend, wie er zugab, in etwas Kriminelles verwickelt zu werden. Der Augsburger hat den Tätern für 2000 Euro Honorar sein Bankkonto zur Verfügung gestellt.
Der Angeklagte muss trotz mehrerer Vorstrafen, auch wegen Betrugs, nicht ins Gefängnis. Ein Schöffengericht hat ihn zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der 37-Jährige, der wieder als Koch arbeitet, könne somit den Schaden „nach Kräften wiedergutmachen“, heißt es im Urteil von Richterin Silke Knigge.