Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Plärrer braucht eine große Zugnummer

Diese Woche Eigentlich stimmt alles auf dem Festplatz. Die Mischung ist gut. Doch es fehlt eine Attraktion, die alleine schon dafür sorgt, dass die Besucher kommen. Ein Blick zurück zeigt, wie es gehen könnte

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger-allgemeine.de

Der Plärrer ist ein Fest zum Wohlfühlen – seit einigen Jahren ist das schon so. Selbstvers­tändlich ist das nicht. Es gab auch Zeiten, da war die Stimmung vor allem abends auf dem Festplatz öfter mal angespannt und aggressiv. Das hat sich gewandelt – dank des Einsatzes von Schaustell­ern, Festwirten, Stadt und Polizei. Der Plärrer ist wieder ein Familienfe­st. Und obwohl abends die Zelte oft voll sind, sind Pöbeleien oder gar Schlägerei­en die Ausnahme. Auch auf diesem Herbstplär­rer ist die Stimmung wieder gut. Doch in der ersten Woche schien der Motor des Volksfeste­s noch zu stottern. Nach einem fulminante­n Auftaktabe­nd mit vielen Besuchern ist der Zustrom etwas versiegt. Das Wetter spielte dabei – wie immer – eine entscheide­nde Rolle. Erst war es viel zu heiß und dann kam eine ziemlich kalte Dusche. Beides ist nicht ideal für ein Volksfest, das – da sind sich die meisten Schaustell­er einig – eigentlich bei 20 Grad und Sonne am besten läuft. Zudem sind wohl noch einige Augsburger, gerade Familien mit Kindern, in den Sommerferi­en.

Die Debatte um die Ferien gibt es immer wieder. Sollte man den Plärrer so legen, dass zumindest die zweite Woche nicht in die Som- merferien fällt? Das ist nicht so einfach, wie es klingt. Ein Problem dabei ist: Der Plärrer würde nah an den Oktoberfes­ttermin rutschen. Teils gäbe es sogar Überschnei­dungen. Fahrgeschä­fte, die auch auf dem Oktoberfes­t stehen, würden dann um Augsburg wohl einen Bogen machen.

Doch es könnte noch einen anderen Grund geben, warum der Plärrer zwar solide läuft – aber in diesem Herbst noch keinen ganz großen Ansturm erlebt. Die Attraktion­en sind gut gemischt. Es gibt für jedes Alter auf dem Volksfest etwas zu erleben. Die meisten Fahrgeschä­fte sind altbekannt. Das muss nicht schlecht sein. Doch die große Zugnummer, die allein schon dafür sorgt, dass man sich für einen Besuch entscheide­t, gibt es nicht. Eine Achterbahn etwa, einen großen Freifalltu­rm oder auch – wie vor einem Jahr – ein eigener historisch­er Bereich. Gerade der historisch­e Plärrer war ein echter Besucherma­gnet. Er lockte alle Generation­en an. Großeltern standen mit ihren Enkelkinde­rn vor der historisch­en Rutsche und erzählten davon, wie es früher war auf dem Plärrer.

Die Schaustell­er sagen, ein historisch­er Plärrer sei nicht jedes Jahr zu stemmen. Der Aufwand – auch der finanziell­e – sei zu groß. Dennoch sollte man das Projekt nicht einfach zu den Akten legen. Wenn die Betreiber der ganz großen Attraktion­en wie Achterbahn­en offenbar einfach nicht nach Augsburg kommen wollen, weil das Fest für sie nicht attraktiv genug ist – ein historisch­er Plärrer müsste sich doch eher wieder realisiere­n lassen. Der Erfolg der „Oiden Wiesn“auf dem Münchner Oktoberfes­t, die ebenfalls zur Dauereinri­chtung geworden ist, zeigt das beispielha­ft.

Eines wissen die Schaustell­er mit ihren teils sehr langen Familientr­aditionen besser als viele andere Branchen: Man muss sich immer wieder verändern, um erfolgreic­h zu bleiben. Der Plärrer hat das immer geschafft.

Die „Oide Wiesn“in München als Vorbild?

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