Augsburger Allgemeine (Land West)
Frau Aschenputtel
Aufgedeckt Jetzt steht fest, wer den Grimms eines ihrer berühmtesten Märchen erzählt hat
Kassel Nach mehr als 200 Jahren will ein Forscher das Rätsel gelöst haben, wer den Brüdern Grimm das weltbekannte Märchen „Aschenputtel“erzählt hat – es war eine alte Frau aus Marburg namens Elisabeth Schellenberg. „Die Frau ist die mündliche Quelle. Sie hat die Erzählung geprägt“, sagte am Freitag Grimm-Forscher Holger Ehrhardt von der Universität Kassel.
Ehrhardt war Hinweisen aus Briefen Wilhelm Grimms an seinen Bruder Jacob nachgegangen und hatte diese mit Tauf- und Sterberegistern Marburger Kirchen sowie Bewohnerlisten von Armenhospitälern verglichen. Schellenberg, laut Ehrhardt das „Idealbild einer Märchenfrau“, starb verarmt und kinderlos 1814, nachdem sie ihre letzten Jahre in einem Siechenhaus verbracht hatte. Wilhelm Grimm wollte sich 1810 von der damals 64 Jahre alten Frau Märchen erzählen lassen, der Hinweis auf sie stammte von dem Dichter Clemens Brentano. Schellenberg wies Grimm jedoch ab. Erst durch einen Trick – er schickte eine Frau und deren Kinder – rückte sie ihre Märchen heraus und erzählte nicht nur das weniger bekannte Märchen „Der goldene Vogel“, sondern auch „Aschenputtel“.
Von Schellenberg gibt es kein überliefertes Bild, ihr ehemaliges Wohnhaus steht aber noch heute. Die Namen anderer Quellen der Grimmschen Erzählungen sind seit langem bekannt. Wilhelm und Jacob Grimm lebten mit Unterbrechungen zwischen 1798 und 1841 in Kassel. Dort sammelten sie ihre Kinderund Hausmärchen.