Augsburger Allgemeine (Land West)
Niedergeschlagene Niederländer
EM-Qualifikation Das Oranje-Team droht die Endrunde nach dem 0:1 gegen Island zu verpassen. Im Spiel gegen die Türkei fällt Robben aus. Auch der FC Bayern muss auf ihn verzichten
Amsterdam Es ist eine Mischung aus ungläubigem Staunen und höhnischer Wut. Nach der 0:1-Heimniederlage gegen Island droht die niederländische Nationalmannschaft die EM 2016 in Frankreich zu verpassen. Schon im Hinspiel hatten die Männer aus dem nur 330 000 Einwohner zählenden Island das Oranje-Team mit 2:0 gnadenlos abgewatscht. Der damalige Nationaltrainer Guus Hiddink musste nach nicht einmal einem Jahr im Amt den Platz für Danny Blind räumen. Dessen Debüt als Bondscoach gegen die Isländer geriet am Donnerstagabend zum Debakel. Die Zeitung Volkskrant urteilte ungnädig: „Hirnlos, einfältig, unprofessionell.“Für die Niederländer war das Spiel in Amsterdam das erste seit 52 Jahren, das sie bei einer EM-Qualifikation daheim verloren.
Sie können nun nur noch darauf hoffen, sich über die Play-offs doch noch zu qualifizieren. „Die ersten zwei Plätze sind weg. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir wenigstens noch die Play-off-Spiele erreichen“, sagte auch Trainer Danny Blind. Dazu müsste sein Team aber nach den Isländern und Tschechen den dritten Platz in der Gruppe A verteidigen. Derzeit haben sie neun Punkte, nur einen mehr als die Türkei, die gegen Lettland in der 90. Minute den Ausgleich hinnehmen musste.
Noch am Freitag machte sich das Oranje-Team auf nach Konya: In Anatolien wird am Sonntag gegen die Türkei eine Vorentscheidung darüber fallen, ob die Niederlande erstmals seit 1984 bei einer EM fehlen. Dass sich Kapitän Arjen Robben in der 25. Minute an die Leiste griff und in Konya nicht auflaufen wird, verschlechtert Stimmung und Chancen weiter. „Nach unserem Vereinsfußball, der durch Europa stolpert, ist auch die Nationalmann- schaft in eine tiefe Krise geraten“, meinte die Volkskrant.
Aber nicht nur die Niederlande muss auf Robben verzichten. Auch der FC Bayern. Denn der Mittelfeldspieler muss wegen einer Muskelverletzung im Bereich der linken Adduktoren vorerst vier Wochen pausieren und fehlt dem deutschen Fußball-Rekordmeister damit auch in den beiden ersten Gruppenspielen der Champions League. Dies habe eine Untersuchung am Freitag ergeben, teilte der Verein mit.
Während die Niederländer niedergeschlagen sind, staunen die Isländer über den Höhenflug ihres Teams. Selbst dem Regierungschef fehlten schlichtweg die Worte.
Die erste EM-Teilnahme scheint nur noch eine Formsache. „Jetzt bin ich sprachlos“, schrieb Sigmundur Davíd Gunnlaugsson begeistert bei Facebook.
Am Sonntag können seine kickenden Landsleute den Triumph mit dem Gewinn des Tickets für die EM-Endrunde mit einem Sieg gegen den Tabellenletzten Kasachstan perfekt machen. „Wir müssen ruhigbleiben und den Job zu Ende bringen“, mahnte der ehemalige Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson.
Er war es, der in der 51. Minute mit einem verwandelten Foulelfmeter den sechsten Sieg der Isländer im siebten EM-Qualifikationsspiel perfekt gemacht hatte. „Als ich zum Ball gegangen bin, um den Strafstoß zu schießen, war mein erster Gedan- ke: Nicht vorbeischießen! Das war das erste Mal, dass ich vor einem Elfmeter nervös war“, gab der Profi von Swansea City zu. Schon bei der Ausscheidung für die WM 2014 in Brasilien hatte sich abgezeichnet, dass mit den Isländern zu rechnen ist. Damals war die Mannschaft erst in den Play-offs an Kroatien gescheitert.
Der Vertrag mit dem schwedischen Trainer Lars Lagerbäck war dennoch verlängert worden – bis zum Abschluss der EM im kommenden Jahr.
Danach wird sein Assistent Heimir Hallgrímsson den Posten als Chefcoach übernehmen – womöglich nach der ersten EM-Teilnahme des Landes.
„Nach unserem Vereinsfußball, der durch Europa stolpert, ist auch die Nationalmannschaft in eine tiefe Krise geraten.“
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