Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wird die Werner-Egk-Schule umbenannt?
2019 entschied sich der Stadtrat gegen eine Umbenennung der Oberhauser Grundschule, nun sieht die Mehrheit das anders. Eine Studie weist dem Namensgeber antisemitische Äußerungen nach.
Aus dem Stadtrat gibt es einen neuen Vorstoß, die Werner-EgkSchule in Oberhausen umzubenennen. In einem am Mittwoch eingereichten gemeinsamen Antrag von CSU, Grünen, SPD und Bürgerlicher Mitte wird die Stadtverwaltung beauftragt, Schritte in Richtung einer Umbenennung zu unternehmen. Entscheiden würde darüber die Regierung von Schwaben, Schule und auch der Stadtrat müssten sich vorher aber dafür aussprechen. Eine Umbenennung, wie sie von einer städtischen Kommission zur Erinnerungskultur schon 2018 empfohlen und von der Schule gewünscht war, scheiterte im ersten Anlauf 2019 im Stadtrat an den Stimmen von CSU und Pro Augsburg. Die CSU begründet ihr Umschwenken nun mit neuen Erkenntnissen zur Person des Komponisten Werner Egk.
Im Antrag wird Bezug genommen auf den Musikwissenschaftler und Soziologen Prof. Michael Custodis, der vor knapp einem Jahr bei einem Vortrag in Augsburg Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten zu Egk vorstellte. Custodis kommt – wie es in der Begründung zum Antrag heißt – zum Ergebnis, dass
Egk ein Opportunist gewesen sei, der sich dem Nazi-Regime angedient habe, um voranzukommen. Egk sei mit dem Wohlwollen führender Nationalsozialisten zum erfolgreichen Komponisten und einer führenden Persönlichkeit im Kulturapparat geworden. „Wir reden von einem Akteur und Profiteur, der aufseiten der Täter stand“, so Custodis in seinem Vortrag 2023. Nach dem Ende der NSHerrschaft habe Egk sich als naives Opfer dargestellt, habe Dinge verdreht und andere denunziert, um selber in besserem Licht dazustehen.
Untermauert wird das durch eine noch unveröffentlichte wissenschaftliche Arbeit, die auf Basis historischer Quellen eindrücklich nahelegt, dass Egk schon vor Beginn der Nazi-Herrschaft antisemitische Einstellungen hatte. Unter anderem bezeichnete er laut Quellenlage einen jüdischen Dirigenten gegenüber Dritten als „Hampelmann aus dem Getto“und „jüdischen Hund“, weitere jüdische Künstler bezeichnete er als „Affe“oder „Oberjuden“. Custodis sprach bei seinem Vortrag abstrakt von „abfälligen Bemerkungen über jüdische Musiker“vor und nach 1930.
In der bisherigen Bewertung hatte die Erinnerungskommission der Stadt, ein mit Fachleuten und Stadträten besetztes Gremium, vor allem Egks Umgang in der Nachkriegszeit mit seiner Stellung im NS-System kritisch gesehen. Egks Agieren während der NS-Herrschaft stand nicht so sehr im Fokus.
Die Kommission merkte an, dass eine selbstkritische Reflexion Egks zu seiner Rolle im Dritten Reich hinterher ausgeblieben sei. Die jetzt bekannt gewordenen Äußerungen über jüdische Musiker werfen aus Sicht der Rathauspolitik aber ein anderes Licht auf die Angelegenheit. Als Vorbild, das ein Namensgeber gerade für eine Grundschule sein solle, tauge er nicht mehr.
Die Werner-Egk-Schule trägt ihren Namen seit 1994, die Stadt ehrte Egk (1901 bis 1983) in den Folgejahren zudem mit der Benennung eines Weges und Feierstunden. Der gebürtige Donauwörther Egk (dort ist er nach wie vor Ehrenbürger) verbrachte prägende Jugendjahre in Oberhausen. Er ist der Sohn von Joseph Mayer, der 1916 in Oberhausen einen Krippenverein gründete und damit die Weichen für das spätere Josefinum schuf.
Angestoßen worden war die erste Debatte für eine Umbenennung der Egk-Schule von einem pensionierten Lehrer aus NordrheinWestfalen im Jahr 2017. Zwei Jahre später kam die Angelegenheit dann in den Stadtrat, nachdem die Kommission die Umbenennung empfohlen hatte, weil sich Egk speziell als Namensgeber für eine Grundschule nicht eigne.
Die CSU und Pro Augsburg lehnten aber ab – eine Namensänderung gehe einher mit einer Verurteilung der Person Egks. Es müsse um einen Abwägungsprozess gehen, in dem man die Person und ihr Tun insgesamt bewerte. Damals sprach man sich für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Namensgeber an der Grundschule, aber eine Beibehaltung des Namens aus.
CSU-Fraktionschef Leo Dietz sagte auf Anfrage unserer Redaktion, dass man angesichts der neuen Erkenntnisse die Situation anders bewerten müsse als 2019. Die jetzt bekannt gewordenen Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit sprächen eine deutliche Sprache. Grundsätzlich, so Dietz, sei die CSU bei Umbenennungen nicht der Vorreiter, weil sie nicht in jedem Fall die angemessene Reaktion sein müsse. Bei der Egk-Schule sehe man aber keine Perspektive mehr für diesen Namen, auch wenn nun eine abgeschlossene Diskussion wieder aufgemacht werde. „Aber es gibt neue Erkenntnisse, und dieser Verantwortung stellen wir uns.“
Grünen-Fraktionschefin Verena von Mutius erklärte, die Studie führe nun in aller Deutlichkeit vor Augen, dass Egk „das Gegenteil eines guten Vorbilds“sei. Namensgeber für eine Schule müssten diese Voraussetzung aber zwingend erfüllen. 2019 habe der Stadtrat trotz Empfehlungen der Erinnerungskommission und des Wunsches der Schule anders entschieden. Die Grünen hatten damals zusammen mit der SPD und der damaligen Ausschussgemeinschaft vergeblich für eine Umbenennung gestimmt.
Schulrektorin Ulrike Altmann wollte sich am Mittwoch auf Anfrage noch nicht zu dem neuen Vorstoß äußern. Man werde die Situation nun zunächst schulintern besprechen, erklärte sie. In der Vergangenheit hatte die Schule aber ein Votum dafür abgegeben, künftig den Namen „Grundschule Oberhausen-Mitte“tragen zu dürfen. Formal muss der Antrag für eine Umbenennung an die staatlichen Behörden von der Schule kommen.