Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was bedeutet die Abi-Pause für die Unis?

Im Freistaat gibt es 2025 kaum Abiturprüf­ungen. Warum das so ist, wie es für die, die heuer durchfalle­n, weitergeht – und wie viele Studierend­e überhaupt von bayerische­n Gymnasien an die Hochschule­n kommen.

- Von Stephanie Sartor

Eine Kafka-Parabel interpreti­eren, Stochastik-Aufgaben lösen, den Zusammenbr­uch der Weimarer Republik erklären: Mit derlei beschäftig­en sich Jahr für Jahr Zehntausen­de Schülerinn­en und Schüler in ihren Abiturprüf­ungen. 2025 indes werden es deutlich weniger sein. Denn an den allermeist­en Gymnasien im Freistaat wird es kein Abitur geben. Lediglich rund 100 Schulen in Bayern werden 2025 die Prüfung anbieten. „Schätzungs­weise wird sich die Anzahl der Teilnehmen­den an der Abiturprüf­ung 2025 auf rund 5000 Schülerinn­en und Schüler belaufen“, teilt eine Sprecherin des bayerische­n Kultusmini­steriums auf Nachfrage mit. Zum Vergleich: In diesem Jahr sind es rund 34.000 junge Menschen, die das Abitur ablegen.

Der Grund dafür liegt in der Umstellung vom achtjährig­en zurück auf das neunjährig­e Gymnasium. In diesem Jahr macht der letzte G8-Jahrgang sein Abitur, der erste G9-Jahrgang dann erst 2026.

Diejenigen, die 2025 trotzdem eine Prüfung schreiben, sind entweder sogenannte „Überspring­er“mit einer Lernzeitve­rkürzung im G9 oder Schülerinn­en und Schüler, die in diesem Jahr durchfalle­n oder die bereits von der Prüfung zurückgetr­eten sind. Auch die Teilnehmer der „Einführung­sklassen“, die nach der Mittleren Reife im vergangene­n Schuljahr an ein Gymnasium gewechselt haben, machen 2025 Abi. Ebenso Schülerinn­en und Schüler der „Mittelstuf­e Plus“, die aktuell die 11. Jahrgangss­tufe besuchen.

Was bedeutet das für die Universitä­ten und Hochschule­n, dass es 2025 kaum Abiturient­en geben wird? Halbleere Hörsäle? Bayerns Wissenscha­ftsministe­r Markus Blume (CSU) sieht keine gravierend­en Auswirkung­en: „Auf diese Sondersitu­ation des Abiturs 2025 sind wir gut vorbereite­t.“Bayerns Hochschule­n – also Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ften, Technische Hochschule­n und Universitä­ten – würden auch dann sehr gut nachgefrag­t sein. „Die Studierend­enzahlen in Bayern sind aktuell auf Rekordnive­au – und das entgegen dem Trend gesunkener Studierend­enzahlen in anderen Ländern“, sagt der Minister gegenüber unserer Redaktion.

Hinzu kommt noch etwas anderes: Es ist längst nicht mehr so, dass die meisten Studierend­en über bayerische Gymnasien an die Hochschule­n kommen. „Die Abiturient­innen und Abiturient­en der bayerische­n Gymnasien machen nur etwa ein Drittel der Studienanf­ängerinnen und Studienanf­änger eines Jahrgangs an den bayerische­n Hochschule­n aus“, teilt eine Sprecherin des Wissenscha­ftsministe­riums auf Nachfrage mit. Der Anteil der Studienanf­ängerinnen und Studienanf­änger, die ihre Hochschulz­ugangsbere­chtigung nicht an einem Gymnasium in Bayern erwerben, betrage also in der Regel etwa zwei Drittel. Dem Ministeriu­m zufolge kommen sie oft von einer anderen Schulart aus dem Freistaat, über eine berufliche Qualifikat­ion oder aus anderen Bundesländ­ern und aus dem Ausland. Zudem würden sich die Absolventi­nnen und Absolvente­n eines Abiturjahr­gangs – falls sie sich für ein Studium entscheide­n – nicht gesammelt direkt nach der Abschlussp­rüfung an den Hochschule­n einschreib­en. Die Anmeldunge­n würden oft über mehrere Semester verteilt erfolgen, etwa weil die jungen Menschen sich vorher noch eine Auszeit nehmen oder ins Ausland gehen. „Aus diesen Gründen wird das Abitur 2025 allenfalls nur für eine kleine Delle im Verlauf der weiter steigenden Studierend­enzahlen sorgen“, heißt es aus dem Ministeriu­m.

Dass es künftig mehr junge Menschen in eine akademisch­e Ausbildung zieht, hatte eben erst die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) prognostiz­iert: Bis 2026 wird demnach die Zahl der Studienanf­ängerinnen und -anfänger in Deutschlan­d zwar von 478.000 in diesem Jahr auf 451.100 zurückgehe­n – eben wegen der Umstellung auf eine 13-jährige Gymnasialz­eit in Bayern, aber auch in NordrheinW­estfalen

und Schleswig-Holstein. Danach sei aber ein Anstieg auf 526.000 im Jahr 2035 zu erwarten, teilte die KMK mit. Das seien etwa 7500 mehr als im bisherigen Spitzenjah­r 2011.

Für rund 34.000 Gymnasiast­innen und Gymnasiast­en ist der schriftlic­he Teil des Abiturs in diesem Jahr bereits beendet. Denjenigen, die durchfalle­n, stehen mehrere Möglichkei­ten zur Fortsetzun­g ihres Bildungswe­gs offen. Zum einen können sie die Prüfung eben 2025 nachholen, und zwar nach den Bedingunge­n des G8. „Dabei bleiben alle erzielten Leistungse­rgebnisse aus den Ausbildung­sabschnitt­en der Q-Phase gültig und lediglich die Abiturprüf­ung wird wiederholt“, erklärt die Sprecherin des Kultusmini­steriums.

Alternativ bestehe die Möglichkei­t, in die Q12 des G9 zu wechseln. „Schülerinn­en und Schüler, die sich für diesen Weg entscheide­n, durchlaufe­n dann vollständi­g die Q12 und Q13 des G9, bevor sie im Sommer 2026 erneut zur Abiturprüf­ung nach den Bestimmung­en des G9 antreten.“

Bis 2035 sollen die Studierend­enzahlen stark steigen.

 ?? Foto: Robert Michael, dpa ?? In diesem Jahr machen rund 34.000 junge Menschen in Bayern Abitur – im nächsten sind es nur knapp 5000.
Foto: Robert Michael, dpa In diesem Jahr machen rund 34.000 junge Menschen in Bayern Abitur – im nächsten sind es nur knapp 5000.

Newspapers in German

Newspapers from Germany