Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Verwilderte Spielplätze und kahle Straßenränder
Eine Leserin fragt sich, warum Mähgeräte die bunte Blütenpracht abmähen. Einem anderen Leser missfällt der überwucherte Spielplatz. Experten erklären die Mäh-Regeln.
Königsbrunn/Diedorf Die meisten Leserinnen und Leser erinnern sich an das Volksbegehren „Rettet die Bienen“im Jahr 2019. Viele haben für die Bienen gestimmt. Dafür gibt es Gründe: von Artenschutz über leckeren Honig. Außerdem sind die samtig behaarten Insekten mit den Pollenpäckchen an den Hinterbeinen faszinierend, wenn sie nicht gerade stechen. Nur was brauchen Bienen?
Bienen mögen bunte Blumenwiesen, voll mit weißem Wiesenschaumkraut, lila Lichtnelken und blauen Glockenblumen. Manche finden das gut, andere weniger. Experten aus dem Landkreis Augsburg erklären, wie sie bei der Pflege und dem Schnitt der Blühwiesen vorgehen.
Tatort Diedorf, Ortsteil Lettenbach. Ein Leser schickte Fotos von Spielplätzen mit kniehohen Bewuchs. Kein sicherer Ort für tobende Kinder urteilte er. Abgesehen von drohenden Bienen- und Zeckenstichen sei das Fußballspielen auf so einem Untergrund nicht möglich. Die Redaktion hat in Diedorf nachgefragt.
Anna Röder von der Marktgemeinde Diedorf ist zuständig für Umweltthemen und erklärt: „Im April geht es bei uns die Mahd los. Hauptsaison ist im Mai und Juni sowie September und Oktober.“Wann die Mähsaison starte, hänge vom Wetter ab. Ist es lange kalt, wachsen die Pflanzen langsamer. Bei reichlich Sonne und Regen schießen die Gräser in die Höhe. Nur warum sieht der Spielplatz in Lettenbach dann so aus?
Röder erklärt: Früher hätten die Diedorfer Bauhofmitarbeiter alle neun Ortsteile nacheinander abgeklappert und dort kurzen Prozess mit allen Wiesen gemacht. Heutzutage tingeln die Bauhofmitarbeiter hin und her zwischen den Ortsteilen und mähen dabei beispielsweise alle Straßenränder und erst später die Spielplätze.
Wobei Röder anmerkt, dass die Spielwiesen auf der Agenda ganz oben stehen: Rund fünf bis zehn Mal im Jahr kommen sie unters Mähmesser. Große, wenig genutzte Wiesen stehen nur dreimal im Jahr auf dem Mäh-Kalender. Warum aber diese Neuerungen? „Wir setzen damit Auflagen des bayerischen Umweltamts um“, sagt Röder. Der Vorteil: Irgendwo blüht es immer und Bienen finden Unterschlupf. Übrigens: Die Spielplätze in Lettenbach sind mittlerweile wieder wunderbar bespielbar.
Einer Leserin aus dem südlichen Landkreis ist genau das Gegenteil aufgefallen: An vielen Orten seien die blühenden Wiesen schon abgemäht.
Die Königsbrunner Pressereferentin
Anke Maresch bezieht Stellung dazu: Davon, dass alles abgemäht werde, könne keine Rede sein, sagt Maresch. Nach Möglichkeit versuchten die Königsbrunner Bauhofmitarbeiter zeitlich versetzt zu mähen, „um Rückzugsorte für Insekten zu erhalten“. Deswegen schneiden die Bauhofmitarbeiter im Mai zuerst die Blühstreifen an Straßen zurück. Schließlich geht es ums sichere Ankommen, nicht nur um einen Bienenstich. Ein paar Margeriten dürfen bisweilen in Inseln stehen bleiben.
Etwas später kommen die Blühwiesen in den Parkanlagen wie dem Rosenpark oder dem Sportund Freizeitpark West an die Reihe. Zweimal jährlich brauchen auch sie eine Mahd, denn Gräser wachsen schneller als Blüten. Durch die Mahd dringt wieder mehr Licht zu den kleineren Blumen vor. Und was gehört zur Pflege noch dazu, außer dem Schnitt? Die Bauhofmitarbeiter transportieren das Schnittgut weg, damit die Böden mager und für viele Blüten attraktiv bleiben. Außerdem gibt es südlich von Königsbrunn neu angelegte Blühflächen.
Teresa Bitsch vom Landratsamt ergänzt, warum es wichtig ist, die Blühwiesen zu mähen. Beispielsweise sorgt ein zu dichter Bewuchs dafür, dass das Wasser bei starken Regenfällen nicht gut abfließt. Zudem knicken hohe Gräser bei Regen auf die Fahrbahn und verengen diese, sodass Autos bei einer Panne kaum Platz haben. Für Radfahrer interessant: Mit der Zeit wachsen giftige Pflanzen wie Riesenbärenklau oder die Herkuleskeule an den Wegrändern. Die lösen bei bloßer Berührung scheußliche Hautausschläge aus. Zu Mähen habe also seine Berechtigung.
Trotzdem hat sich viel geändert in den vergangenen Jahren: Die Kreisbauhöfe mähen insgesamt seltener und verwenden laut Bitsch einen spezielles Biomähwerk. Die Schnitthöhe beträgt rund zwölf Zentimeter Höhe, während konventionelle Rasenmäher nur die Hälfte stehen lassen. Ein Rechen über dem Mähwerk schreckt die Insekten auf, damit sie rechtzeitig fliehen können. Und so gibt es mehr Blüten, Insekten und Natur, auch wenn es manchmal beim Fußballspielen stört. Idealerweise laut Blühkompass des Umweltamtes mit Sand und Baumstämmen, damit auch Erdhummeln und Käfer auf ihre Kosten kommen.