Augsburger Allgemeine (Land West)
Könige für einen Winter
Elisabeth war eine schottische Königstochter. Als ihr Vater James noch die englische Krone dazubekam, konnte sie sich auch eine englische Königstochter nennen. Als sie heiratete, wurde sie eine deutsche Fürstin und an der Seite ihres Mannes wurde sie böhmische Königin. So beginnen Märchen. Märchenhaft ging es zunächst weiter. Elisabeths Ehe mit dem Kurfürsten Friedrich von der Pfalz war, wie in diesen Kreisen üblich, zwar politisch arrangiert. Doch bald nachdem Friedrich seine schöne und edle Braut in sein Heidelberger Schloss geholt hatte, lernten sie sich lieben.
Die Königstochter aus England brachte Leben in die provinzielle Kurpfalz. Sie war mit Theaterstücken von Shakespeare und Ben Johnson aufgewachsen und hatte an Maskenspielen teilgenommen, die von dem berühmten Architekten Inigo Jones in Szene gesetzt worden sind. Und nun führte sie weltläufigen und kultivierten Lebensge- nuss in die Heidelberger Schlossgesellschaft ein. Man war zwar protestantisch und dem kostspieligen Frohsinn waren enge Grenzen der Sittsamkeit gesetzt. Fürst Friedrich aber genoss es, dass seine Fürstin Schloss und Park in eine heitere Bühne verwandelte. Beider Schicksal war, dass sie mitten in die Wirren des Dreißigjährigen Krieges hineingerieten. Der Prager Fenstersturz brachte ihnen zwar die böhmische Königskrone. Die Königstochter von der Insel thronte nun vollends standesgemäß. Doch nach der Schlacht am Weißen Berg wurden Friedrich und Elisabeth von den siegreichen Katholiken gleich wieder aus Prag vertrieben. An Böhmens Königskrone hat- ten sich die beiden nur einen guten Winter lang erfreuen können. Was ihnen die wenig erstrebenswerten Titel eines Winterkönigs und einer Winterkönigin einbrachten. Zu allem Elend verloren sie dann auch noch das alte Erbe, die kurfürstliche Pfalz. Ab 1620 waren beide, noch jung an Jahren, auf der Flucht. Nach dem Tod ihres Mannes verbrachte Elisabeth noch viele Jahre im holländischen Exil. Als königliche Witwe im Exil gewann Elisabeth die Achtung, ja die Bewunderung der Niederländer. Am Hof von Den Haag überschüttete man sie geradezu mit liebevollen Kosenamen. Man nannte sie die „Perle aus England“, die „englische Rose“und schließlich sogar die „Königin der Herzen“. Nur die herzlosen Historiker nennen sie weiter die Winterkönigin.