Augsburger Allgemeine (Land West)
Nur das Beste für Pferd und Reiter
Sport Ob Versicherung, Laufband oder Föhn: In Augsburg finden Interessierte auf der Messe Americana derzeit alles rund um ihr Hobby. Das kann richtig teuer werden
Augsburg Der Wilde Westen ist in Augsburg angekommen: Mit der „Americana“findet dort noch bis Sonntag die größte Western-Messe Europas statt. Wer dabei an abgewetzte Cowboystiefel und ausgebeulte Jeans denkt, irrt. In den Messehallen funkeln Taschen mit Pailletten und glitzern T-Shirts mit aufwendigem Druck. Es riecht nach teurem Leder, zwischendurch weht ein Hauch Pferdegeruch durch die Gänge.
Die Besucher strömen durch die Hallen, bleiben zwischenzeitlich stehen und fühlen an einem Stoff oder prüfen einen Hufkratzer. Maren Klopfer und Katrin Junghans klettern in eines der Pferdetransporter-Modelle, die in den Hallen ausgestellt sind. „Unser Transporter ist schon alt, irgendwann muss ein neuer her. Da informiert man sich bei der großen Auswahl hier gerne“, sagt Junghans. Die beiden Frauen sind aus Esslingen gekommen, um für ihre Pferde einzukaufen. Verschiedene Zügel und Geschicklichkeitsartikel haben sie schon. „Und wir haben Kontakt zu einem der Verkäufer geknüpft, weil wir einen gebrauchten Sattel suchen“, erzählt Klopfer. Auch das funktioniert auf der Westernmesse.
Spezielle Verkaufs-Veranstaltungen zum Thema Pferd und Reiter lohnen sich: In Deutschland reiten 1,6 Millionen Menschen, etwa 100 000 davon sind auf Westernreiten spezialisiert, wie der Bundesverband der Deutschen Reiterlichen Vereinigung mitteilt. Außerdem würden demnach weitere 870000 Menschen gerne reiten – ein wachsender Wirtschaftszweig.
Über fehlenden Andrang können sich die Messe-Veranstalter nicht beschweren. Sie rechnen in diesem Jahr mit rund 50000 Besuchern. Und die kommen von überall her: neben Deutschland aus Österreich und Italien, vermehrt gesellen sich Skandinavier dazu und auf den Gängen hört man auch französische oder spanische Sätze. Wie die Besucher reisen auch viele Aussteller von weit her an.
Stefano Cruciani hat ein Geschäft in Florenz. Er ist auf der Americana mit dem Stand „The Best of the West“auf Kleidung, Taschen und Accessoires rund um den Westernstil spezialisiert. Die Waren werden in Texas und Mexiko gefertigt, sagt der Inhaber. Seine Verkäuferin Melli Boche erzählt, dass bunte T-Shirts und Taschen am meisten gefragt sind. „Bei uns kaufen viele ein, die nicht reiten, sondern einfach den Stil mögen“, sagt sie.
Auch „Le Selle Italiane“, ein Stand mit luxuriösen Sätteln und Taschen, vertreibt italienische Ware. Die Sättel sind handgemacht, mit detaillierten Verzierungen ver- sehen und können vom Kunden individuell bestellt werden. Das hat auch seinen Preis: 2000 bis 8000 Euro kostet ein Sattel, sagt Inhaberin Guendalina Trevisan. Die zwei Besucherinnen Sonja Muth und Britta Gretler haben ihre Aufmerksamkeit eher auf die Taschen gelenkt. „Wir haben zwar Pferde, aber die haben alles, was sie brauchen“, sagt Muth. Die Frauen aus Wangen im Allgäu kommen nur zu einem Zweck auf die Americana: „Wir gehen shoppen“, sagt Gretler und lacht. „Die Auswahl findet man in den Reitgeschäften nicht.“Und wie als Beweis kauft eine der beiden eine Ledertasche für 310 Euro.
Auch andere Besucher geben großzügig ihr Geld aus. „Die Americana ist für uns die umsatzstärkste Messe“, bestätigt Nicole Gomeier. Ihr Unternehmen beschäftigt 17 Mitarbeiter am Stand in Augsburg. Von ihnen ist beinahe jeder in einem Verkaufsgespräch. Das ist nicht ungewöhnlich. In Deutschland werden 1,2 Millionen Pferde gehalten. Im Jahr 2014 haben die Besitzer rund fünf Milliarden Euro für ihre Tiere ausgegeben. Wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung sagt, sorgen drei bis vier Pferde für einen Arbeitsplatz und insgesamt 10 000 Firmen leben vom Pferdegeschäft.
Der wachsende Markt und seine Möglichkeiten sprechen sich rum. Unter den Waren sind auch einige zu finden, die man nicht automatisch mit dem Pferd in Verbindung bringt. Es gibt Staubsauger, Schmuck für die Besitzer oder Shampoo fürs Pferd. Im Kommen sind auch natürliche Pflegemittel, wie Zeckenspray, oder Vitamine ohne chemische Zusätze. „Die Pferdeliebhaber möchten zumindest denselben Standard für ihr Tier wie für sich selber“, sagt Melanie Schöllkopf von der Firma Cd Vet.
Wenn die Nahrung gesichert und noch Geld übrig geblieben ist, warten auf der Americana weitere mögliche Investitionen: zum Beispiel Versicherungen fürs Pferd, ein Laufband oder ein Föhn, der als schwebender Umhang zum gleichmäßigen Trocknen konstruiert ist.