Augsburger Allgemeine (Land West)
Für den nächsten Schritt nimmt sie sich Zeit
Porträt In vielen Rollen und Soli prägte Janet Sartore die Aufführungen des Augsburger Balletts. Jetzt zieht sich die Tänzerin von der Bühne zurück
Die letzten neun Jahre markieren einen wichtigen Abschnitt im Leben von Janet Sartore. 2007 kam sie als 30-jährige Tänzerin vom kanadischen Royal Winnipeg Ballet zum Theater Augsburg. Fokussiert auf klassische Rollen und mit der Ahnung, dass sie die vielleicht noch zwei oder drei Jahre tanzen könnte und sich dann eine neue Ausrichtung ihres Lebens überlegen müsste, wagte sie ein Abenteuer: Sie verließ die renommierte Balletttruppe und ließ sich darauf ein, in einem kleinen Ensemble ein modernes Repertoire zu erkunden. Der designierte Ballettdirektor Robert Conn hatte in Winnipeg eine Choreografie einstudiert und Janet Sartore ein Angebot gemacht. Mit Ende dieser Saison beendet die Kanadierin nun ihr Engagement als festes Compagniemitglied beim Augsburger Ballett. Morgen gibt sie in „Soto Danza“ihren Abschied.
„Ich habe damals auf mein Herz gehört“, sagt Janet Sartore heute über diesen Schritt nach Europa. Denn die Vernunft habe ihr gesagt, nicht die Familie aufzugeben, nicht das gute Geld, das sie in Winnipeg verdiente, nicht die Vertrautheit und Bequemlichkeit des Lebens in der Heimat. „Aber ich bin kein Mensch, der Bequemlichkeit braucht“, sagt Sartore. Und der Wunsch, in Europa zu tanzen, hatte sich schon lange eingeschlichen, weil hier die Herausforderungen vielseitiger sind und das Repertoire zeitgenössischer orientiert ist. „Nach zwölf Jahren war ich der Klassik müde.“
Angefangen zu tanzen hatte Sartore, das jüngste von fünf Kindern, mit sechs Jahren, damals als Freizeitbeschäftigung. Sechs Jahre später entschied sie sich dann für den professionellen Weg, ging für die Ausbildung aus ihrer Heimatstadt Calgary nach Winnipeg und wurde von der Schule des Royal Ballett gleich in die Compagnie übernommen. In „Giselle“bekam sie ihre erste Rolle, da war sie mit der Ausbildung noch gar nicht fertig.
In Augsburg erregte sie sofort Aufmerksamkeit, als sie 2008 in Roberto Campanellas Choreografie von „Alice im Wunderland“imposant die Königin verkörperte. In vielen Rollen und Soli prägte Janet Sartore fortan die Aufführungen des Augsburger Balletts mit.
Doch nicht diese Bühnenmomente sind es, die sie jetzt als Höhepunkte ihrer Augsburger Zeit nennt. Das wichtigste Ereignis ist für sie, dass sie hier ihren Mann Christian Hoffmann kennengelernt hat. Der war Bühnenmeister am Theater und unter anderem dafür verantwortlich, dass Janet Sartore sich an dem Seil, an dem sie in „Alice“auf die Bühne schwebte, so sicher fühlte. Mittlerweile haben die beiden einen fünfjährigen Sohn. Dass Janet Sartore schon nach fünf Monaten Babypause in einer Stepprolle in der Oper „King Arthur“wieder auf die Bühne zurückkehrte, zeigt nicht nur, wie groß ihre Leidenschaft fürs Tanzen ist, sondern auch, wie sie immer wieder bereit ist, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Wie ihre Zukunft aussehen wird, das lässt sie auf sich zukommen. Im Moment arbeitet sie als choreografische Assistentin bei „Cabaret“. „Für den nächsten Schritt gebe ich mir Zeit und sehe, was kommt“, sagt sie. Vielleicht wird sie sich ganzheitlichen Therapieformen widmen, in denen Geist, Seele und Körper zu ihrem Recht kommen, vielleicht wird sie auch unterrichten. Ganz sicher aber wird sie in den sogenannten Charakterrollen noch auf der Augsburger Bühne stehen. Für den „Nussknacker“nächste Spielzeit ist sie als Mutter fest eingeplant.