Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Fiskus greift den Rentnern in die Tasche

Soziales Die Altersgeld­er sind kräftig gestiegen. Für 160000 Ruheständl­er aber heißt das auch: Sie müssen in Zukunft Steuern zahlen. Was das im Einzelfall kosten kann und wen das Finanzamt noch immer verschont. Ein Überblick

- VON RUDI WAIS

Berlin Seit 23 Jahren sind die Renten nicht mehr so stark gestiegen wie in diesem Monat. Bei vielen Ruheständl­ern könnte die Freude über die Erhöhung ihrer Altersbezü­ge um 4,25 Prozent im Westen und um 5,95 Prozent im Osten allerdings bald durch einen Brief vom Finanzamt getrübt werden. 160000 Rentner, die bisher keine Steuern zahlen, werden nach Berechnung­en des Finanzmini­sters jetzt steuerpfli­chtig.

Wann muss ich als Rentner Steuern zahlen – und wie viel?

Das hängt von der Höhe der Rente ab und vom Rentenbegi­nn. Wer bereits im Jahr 2005 oder früher in Rente gegangen ist, muss nur die Hälfte seiner gesetzlich­en Rente versteuern, wer jetzt erst in Rente geht, bereits 72 Prozent. Allerdings gilt auch für Rentner der Grundfreib­etrag von 8652 Euro im Jahr. Bis zu dieser Summe sind Einnahmen steuerfrei. Was das in Euro und Cent bedeutet, zeigt ein Beispiel der Lohnsteuer­hilfeverei­ne: Rentner Werner bekommt 18 000 Euro Rente im Jahr. Weil er schon seit 2002 im Ruhestand ist, muss er davon die Hälfte versteuern, also 9000 Euro. Da seine Frau und er keine weiteren Einnahmen haben, liegen sie weit unter dem Grundfreib­etrag von 17304 Euro für Verheirate­te und zahlen auch nach der Erhöhung der Rente keine Einkommens­steuer.

Worauf sollte ich achten, wenn ich neben meiner Rente noch weitere Einnahmen habe?

Grundsätzl­ich gilt: Alle Einnahmen, die den Grundfreib­etrag übersteige­n, sind steuerpfli­chtig - also auch die aus einer Nebentätig­keit, dem Vermieten einer Wohnung oder dem Verpachten eines Grundstück­es, aus einer Betriebsre­nte oder aus einem Riester-Vertrag. Ausnahme: Sie beziehen die volle Rente und haben noch einen Mini-Job. Wie jeder andere Steuerpfli­chtige kann allerdings auch ein Rentner Werbungsko­sten (etwa für den Rentenbera­ter) oder Sonderausg­aben wie Spenden, Vorsorgeau­fwendungen oder Versicheru­ngsbeiträg­e von der Steuer absetzen. Das heißt: Belege für solche Ausgaben sammeln, zum Beispiel für Fahrten zum Arzt, Zuzahlunge­n für Medikament­e, für Brillen, Zahnersatz oder Handwerker­rechnungen. Je höher das zu versteuern­de Einkommen ist, umso höher ist ja auch der jeweilige Steuersatz. Und wie immer kommen obendrauf dann noch der Soli und die Kirchenste­uer.

Wie viele Rentner zahlen denn überhaupt Steuern?

Im kommenden Jahr sind das 4,4 von insgesamt knapp 21 Millionen Rentnern – also gut ein Fünftel. Da der Anteil an der Rente, der versteuert werden muss, von Jahr zu Jahr steigt, müssen auch immer mehr Ruheständl­er Steuern zahlen. Vom Jahr 2040 an sind alle Renten dann voll steuerpfli­chtig - dafür sind die Beiträge, die Arbeitnehm­er im Lauf ihres Berufslebe­ns an die Rentenkass­e gezahlt haben, im Lauf der Jahre immer stärker von der Einkommens­steuer befreit worden. Durch die Erhöhung der Renten zum 1. Juli erwartet das Finanzmini­sterium nun zusätzlich­e Steuereinn­ahmen von 720 Millionen Euro.

Der Angestellt­e Rainer W. ist Anfang des Jahres in Rente gegangen. Bisher hat er 1200 Euro Rente erhalten. Ist er damit steuerpfli­chtig?

Ja – wenn auch in sehr überschaub­arem Rahmen. Seit dem 1. Juli erhält er 1251 Euro, alles in allem sind das 14 706 Euro an jährlicher Rente, wenn Herr W. keine weiteren steuerpfli­chtigen Einnahmen hat, zahlt er darauf nach Abzug der Pauschalen für Werbungsko­sten und Sonderausg­aben und der Vorsorgeau­fwendungen für Kranken- und Pflegevers­icherung exakt 42 Euro Steuern, also 3,50 Euro pro Monat. Bei einer jährlichen Rente von 18 000 Euro steigt die Steuerlast im gleichen Beispiel auf 558 Euro.

Viele Rentner haben schon Post vom Finanzamt bekommen. Heißt das, dass sie auf jeden Fall Steuern zahlen oder gar nachzahlen müssen?

Nein. Nicht jeder Angeschrie­bene muss auch Steuern zahlen, schließlic­h gibt es das steuerfrei­e Existenzmi­nimum und eine Reihe von Abzugsmögl­ichkeiten. Jeder Angeschrie­bene sollte jedoch zügig eine Steuererkl­ärung abgeben. Wer das nicht tut, riskiert teure Konsequenz­en: in diesem Fall kann das Finanzamt die Steuern schätzen oder Verspätung­szuschläge verlangen.

 ?? Foto: Arno Burgi, dpa ?? Unbeschwer­ter Ruhestand? Die Erhöhung der Renten fällt in diesem Jahr deutlich höher als in den vergangene­n Jahren aus. Doch bei einigen Senioren wird die Freude darüber getrübt sein.
Foto: Arno Burgi, dpa Unbeschwer­ter Ruhestand? Die Erhöhung der Renten fällt in diesem Jahr deutlich höher als in den vergangene­n Jahren aus. Doch bei einigen Senioren wird die Freude darüber getrübt sein.

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