Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was bedeutet die Abi-Pause für die Unis?
Im Freistaat gibt es 2025 kaum Abiturprüfungen. Warum das so ist, wie es für die, die heuer durchfallen, weitergeht – und wie viele Studierende überhaupt von bayerischen Gymnasien an die Hochschulen kommen.
Eine Kafka-Parabel interpretieren, Stochastik-Aufgaben lösen, den Zusammenbruch der Weimarer Republik erklären: Mit derlei beschäftigen sich Jahr für Jahr Zehntausende Schülerinnen und Schüler in ihren Abiturprüfungen. 2025 indes werden es deutlich weniger sein. Denn an den allermeisten Gymnasien im Freistaat wird es kein Abitur geben. Lediglich rund 100 Schulen in Bayern werden 2025 die Prüfung anbieten. „Schätzungsweise wird sich die Anzahl der Teilnehmenden an der Abiturprüfung 2025 auf rund 5000 Schülerinnen und Schüler belaufen“, teilt eine Sprecherin des bayerischen Kultusministeriums auf Nachfrage mit. Zum Vergleich: In diesem Jahr sind es rund 34.000 junge Menschen, die das Abitur ablegen.
Der Grund dafür liegt in der Umstellung vom achtjährigen zurück auf das neunjährige Gymnasium. In diesem Jahr macht der letzte G8-Jahrgang sein Abitur, der erste G9-Jahrgang dann erst 2026.
Diejenigen, die 2025 trotzdem eine Prüfung schreiben, sind entweder sogenannte „Überspringer“mit einer Lernzeitverkürzung im G9 oder Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr durchfallen oder die bereits von der Prüfung zurückgetreten sind. Auch die Teilnehmer der „Einführungsklassen“, die nach der Mittleren Reife im vergangenen Schuljahr an ein Gymnasium gewechselt haben, machen 2025 Abi. Ebenso Schülerinnen und Schüler der „Mittelstufe Plus“, die aktuell die 11. Jahrgangsstufe besuchen.
Was bedeutet das für die Universitäten und Hochschulen, dass es 2025 kaum Abiturienten geben wird? Halbleere Hörsäle? Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) sieht keine gravierenden Auswirkungen: „Auf diese Sondersituation des Abiturs 2025 sind wir gut vorbereitet.“Bayerns Hochschulen – also Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Technische Hochschulen und Universitäten – würden auch dann sehr gut nachgefragt sein. „Die Studierendenzahlen in Bayern sind aktuell auf Rekordniveau – und das entgegen dem Trend gesunkener Studierendenzahlen in anderen Ländern“, sagt der Minister gegenüber unserer Redaktion.
Hinzu kommt noch etwas anderes: Es ist längst nicht mehr so, dass die meisten Studierenden über bayerische Gymnasien an die Hochschulen kommen. „Die Abiturientinnen und Abiturienten der bayerischen Gymnasien machen nur etwa ein Drittel der Studienanfängerinnen und Studienanfänger eines Jahrgangs an den bayerischen Hochschulen aus“, teilt eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums auf Nachfrage mit. Der Anteil der Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nicht an einem Gymnasium in Bayern erwerben, betrage also in der Regel etwa zwei Drittel. Dem Ministerium zufolge kommen sie oft von einer anderen Schulart aus dem Freistaat, über eine berufliche Qualifikation oder aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland. Zudem würden sich die Absolventinnen und Absolventen eines Abiturjahrgangs – falls sie sich für ein Studium entscheiden – nicht gesammelt direkt nach der Abschlussprüfung an den Hochschulen einschreiben. Die Anmeldungen würden oft über mehrere Semester verteilt erfolgen, etwa weil die jungen Menschen sich vorher noch eine Auszeit nehmen oder ins Ausland gehen. „Aus diesen Gründen wird das Abitur 2025 allenfalls nur für eine kleine Delle im Verlauf der weiter steigenden Studierendenzahlen sorgen“, heißt es aus dem Ministerium.
Dass es künftig mehr junge Menschen in eine akademische Ausbildung zieht, hatte eben erst die Kultusministerkonferenz (KMK) prognostiziert: Bis 2026 wird demnach die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger in Deutschland zwar von 478.000 in diesem Jahr auf 451.100 zurückgehen – eben wegen der Umstellung auf eine 13-jährige Gymnasialzeit in Bayern, aber auch in NordrheinWestfalen
und Schleswig-Holstein. Danach sei aber ein Anstieg auf 526.000 im Jahr 2035 zu erwarten, teilte die KMK mit. Das seien etwa 7500 mehr als im bisherigen Spitzenjahr 2011.
Für rund 34.000 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ist der schriftliche Teil des Abiturs in diesem Jahr bereits beendet. Denjenigen, die durchfallen, stehen mehrere Möglichkeiten zur Fortsetzung ihres Bildungswegs offen. Zum einen können sie die Prüfung eben 2025 nachholen, und zwar nach den Bedingungen des G8. „Dabei bleiben alle erzielten Leistungsergebnisse aus den Ausbildungsabschnitten der Q-Phase gültig und lediglich die Abiturprüfung wird wiederholt“, erklärt die Sprecherin des Kultusministeriums.
Alternativ bestehe die Möglichkeit, in die Q12 des G9 zu wechseln. „Schülerinnen und Schüler, die sich für diesen Weg entscheiden, durchlaufen dann vollständig die Q12 und Q13 des G9, bevor sie im Sommer 2026 erneut zur Abiturprüfung nach den Bestimmungen des G9 antreten.“
Bis 2035 sollen die Studierendenzahlen stark steigen.