Augsburger Allgemeine (Land West)
Ungewohntes Terrain
FCA Caiuby und Raúl Bobadilla besuchen die JVA Niederschönenfeld. Für die Gefangenen sind gerade die beiden Idole
Das Umfeld dürfte für einen Profifußballer ungewohnt sein: Eine niedrige und enge Sporthalle, zahlreiche Justizbeamten in Uniform an der Wand. Licht strömt nur spärlich herein, die Fenster sind vergittert. An einer Seite unter dem Basketballkorb eine Sitzgelegenheit, bestehend aus vier Bierbänken, die quadratisch angeordnet sind.
An zwei Seiten aufgereiht warten dort Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld auf Raúl Bobadilla und Caiuby. Die zwei Spieler des FC Augsburg kommen in die Anstalt östlich von Donauwörth, um einen Sportplatz einzuweihen. Als die beiden zum Vorgespräch mit den Gefangenen die Halle betreten, wird es augenblicklich ruhig unter den jungen Männern, die zuvor noch laut gescherzt haben. Zu Beginn traut sich kaum jemand, etwas zu fragen. Um das Eis zu brechen, erzählen die beiden FußballProfis von ihrer Vergangenheit. „Meine Jugend war nicht einfach“, fängt Caiuby an. „Ich hatte Probleme mit Familie und Freunden. Der Fußball hat mir hier sehr geholfen.“ Auch bei Kollege Bobadilla hören die Verurteilten gespannt zu. „Ich habe viele Fehler gemacht und daraus gelernt“, sagt der Argentinier. Und schon sind die beiden Stargäste auf einer Wellenlänge mit ihren un- üblichen Zuhörern. Welches Saisonziel sie haben, fragt ein Häftling. In welchem Bundesligastadion sie am liebsten spielen, ein anderer. „Dortmund ist geil“, sagt Bobadilla und schwärmt vor allem von der Fantri- büne des BVB. „Wenn ich die Wand sehe, bin ich besonders motiviert.“Ein JVA-Beamter unterbricht: „Das geht den Jungs hier genauso.“Schallendes Gelächter.
Die Stimmung ist nun ausgezeichnet. Dies sei absolut außergewöhnlich in diesem Gefängnis, hört man von verschiedenen Seiten. Ansonsten seien die Insassen bedrückt und schlecht gelaunt. „Dieser Termin ist für die Jungs ein absoluter Höhepunkt“, sagt Norbert Ruf, Sportbeamter des Gefängnisses. Nur rund 20 der 200 Häftlinge in Niederschönenfeld dürfen das Ereignis erleben. „Das war ein strenger Auswahlprozess“, erzählt Ruf. „Da haben teilweise auch die harten Männer geweint.“Nur Strafgefangene ohne disziplinarische Auffälligkeiten seien dafür infrage gekommen.
Anstaltsdirektor Peter Landauer betont, wie wichtig gerade in diesem Umfeld der Besuch der FußballStars ist: „Das sind Idole für die jungen Männer. Vor allem die Lebensgeschichte der beiden wird den Insassen Mut machen.“
Zur Einweihung des Allwettersportplatzes spielen Caiuby und Bo- badilla eine Partie Fußball mit ihnen. „Bitte vorsichtig, nächste Woche gehts zu den Bayern“, sagt Bobadilla vor dem Anpfiff.
Der Hartplatz grenzt an ein Zellengebäude an. An fast allen Fenstern quetschen sich Gefangene zwischen die Gitterstäbe, um einen Blick auf die beiden FCA-Stars zu haben. Diese teilen sich auf jeweils eine Mannschaft auf und kicken zehn Minuten mit. Die Gefangenen geben alles und sind mit Feuereifer dabei. Einmal entsteht beinahe ein Streit zwischen zweien, wer sich auswechseln lassen soll.
Team Bobadilla gewinnt 1:0 – mit der Torvorlage des Argentiniers. Doch das ist am Ende eher Nebensache. „Ich kann mir vorstellen, wie schwer es die Jungs hier haben. Sie sollen die Zeit nutzen, um etwas zu lernen und den Kopf frei zu kriegen“, sagt Caiuby. Zurück in der Turnhalle gibt es noch Autogramme und Bilder vom Gefängnisfotografen. Auch JVA-Beamte stellen sich in der langen Schlange an. „Wir kommen gerne wieder“, sagt Bobadilla zum Abschied. „Hoffentlich sind wir dann nicht mehr da“, ruft ein Gefangener zurück. IMehr
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