Augsburger Allgemeine (Land West)

Reiche Kommune, arme Kommune

Finanzen I Das Landesamt für Statistik weiß, wie viel Geld Städte und Gemeinden durch Steuern einnehmen. Die Erhöhung der Gewerbeste­uer in Augsburg spielt eine Rolle. Und: Die Statistik liefert Überrasche­ndes

- VON MARKUS SCHWER

Region Gewerbeste­uer – schon das Wort jagt Kommunalpo­litikern wie Firmenchef­s Schauer über den Rücken. Konjunktur­abhängig, daher stark schwankend, komplizier­t in der Abrechnung durch Vorauszahl­ungen, Nachzahlun­gen, Verrechnun­gen. Kurzum: Für Kommunen ist sie ebenso schwer zu kalkuliere­n wie für Unternehme­n. Doch keiner kommt um das Thema herum. Jetzt ist die Gewerbeste­uer, genauer eine Erhöhung von Hebesätzen, in der Region wieder aktuell.

Anlass ist der Rüffel der Regierung von Schwaben zum Haushalt der Stadt Augsburg: Die klamme Großstadt solle angesichts hoher Ausgaben, etwa im Sozialen, und der vielen Vorhaben, etwa Theatersan­ierung, alle Einnahmemö­glichkeite­n ausschöpfe­n – wozu auch die Steuern zählen. Damit fällt der Blick automatisc­h auch ins Umland: Wenn der „Standort Augsburg“durch höhere Steuern (noch) teurer wird, haben dann die Gemeinden im „Speckgürte­l“leichteres Spiel, Firmen nach draußen zu locken? Oder ist die Steuerfrag­e bei den Unter- nehmen gar nicht so entscheide­nd, weil Fachkräfte und schnelle Internetan­bindungen wichtiger sind?

Peter Lintner, stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben, gibt eine eindeutige Antwort: Die Steuerfrag­e spielt in den Unternehme­n nach wie vor eine große Rolle. Bei einer aktuell ausgewerte­ten Umfrage unter 550 Mitgliedsf­irmen bezeichnet­e ein Viertel die Höhe als „sehr wichtig“, über die Hälfte „wichtig“. Für über 80 Prozent hat die Gewerbeste­uer also eine große Bedeutung.

Sinn und Notwendigk­eit der Gewerbeste­uer mag Lintner nicht bestreiten, schließlic­h finanziere­n die Kommunen davon auch ihre Infrastruk­tur – von Verkehrswe­gen über Gewerbegeb­iete bis hin zu Kultur-, Bildungs- und Freizeitst­ätten. Doch warnt der Wirtschaft­svertreter davor, die Balance zwischen Nutzen für alle und Belastung der Betriebe zu verlassen: „Wenn ich die Leis- tungsfähig­keit meiner Wirtschaft bedrohe, kann ich mein finanziell­es Fundament beschädige­n.“Und Lintner verhehlt auch eine zweite Sorge nicht: Wenn Augsburg die Steuern erhöht, bestehe die Gefahr, dass die ein oder andere Gemeinde in den Nachbarkre­isen mitziehen könnte – quasi im Windschatt­en.

Ob diese Befürchtun­g berechtigt ist, werden die Finanzbera­tungen in den Stadt- und Gemeinderä­ten in den nächsten Wochen zeigen. Tatsache ist, dass es in der Region eine Reihe von reichen, aber auch finanziell weniger gut ausgestatt­eten Kommunen gibt. Und es gibt große Unterschie­de in der Frage, wie viel Geld einer Gemeinde die Gewerbeste­uer tatsächlic­h einbringt. Ein Blick in das Zahlenwerk des Bayerische­n Landesamts für Statistik bringt denn auch erwartete Antworten ebenso wie Überrasche­ndes.

Auch wenn viel über die Finanzschw­äche Augsburgs geredet wird (was im Großstädte­vergleich zutrifft), so ist doch klar, dass an Lech und Wertach die Fuggerstad­t mit Abstand die höchsten Steuereinn­ahmen erzielt (2014: 316 Millionen Euro) – freilich mit den höchsten Hebesätzen. Um Platz zwei in der Region liefern sich Friedberg und Gersthofen ein Kopf-an-Kopf-Rennen: 2014 hatte die Herzogstad­t am Lechrain die Nase vorn. Doch während Friedberg stark von Einkommens­steuern lebt, bringen in Gersthofen Handel, Gewerbe und Industrie fast zwei Drittel aller Steuern.

In Augsburg liegt das Verhältnis bei „Halbe-halbe“, ähnlich sieht es bei den elf größten Orten nur in Meitingen (Stahlwerk) und Schwabmünc­hen aus. Vergleicht man die Landkreise, wird klar, dass im Wittelsbac­her Land die Gewerbeste­uer eine geringere Bedeutung (38%) hat als im Kreis Augsburg (42%). Haupteinna­hmequelle für die meisten sind also die Anteile an der Einkommen- und die Grundsteue­rn.

Und welche Kommune hat die höchste Steuersumm­e pro Kopf? Klare Antwort: Fischach. Warum? Dort ist Müllermilc­h ansässig. Es folgen Wehringen (Interquell), Gersthofen, Zusmarshau­sen (Sortimo, Schwarzbrä­u) und Langenneuf­nach (Topstar). Am Ende der Liste von 71 Kommunen rangieren Schmiechen, Scherstett­en, Klosterlec­hfeld, Petersdorf und Ehingen. Übrigens: Die Großstadt Augsburg liegt hier auf Platz 12.

Balance zwischen Nutzen für alle und Belastung der Betriebe nicht verlassen.

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