Augsburger Allgemeine (Land West)
Metzgersöhne
Metzger ist ein Beruf, der nicht das allerbeste Image hat. Man sieht grobschlächtige Männer in blutverschmierten Schürzen vor sich, die scharfe Messer wetzen, rohes Fleisch durch den Wolf drehen und Därme mit irgendeinem Brei füllen. Soweit die Klischees. Wenden wir uns nun Menschen zu, die direkt vom Metzger abstammen, jedoch trotzdem (oder gerade deswegen?) ein erfolgreiches und/ oder erfülltes Leben jenseits der Wursttheke führten und führen. Betrachten wir den Metzgersohn.
Er ist eine eigene, ganz besondere Spezies. Nicht vergleichbar mit dem Maurersohn, dem Gärtnersohn oder dem Bäckersohn. Manche wie der mehrfache Grillweltmeister Ueli Bernold aus der Schweiz fallen nicht weit vom Stamm. Aber die meisten Metzgersöhne sind Helden unserer Zeit. Wann immer jemand etwas über, beispielsweise, Max Greger oder Franz Josef Strauß schreibt, lesen wir: „Der Metzgersohn aus Mün- chen.“Uli Hoeneß ist auch einer von denen. Er ist der „Metzgersohn aus Ulm.“Hoeneß hat sogar eine Wurstfabrik, was den Münchner Metzgersöhnen Franz Josef Strauß oder Max Greger zu Lebzeiten nie in den Sinn gekommen wäre.
Auch Entertainer Stefan Raab, natürlich auch er Metzgersohn, boxte lieber, als dass er Fleisch geklopft hätte. Joschka Fischer legte den Weg „vom Metzgersohn zum Außenminister“zurück, ohne je Innereien verkauft zu haben. Wie man sieht, deckt der Metzgersohn, politisch betrachtet, beide Flanken ab. Sogar Stauferkaiser Friedrich II., so ewige Gerüchte, soll ja in Wahrheit ein Metzgersohn gewesen sein…Wollen Sie raten, was der Vater des Adidas-Chefs Herbert Hainer war? So ist es. Der Lenker des Weltkonzerns ist Metzgersohn wie der Komponist Antonín Dvorák. Der schrieb eine berühmte Oper über Metzgersöhne: „Die Dickschädel.“Michael Schreiner