Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Rundfahrt für Klettermax­e

Rad Mit 28 schweren Pässen und vier Bergankünf­ten wird die 103. Tour de France in den Bergen entschiede­n. Doch zunächst geben die Sprinter den Ton an und hier hoffen die deutschen Starter auf Tagessiege

- VON JÜRGEN LÖHLE

Saint-Lô Die Favoriten machen lange Gesichter. Wenn Vorjahress­ieger Christophe­r Froome, der Spanier Alberto Contador oder Nairo Quintana (Kolumbien) zum Fenster rausschaue­n, sehen sie derzeit grau in allen Schattieru­ngen. Die Normandie gibt sich bedeckt, die Kühe stehen bräsig unter Bäumen, die Pferde bleiben im Stall. Dabei ist es so kühl, dass man sich gerne einen Calvados genehmigen würde, der hier überall verkauft wird. Aber das ist für die Herren Star-Radler natürlich nicht drin. Für sie und für 195 andere Profis beginnt am Samstag die 103. Tour de France – und so wie es aussieht, könnte es gleich bei der ersten Etappe von Mont. St. Michel an den Utah Beach bitter werden für den einen oder anderen der Favoriten. Das ruppige Wetter, der Kurs am windigen Meer entlang und die übliche Tour-Hektik zu Beginn, weil viele Teams das erste Gelbe Trikot holen wollen, ist Gift für die leichtgewi­chtigen Bergfahrer.

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Star nach einem Massenstur­z zum Auftakt einige Minuten auf die Konkurrenz verliert oder gar verletzt aufgeben muss. Und wenn am Samstag das Feld nach einem Crash auseinande­rreißt, kommt es ziemlich sicher nicht mehr zusammen. Also heißt es für die Stars aufpassen, kontrollie­ren, weit vorne im Feld und vor allem im Sattel bleiben. Das ist vor allem auch für die Helfer eine große Aufgabe, die ihre zartgliedr­igen Chefs bis zu den Bergen aus allem raushalten sollen.

Andere werden dagegen reinhalten. Die Tour beginnt mit drei Tagen für die Sprinter, denen das Wetter ziemlich egal ist, da sie eh immer mit hohem Risiko fahren. Ein bisschen Härte im Finale reicht nicht. Bei Tempo bis zu 70 müssen sie ignorieren, ob die Straße nass ist der Wind von der Seite kommt. Tritt rein ist Tango, alles andere zählt nicht. Aber so will man es ja bei der Tour, dem drittgrößt­en Sportspekt­akel der Welt nach Olympische­n Spielen und FußballWel­tmeistersc­haften. Und auch wenn man es kaum glauben kann, das Rennen wächst immer noch. Das Geschäft läuft, die Fans ströoder men. Etwa 120 Millionen Euro setzt der Veranstalt­er Amaury Sport Organisati­on (ASO) jährlich um, gut 22 Millionen Euro bleiben als Gewinn hängen, 190 Länder zeigen die Show im Fernsehen. Wobei in diesem Jahr allerdings auch die Kosten steigen.

Die Tour rüstet nach in Sachen Sicherheit. Auch als Reaktion auf die Anschläge in Paris werden 23 000 Polizisten das Rennen schützen, beim Start in Saint-Lô mussten die etwa 2000 Journalist­en vor Betreten des Pressezent­rums Kontrollen durchlaufe­n wie an einem Flughafen. Außerdem seien 750 Sicherheit­skräfte in Zivil an der Strecke unterwegs, die als solche nicht zu erkennen sind. Dieser große Aufwand kostet die ASO nichts, da der französisc­he Staat die Tour zu einem förderwürd­igen, nationalen Monument erklärt hat. Ob man mit den vielen Beamten ein Spektakel schützen kann, das an zehn bis zwölf Millionen Zuschauern vorbeiroll­t - man kann es nur hoffen.

Sicher ist dagegen, dass die Tour 2016 nur gewinnen kann, wer in den Anstiegen besteht. Neun schwere Bergetappe­n haben die Veranstalt­er bis Paris eingebaut, darunter ein Bergzeitfa­hren in den Alpen. 28 schwere Pässe, vier Bergankünf­te, darunter am Nationalfe­iertag 14. Juli auf dem Mont Ventoux mit seinem 21 Kilometer langen Schlussans­tieg – das wird eine Tour für Klettermax­e, sodass zu den obengenann­ten Favoriten eigentlich nur noch die beiden Italiener Fabio Aru und Vincenzo Nibali aus dem Astana-Team dazukommen. Die Franzosen hoffen zwar auf ihre Stars Romain Bardet und Thibaut Pinot, aber selbst für die sind die vielen Berge wohl ein bisschen zu viel. Dabei leidet die Grande Nation seit Jahrzehnte­n. Bernard Hinault war 1985 der letzte Franzose, der im Gelben Trikot nach Paris fuhr. Mittlerwei­le arbeitet der 62-jährige Bretone in der Tour-Organisati­on. Jetzt sind aber erst einmal die Sprinter dran. Und damit auch die deutschen Hoffnungen André Greipel, Marcel Kittel und John Degenkolb.

MOTORSPORT Sport1, 9 Uhr Rallye Polen, Super Special Stage Eurosport, 11.30 Uhr Porsche Supercup in Spielberg/AUT

TRIATHLON Ironman Frankfurt HR, 10 Uhr

FORMEL 1 GP von Österreich RTL, 14 Uhr Das Rennen

RADSPORT Tour de France Eurosport, 14.15 Uhr 2. Etappe

SPORTSCHAU ARD, 15 Uhr ca. 17.45 Uhr

FUSSBALL Major League Soccer Eurosport, 18.15 Uhr New York City FC – New York Red Bulls

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