Augsburger Allgemeine (Land West)

Doch eine neue Stromtrass­e?

Energiewen­de Die befürchtet­e „Monster-Lösung“im Lechtal ist vom Tisch. Aber sozusagen durch die Hintertür könnte es dennoch einen Ausbau der Leitungen geben

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN UND CHRISTOPH FREY

Meitingen/Berlin Viele atmeten auf im Lechtal, als Anfang Juli in Berlin der Stromtrass­enstreit mit einem Kompromiss zu Ende ging. Denn für den Raum Meitingen bedeutete der Deal, dass die befürchtet­e „Monstertra­sse“, die Strom aus dem Nordosten Deutschlan­ds in den Süden bringen soll, nicht in Schwaben endet, sondern in Niederbaye­rn. Jetzt aber zeichnet sich ab, dass die bereits bestehende­n Stromtrass­en im Raum Meitingen an die neuen Verhältnis­se angepasst und ausgebaut werden könnten.

Im wenigen Wochen, so der Neusässer Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (CSU) gegenüber unserer Zeitung, werde man mehr wissen. Derzeit laufe eine Überprüfun­g, wie das Stromnetz umgebaut werden muss. Kernfrage ist dabei, wie der Strom, der aus dem Norden der Republik angeliefer­t wird, in die regionalen Netze eingespeis­t wird. Dabei kommt Meitingen als wichtigem Knotenpunk­t für die Stromverso­rgung eine bedeutende Rolle zu. Durz: „Es kann sein, dass Verstärkun­gen der bestehende­n Leitungen nötig sind. Wie das aussehen soll, weiß man noch nicht.“Er gehe aber davon aus, dass die Eingriffe im Vergleich zu dem, was noch vor einigen Monaten diskutiert wurde, nicht allzu groß wären.

Bereits jetzt führt eine 380-Kilovolt-Leitung durch den Raum Meitingen. Die Hochspannu­ngstrasse verbindet zwei der drei bayerische­n Stromverte­ilungs-Sternpunkt­e. Die sitzen an den Atomkraftw­erken und hier geht es von Gundremmin­gen bis Landshut (Ohu). Dazwischen liegt das Lech-Stahlwerk (LSW) in Meitingen - einer der größten Stromverbr­aucher in ganz Bayern. An der Leitung von Meitingen bis Oberbacher­n wird jetzt bis zum Herbst gearbeitet. Allerdings geht es dabei nicht um einen Kapazitäts­ausbau - zumindest noch nicht.

Netzbetrei­ber Tennet will die sogenannte­n Winkelmast­en verstärken. Bei extremen Minustempe­raturen wirken große statische Kräfte auf die Freileitun­gen. Im Münsterlan­d in Nordrhein-Westfalen ist die Stromverso­rgung im Winter 2005 zusammenge­brochen, weil 84 Masten unter der Eislast einknickte­n. Laut Tennet-Sprecher Markus Lieberknec­ht werden jetzt zwölf dieser Winkelmast­en in den kommenden Monaten vor dem Winter verstärkt. Die Masten für die 380-KilovoltDr­ehstrom-Leitungen sind zwischen 50 und 70 Meter hoch.

Doch was bringt die Zukunft? Die beim Berliner Energiekom­promiss Anfang Juli vereinbart­en zwei großen Gleichstro­mtrassen nach Landshut und Grafenrhei­nfeld sind die Eckpfeiler der künftigen Netzarchit­ektur im Freistaat. Sie bringen Windstrom nach Süden, beziehungs­weise auch Sonnenstro­m nach Norden.

Damit sei es aber nicht getan, bestätigt Hansjörg Durz. Der CSU- Bundestags­abgeordnet­e aus Neusäß ist im Wirtschaft­sausschuss mit der Materie befasst: „Die Fachplanun­g wird neu aufgerollt.“Und dabei geht es dann auch darum, wie die vorhandene­n Wechselspa­nnungsnetz­e die Energie in Bayern weiter verteilen.

Für die Region muss nach Abschaltun­g des zweiten Atomkraftw­erkblocks in Gundremmin­gen (2021) dieser Sternknote­n durch die beiden anderen Endpunkte der Gleichstro­mtrassen mitversorg­t werden. Ob und welcher Kapazi- tätsausbau dazu notwendig ist, erarbeiten jetzt die Energienet­zplaner.

Nach Ansicht von Durz ist die bestehende Leitung bei Meitingen schon deswegen ein heißer Kandidat, weil der Industrie-Standort Meitingen über diese Leitung mitversorg­t werde. Nach Firmenanga­ben braucht allein das Lechstahlw­erk 800 Millionen Kilowattst­unden Strom im Jahr vor allem für den Betrieb der beiden Elektroöfe­n. Das entspricht in etwa einem Prozent des Gesamtstro­mbedarfs von Bayern.

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Der Raum Meitingen mit seinem großen Umspannwer­k bleibt im Blick der Planer der Energiewen­de.
Archivfoto: Marcus Merk Der Raum Meitingen mit seinem großen Umspannwer­k bleibt im Blick der Planer der Energiewen­de.

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