Augsburger Allgemeine (Land West)
Sein Leben hinter der Kamera
Porträt Siegfried Kerpf fotografierte für die Stadt, den AEV und auf dem Wiener Opernball. Jetzt geht er in den Ruhestand. Seinen Fotoapparat hängt er aber nicht an den Nagel
Siegfried Kerpf ist ein stadtbekanntes Gesicht. Wo der „Siggi“, wie ihn die meisten nennen, auftaucht, ist seine Kamera nicht fern. Seit knapp 30 Jahre ist er bei der Stadtverwaltung tätig, davon 25 Jahre als Fotograf. Nun verabschiedet sich der 64-Jährige allmählich in den Ruhestand. Seine Kamera wird er dann aber nicht an den Nagel hängen, dafür fotografiert der gebürtige Augsburger viel zu gern.
Diese Leidenschaft hat er sich aber erst im Laufe seines Lebens angeeignet. Schon während seiner Ausbildung zum Maschinenbauer nahm die erste große Passion einen immer größeren Stellenwert in seiner Freizeit ein: das Eishockey. Während seiner Lehrzeit spielte er bereits beim AEV, von 1969 bis 1976 schließlich als Profi in der 1. Mannschaft in der 1. und 2. Bundesliga. 81 Mal stand er als Torwart für den Augsburger Eislaufverein auf dem Eis. „Xaver Unsinn war unter anderem mein Trainer“, erinnert er sich gerne an die Zeit zurück. Damals hatte er stets bei seinen Spielen eine Kleinbildkamera dabei. „Es war ein Hobby. Mehr nicht“, sagt er. Doch daraus wurde mehr.
Als ihn Charlie Eckert um ein Foto für sein Eishockey-Magazin bat, fotografierte er erstmals den AEV in Aktion. „Es war gar nicht so einfach. Ich hatte ja kein großes Objektiv oder so. Aber es kam so gut an, dass es auf der Titelseite landete.“
Sein Talent blieb nicht unentdeckt. Auch Walter Schilffarth, der damalige Verleger der Schwäbischen Neuen Presse, warf ein Auge auf den jungen Fotografen. Nicht ohne Folgen: Siegfried Kerpf machte seine Leidenschaft zum Beruf und volontierte Mitte der 80er Jahre bei der Wochenzeitung. „Das hat mir Spaß gemacht“, stellte er damals sofort fest und blieb dabei. Als sich abzeichnete, dass die Stelle im Fotolabor bei der Stadtverwaltung in wenigen Jahren vakant werden würde, bewarb er sich bei der Stadt. „Die sichere Stelle hat mich gereizt“, sagt er. Zunächst arbeitete er als Hauptzähler bei der großen Volkszählung 1987 mit, um einen Fuß in die Stadtverwaltung zu bekommen. „Anschließend habe ich auch Dienstpläne im Heizkraftwerk geschrieben, um dabei zu bleiben“, sagt er. Die Mühen lohnten sich: Als die Stelle für das Fotolabor ausgeschrieben wurde, erhielt er den Zuschlag. Seit 1990 dokumentiert er nun die Stadtgeschichte, ist bei Terminen im Goldenen Saal, Eröffnungen, Einweihungen und Besuchen von offiziel- len Gästen mit von der Partie. Drei Oberbürgermeister hat er während seiner Laufbahn begleitet. Vor allem mit OB Kurt Gribl verbindet ihn ein kameradschaftliches Verhältnis. „Die Zusammenarbeit war sehr von Vertrauen geprägt.“Gribl war der erste OB, der ihn mit zu einem Besuch einer Partnerstadt mitnahm. „Im vergangenen Jahr waren wir drei Tage in Dayton“, sagt Kerpf. Diese Reise wird ihm in Erinnerung bleiben. Genauso wie das Treffen mit Thomas Gottschalk, als er mit seiner Show „Wetten dass ...?“in Augsburg gastierte, oder als Michail Gorbatschow, der ehemalige Staatspräsident der Sowjetunion, ausgezeichnet wurde. Der Friedensnobelpreisträger von 1990 erhielt 2005 den Augsburger Friedenspreis. „Ein ganz besonderer Mann“, sagt Kerpf.
Er hat noch viele andere Stars in seinem Leben getroffen. Gemeinsam mit Walter Schilffarth erarbeitet er über viele Jahre die Mitternachtszeitung des Wiener Opernballs. Brigitte Nielsen, Dolly Buster, Harry Belafonte oder Sophia Loren – alle hat der Augsburger schon vor seiner Linse gehabt. Und auch dem Eishockey ist er treu geblieben. Nach wie vor fotografiert er jedes Heimspiel der Augsburger Panther – unter anderem für unsere Zeitung. „Es macht mir einfach nach wie vor viel Spaß und es hilft mir dabei auch ungemein, dass ich selbst einmal auf dem Eis gestanden bin“, sagt er. Den AEV wird er weiterhin bei seinen Spielen ablichten und auch für die Stadt den einen oder anderen Termin übernehmen. „Ich freue mich jetzt einfach, mehr Zeit für mich zu haben“, sagt er.
In seiner Freizeit kümmert er sich um seine 87-jährige Mutter, die wie er im Bärenkeller lebt, und um „Wendy“, seine 19-jährige Hannoveraner Stute. Und wenn noch Zeit übrig bleibt, will er in die Schwammerl gehen, in den Urlaub fahren und auch einfach nur einmal eine Fahrt mit seinem Cabrio genießen. Kerpf: „Das Wichtigste ist es aber, gesund zu bleiben.“