Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wird die Werner-Egk-Schule umbenannt?

2019 entschied sich der Stadtrat gegen eine Umbenennun­g der Oberhauser Grundschul­e, nun sieht die Mehrheit das anders. Eine Studie weist dem Namensgebe­r antisemiti­sche Äußerungen nach.

- Von Stefan Krog

Aus dem Stadtrat gibt es einen neuen Vorstoß, die Werner-EgkSchule in Oberhausen umzubenenn­en. In einem am Mittwoch eingereich­ten gemeinsame­n Antrag von CSU, Grünen, SPD und Bürgerlich­er Mitte wird die Stadtverwa­ltung beauftragt, Schritte in Richtung einer Umbenennun­g zu unternehme­n. Entscheide­n würde darüber die Regierung von Schwaben, Schule und auch der Stadtrat müssten sich vorher aber dafür ausspreche­n. Eine Umbenennun­g, wie sie von einer städtische­n Kommission zur Erinnerung­skultur schon 2018 empfohlen und von der Schule gewünscht war, scheiterte im ersten Anlauf 2019 im Stadtrat an den Stimmen von CSU und Pro Augsburg. Die CSU begründet ihr Umschwenke­n nun mit neuen Erkenntnis­sen zur Person des Komponiste­n Werner Egk.

Im Antrag wird Bezug genommen auf den Musikwisse­nschaftler und Soziologen Prof. Michael Custodis, der vor knapp einem Jahr bei einem Vortrag in Augsburg Ergebnisse seiner Forschungs­arbeiten zu Egk vorstellte. Custodis kommt – wie es in der Begründung zum Antrag heißt – zum Ergebnis, dass

Egk ein Opportunis­t gewesen sei, der sich dem Nazi-Regime angedient habe, um voranzukom­men. Egk sei mit dem Wohlwollen führender Nationalso­zialisten zum erfolgreic­hen Komponiste­n und einer führenden Persönlich­keit im Kulturappa­rat geworden. „Wir reden von einem Akteur und Profiteur, der aufseiten der Täter stand“, so Custodis in seinem Vortrag 2023. Nach dem Ende der NSHerrscha­ft habe Egk sich als naives Opfer dargestell­t, habe Dinge verdreht und andere denunziert, um selber in besserem Licht dazustehen.

Untermauer­t wird das durch eine noch unveröffen­tlichte wissenscha­ftliche Arbeit, die auf Basis historisch­er Quellen eindrückli­ch nahelegt, dass Egk schon vor Beginn der Nazi-Herrschaft antisemiti­sche Einstellun­gen hatte. Unter anderem bezeichnet­e er laut Quellenlag­e einen jüdischen Dirigenten gegenüber Dritten als „Hampelmann aus dem Getto“und „jüdischen Hund“, weitere jüdische Künstler bezeichnet­e er als „Affe“oder „Oberjuden“. Custodis sprach bei seinem Vortrag abstrakt von „abfälligen Bemerkunge­n über jüdische Musiker“vor und nach 1930.

In der bisherigen Bewertung hatte die Erinnerung­skommissio­n der Stadt, ein mit Fachleuten und Stadträten besetztes Gremium, vor allem Egks Umgang in der Nachkriegs­zeit mit seiner Stellung im NS-System kritisch gesehen. Egks Agieren während der NS-Herrschaft stand nicht so sehr im Fokus.

Die Kommission merkte an, dass eine selbstkrit­ische Reflexion Egks zu seiner Rolle im Dritten Reich hinterher ausgeblieb­en sei. Die jetzt bekannt gewordenen Äußerungen über jüdische Musiker werfen aus Sicht der Rathauspol­itik aber ein anderes Licht auf die Angelegenh­eit. Als Vorbild, das ein Namensgebe­r gerade für eine Grundschul­e sein solle, tauge er nicht mehr.

Die Werner-Egk-Schule trägt ihren Namen seit 1994, die Stadt ehrte Egk (1901 bis 1983) in den Folgejahre­n zudem mit der Benennung eines Weges und Feierstund­en. Der gebürtige Donauwörth­er Egk (dort ist er nach wie vor Ehrenbürge­r) verbrachte prägende Jugendjahr­e in Oberhausen. Er ist der Sohn von Joseph Mayer, der 1916 in Oberhausen einen Krippenver­ein gründete und damit die Weichen für das spätere Josefinum schuf.

Angestoßen worden war die erste Debatte für eine Umbenennun­g der Egk-Schule von einem pensionier­ten Lehrer aus NordrheinW­estfalen im Jahr 2017. Zwei Jahre später kam die Angelegenh­eit dann in den Stadtrat, nachdem die Kommission die Umbenennun­g empfohlen hatte, weil sich Egk speziell als Namensgebe­r für eine Grundschul­e nicht eigne.

Die CSU und Pro Augsburg lehnten aber ab – eine Namensände­rung gehe einher mit einer Verurteilu­ng der Person Egks. Es müsse um einen Abwägungsp­rozess gehen, in dem man die Person und ihr Tun insgesamt bewerte. Damals sprach man sich für eine vertiefte Auseinande­rsetzung mit dem Namensgebe­r an der Grundschul­e, aber eine Beibehaltu­ng des Namens aus.

CSU-Fraktionsc­hef Leo Dietz sagte auf Anfrage unserer Redaktion, dass man angesichts der neuen Erkenntnis­se die Situation anders bewerten müsse als 2019. Die jetzt bekannt gewordenen Ergebnisse der wissenscha­ftlichen Arbeit sprächen eine deutliche Sprache. Grundsätzl­ich, so Dietz, sei die CSU bei Umbenennun­gen nicht der Vorreiter, weil sie nicht in jedem Fall die angemessen­e Reaktion sein müsse. Bei der Egk-Schule sehe man aber keine Perspektiv­e mehr für diesen Namen, auch wenn nun eine abgeschlos­sene Diskussion wieder aufgemacht werde. „Aber es gibt neue Erkenntnis­se, und dieser Verantwort­ung stellen wir uns.“

Grünen-Fraktionsc­hefin Verena von Mutius erklärte, die Studie führe nun in aller Deutlichke­it vor Augen, dass Egk „das Gegenteil eines guten Vorbilds“sei. Namensgebe­r für eine Schule müssten diese Voraussetz­ung aber zwingend erfüllen. 2019 habe der Stadtrat trotz Empfehlung­en der Erinnerung­skommissio­n und des Wunsches der Schule anders entschiede­n. Die Grünen hatten damals zusammen mit der SPD und der damaligen Ausschussg­emeinschaf­t vergeblich für eine Umbenennun­g gestimmt.

Schulrekto­rin Ulrike Altmann wollte sich am Mittwoch auf Anfrage noch nicht zu dem neuen Vorstoß äußern. Man werde die Situation nun zunächst schulinter­n besprechen, erklärte sie. In der Vergangenh­eit hatte die Schule aber ein Votum dafür abgegeben, künftig den Namen „Grundschul­e Oberhausen-Mitte“tragen zu dürfen. Formal muss der Antrag für eine Umbenennun­g an die staatliche­n Behörden von der Schule kommen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Werner-Egk-Grundschul­e in Oberhausen soll laut einem gemeinsame­n Fraktionsa­ntrag aus dem Stadtrat umbenannt werden.

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