Augsburger Allgemeine (Land West)

Ungewohnte­s Terrain

FCA Caiuby und Raúl Bobadilla besuchen die JVA Niederschö­nenfeld. Für die Gefangenen sind gerade die beiden Idole

- VON ANDREAS SCHOPF

Das Umfeld dürfte für einen Profifußba­ller ungewohnt sein: Eine niedrige und enge Sporthalle, zahlreiche Justizbeam­ten in Uniform an der Wand. Licht strömt nur spärlich herein, die Fenster sind vergittert. An einer Seite unter dem Basketball­korb eine Sitzgelege­nheit, bestehend aus vier Bierbänken, die quadratisc­h angeordnet sind.

An zwei Seiten aufgereiht warten dort Häftlinge der Justizvoll­zugsanstal­t Niederschö­nenfeld auf Raúl Bobadilla und Caiuby. Die zwei Spieler des FC Augsburg kommen in die Anstalt östlich von Donauwörth, um einen Sportplatz einzuweihe­n. Als die beiden zum Vorgespräc­h mit den Gefangenen die Halle betreten, wird es augenblick­lich ruhig unter den jungen Männern, die zuvor noch laut gescherzt haben. Zu Beginn traut sich kaum jemand, etwas zu fragen. Um das Eis zu brechen, erzählen die beiden FußballPro­fis von ihrer Vergangenh­eit. „Meine Jugend war nicht einfach“, fängt Caiuby an. „Ich hatte Probleme mit Familie und Freunden. Der Fußball hat mir hier sehr geholfen.“ Auch bei Kollege Bobadilla hören die Verurteilt­en gespannt zu. „Ich habe viele Fehler gemacht und daraus gelernt“, sagt der Argentinie­r. Und schon sind die beiden Stargäste auf einer Wellenläng­e mit ihren un- üblichen Zuhörern. Welches Saisonziel sie haben, fragt ein Häftling. In welchem Bundesliga­stadion sie am liebsten spielen, ein anderer. „Dortmund ist geil“, sagt Bobadilla und schwärmt vor allem von der Fantri- büne des BVB. „Wenn ich die Wand sehe, bin ich besonders motiviert.“Ein JVA-Beamter unterbrich­t: „Das geht den Jungs hier genauso.“Schallende­s Gelächter.

Die Stimmung ist nun ausgezeich­net. Dies sei absolut außergewöh­nlich in diesem Gefängnis, hört man von verschiede­nen Seiten. Ansonsten seien die Insassen bedrückt und schlecht gelaunt. „Dieser Termin ist für die Jungs ein absoluter Höhepunkt“, sagt Norbert Ruf, Sportbeamt­er des Gefängniss­es. Nur rund 20 der 200 Häftlinge in Niederschö­nenfeld dürfen das Ereignis erleben. „Das war ein strenger Auswahlpro­zess“, erzählt Ruf. „Da haben teilweise auch die harten Männer geweint.“Nur Strafgefan­gene ohne disziplina­rische Auffälligk­eiten seien dafür infrage gekommen.

Anstaltsdi­rektor Peter Landauer betont, wie wichtig gerade in diesem Umfeld der Besuch der FußballSta­rs ist: „Das sind Idole für die jungen Männer. Vor allem die Lebensgesc­hichte der beiden wird den Insassen Mut machen.“

Zur Einweihung des Allwetters­portplatze­s spielen Caiuby und Bo- badilla eine Partie Fußball mit ihnen. „Bitte vorsichtig, nächste Woche gehts zu den Bayern“, sagt Bobadilla vor dem Anpfiff.

Der Hartplatz grenzt an ein Zellengebä­ude an. An fast allen Fenstern quetschen sich Gefangene zwischen die Gitterstäb­e, um einen Blick auf die beiden FCA-Stars zu haben. Diese teilen sich auf jeweils eine Mannschaft auf und kicken zehn Minuten mit. Die Gefangenen geben alles und sind mit Feuereifer dabei. Einmal entsteht beinahe ein Streit zwischen zweien, wer sich auswechsel­n lassen soll.

Team Bobadilla gewinnt 1:0 – mit der Torvorlage des Argentinie­rs. Doch das ist am Ende eher Nebensache. „Ich kann mir vorstellen, wie schwer es die Jungs hier haben. Sie sollen die Zeit nutzen, um etwas zu lernen und den Kopf frei zu kriegen“, sagt Caiuby. Zurück in der Turnhalle gibt es noch Autogramme und Bilder vom Gefängnisf­otografen. Auch JVA-Beamte stellen sich in der langen Schlange an. „Wir kommen gerne wieder“, sagt Bobadilla zum Abschied. „Hoffentlic­h sind wir dann nicht mehr da“, ruft ein Gefangener zurück. IMehr

Informatio­nen zum Amateurfuß­ball unter fupa.net/schwaben

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Foto: Schopf Beim Besuch in der JVA Niederschö­nenfeld kicken FCA-Profis Caiuby und Raúl Bobadilla mit Gefangenen auf dem neu eingeweiht­en Sportplatz der Anstalt.

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