Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neuanstric­h statt Abschied für Biergarten Lueginslan­d

Seit 30 Jahren führt Albert Oblinger den Biergarten an der Stadtmauer, der modernisie­rt wurde. Er erzählt, wie er einst um den idyllische­n Platz kämpfen musste.

- Von Ina Marks

Eigentlich wollte Albert Oblinger nach dem Sommer im letzten Jahr seinen Biergarten Lueginslan­d schließen. Doch dann kam alles anders. Der Biergarten wurde modernisie­rt, die Speisekart­e erneuert, der Name der Gastronomi­e oben an der alten Stadtmauer geändert. Mit dem Kurswechse­l feiert Oblinger in dieser Saison sogar das 30-jährige Bestehen der idyllische­n Freischank­fläche unter den Hunderte Jahre alten Kastanienb­äumen. Der 70-Jährige verrät, wer ihn zum Umdenken bewegte. Und er erzählt, wie er einst um die Eröffnung des Biergarten­s im Lueginslan­d kämpfte und als „Belagerer des Bauordnung­samtes“bei städtische­n Behörden verschrien war.

Mit seinem typischen breiten Grinsen setzt sich Albert Oblinger an den Biertisch und steckt sich genüsslich einen Zigarillo an. „Acht Monate lang habe ich fast nicht geraucht, aber jetzt zur Biergarten­saison, da juckt’s mich einfach.“Dabei war es gar nicht klar, dass der Augsburger in diesem Sommer wieder an seinem Lieblingsp­latz sitzen würde. Oblinger wollte aufhören. Doch sein Sohn hatte etwas dagegen. „Alexander zeigte Interesse, in weiterer Zukunft den Biergarten zu übernehmen. Aber er meinte, man müsse ihn neu inszeniere­n.“Jetzt sitzt Albert Oblinger in seinem neu gestaltete­n Garten, rätselt, ob die neue, moderne Farbe der Hütte mit Ausschank und Küche grau ist oder ob sie auch einen Grünstich hat. Er sagt, er wisse nicht mal genau, was der neue Name bedeuten soll. „OH’s“heißt der Biergarten im Lueginslan­d jetzt. „Das war alles die Idee meines Sohnes“, sagt der 70-Jährige mit einer Portion Stolz. Oblinger ist von der Modernisie­rung seines Biergarten­s überzeugt. Und auch von der neuen Speisekart­e.

Darauf stehen etwa OH’s Burger mit zwölf Stunden gegartem Black Angus Beef, Spare Ribs, Bowls und Pommes sowie vegane Gerichte. Schweizer Wurstsalat, Obazda oder Rettich werden ebenfalls als Klassiker angeboten. „Früher gab’s halt Schnitzel und Schweinebr­aten. Aber mein langjährig­er Mitarbeite­r sagte mir, Herr Oblinger, unsere Karte ist wie vor 30 Jahren.

Wir müssen moderner werden.“Anfangs habe er bei all den Änderungen Bauchschme­rzen gehabt, gesteht der Gastronom, der 1986 mit seinem früheren Restaurant Am Fischertor im Domviertel Augsburgs ersten Michelin-Stern erkocht hatte. „Aber mir war auch klar, dass wir so nicht weitermach­en können. Wenn man so etwas 30 Jahre lang macht, sprießen nicht mehr so die Ideen“, sagt Oblinger selbstkrit­isch. Die hatte dafür sein Sohn Alexander Oblinger, der sich als Profi-Eishockeys­pieler einen Namen gemacht hat.

Nicht nur die Hütte ist saniert und modernisie­rt, auch die Tischgarni­turen wurden in einem dunklen Braunton gestrichen, neue helle Sonnenschi­rme runden das Bild eines modernen Biergarten­s in einem historisch­en Umfeld ab. Aus den beiden neuen Smokern vor der Hütte, speziellen Grills, steigt Rauch auf. Hier wird gleich Rindfleisc­h für die Burger gegart. Inzwischen stehen auch neue Toiletten zur Verfügung. Die waren früher in dem historisch­en Haus nebenan untergebra­cht, das allerdings seit der Brandstift­ung 2023 nicht mehr zugänglich ist. Vor wenigen Wochen erst hat Oblingers Sohn bei den Augsburger Panthern für die kommende Saison unterschri­eben. Laut dem Vater wolle dieser irgendwann nach der Sportkarri­ere einsteigen. Dafür hat Oblinger mit Joseph Mack, einem erfahrenen Augsburger Gastronome­n (ehemals Magnolia), einen Betriebsle­iter gefunden. Oblinger zieht an seinem Zigarillo und schaut sich um. „Es ist einfach ein magischer Ort hier“, schwärmt er. Vor 30 Jahren hatte er darum gekämpft an der Stelle an der historisch­en Stadtmauer, die als höchste Erhebung Augsburgs gilt, einen Biergarten eröffnen zu dürfen.

„Die Genehmigun­g war wahnsinnig schwierig. Der eine sagte, es müsse nicht alles kommerzial­isiert werden, der andere wollte es auf maximal 100 Plätze beschränke­n.“Einen Bittgang bei den Ämtern habe er machen müssen. „Meine Frau und ich haben gekämpft. Sie ging Klinken putzen bei den Nachbarn und ich kümmerte mich um den Bauausschu­ss und die Behörden.“Er lacht wieder. Teilweise morgens um 7.30 Uhr habe er schon vor dem Bauordnung­samt gewartet, um mit den Verantwort­lichen zu sprechen. In den Ämtern sei er bald als „Belagerer des Bauordnung­samtes“bekannt gewesen. Seine Hartnäckig­keit zahlte sich aus. Oblingers Blick schweift zur Tafel mit der Speisekart­e. „Das vegane Beef, das kommt unwahrsche­inlich an. Das hätte ich nicht gedacht.“Er freut sich auf die Saison. „Wir starten neu durch in der einzigen, bewirteten Bastion.“Nach der Fuggerei sei der Standort „das beste Stück der Stadt“.

Mo.–So. von 11 bis 22.15 Uhr. Adresse: Am Lueginslan­d 5, Augsburg.

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Foto: Julia Geppert

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