Augsburger Allgemeine (Land West)
Rathauschef gerät ins Schwimmen
Rothsee Nach dem Zerkarienbefall plante Bürgermeister Bernhard Uhl einen Badegang mit Gemeinderäten. Das erregt Missfallen
Zusmarshausen Im neuen Ferienprogramm für die jüngsten Bürger der Marktgemeinde lockt ein „Familienbadetag“zum „Urlaub unter Palmen“mit „entspanntem Baden“im Wellnessbereich . Ähnliches hatte Bürgermeister Bernhard Uhl wohl nicht im Sinn, als er nach dem Zerkarien-Befall in der vergangenen Woche die Idee zu einem demonstrativen Schwimmen im Rothsee entwickelte. Damit sollten Ansteckungssorgen vor Hautausschlägen bei den Bürgern möglichst schnell eingedämmt werden.
Doch damit hat sich Uhl innerhalb des Gemeinderates Ärger eingebrockt, wie auf der Sitzung am Donnerstagsabend deutlich wurde. Während draußen über dem Rothsee der Donner grollte, zuckten drinnen im Sitzungssaal die verbalen Blitze. Kaum hatte der „erste Schwimmer Zusmarshausens“die Art Rettungsmaßnahme „für das Wohl der Gemeinde“angekündigt, donnerte auch schon SPD-Fraktionschefin Susanne Hippeli zurück: „Eine blöde Aktion.“
Sie kündigte nicht nur an, dem Wasser fernzubleiben, sondern rügte den Rathauschef für „seine beispiellose Weise, einen Gemeinderat als Manövriermasse“zu benutzen. Mehr noch: Hippeli, die vor Uhls Mitteilung an die Medien offensichtlich nicht gefragt worden war, verurteilte die „politische Selbstinszenierung in Gestalt eines BadeGags“, um „der Bevölkerung die von ihm selbst geschürten Ängste wieder zu nehmen“.
Im Namen ihrer Fraktion hielt Hippeli dem Bürgermeister vor, die Menschen nicht über die wahren Zusammenhänge aufgeklärt zu haben. Nämlich die zunehmende Verschlammung des mehr als elf Hektar großen Sees aus dem Jahr 1974. Dieser war erst vor wenigen Jahren mit einer Millionen-Euro-Maßnahme zu Leibe gerückt worden. Diplombiologin Hippeli: „Durch die nährstoffreiche Masse kann sich die für die Entwicklung des Saugwurms wichtige Schlammschnecke explosionsartig vermehren.“
Da spielte auch keine Rolle mehr, dass einer der Vorgänger Uhls seinerzeit mit acht Gemeinderäten freiwillig baden gegangen war, um entstandene Zweifel an der Wasserqualität des künstlich angelegten Gewässers auszuräumen. Auch bei den Freien Wählern am Tisch war man über die für kommenden Mittwoch angekündigte Schwimmstunde „not amused“. Bernhard Sapper hätte mitgemacht, „wenn ich ordentlich informiert worden wäre“. Fraktionskollegin Elke Schwarz gestand , von der Sache „sehr komisch berührt worden zu sein“und beschwerte sich, dass „man so nicht über uns verfügen kann.“
Der so gescholtene Rathauschef, ein begeisterter Sportler, „hofft, dass das bald vorbei sein wird“und denkt dabei auch an den am kommenden Wochenende stattfindenden „Zusser Schwarzbräu Nullinger“-Triathlon. Dem äußerst attraktiven Sportevent wird seit Monaten entgegen gefiebert. Dabei sollen neben 20 Kilometer Radfahren und fünf Kilometer Laufen auch 500 Meter schwimmend im Rothsee zurückgelegt werden. „Wir haben von 102 Teilnehmern gerade mal eine Absage aus diesem Grund“, erklärte Karl Sendlinger, Leiter der neuen TSV-Abteilung Fitness und Triathlon, gestern gegenüber unserer Zeitung. Das Leichtathletik-Urgestein weiß, dass Triathleten ohnehin hart im Nehmen sind und geht davon aus, die Situation bis zum 10. Juli in den Griff bekommen zu haben.
Weitere Themen der Sitzung: ● Neues Gewerbegebiet „Geisweghülle“: Im Nordosten der Gemeinde soll eine 9,3 Hektar große Fläche entstehen mit einer rund einen Kilometer langen und sechseinhalb Meter breiten Erschließungsstraße sowie Lkw-Stellplätzen und einem Gehweg. Auf den zunächst angedachten Radstreifen wird verzichtet. Dazu kommen aufwendige Anlagen für Wasserversorgung, Abwassersysteme und vor allem Ableitungen für anfallendes Nass von oben. Überhaupt spielten die Starkregenfälle der vergangenen Wochen und ihr Management bei den zahlreichen Fragen der Gemeinderäte eine große Rolle. Sabine Gay von der Verwaltung informierte darüber, dass die Nachfrage von einheimischen wie fremden Gewerbetreibenden nach Baumöglichkeiten nahe der Autobahn groß sei. Kostenpunkt der Neugestaltung: rund fünf Millionen Euro. ● Geldsegen Der neue Kämmerer Manuel Eberhard konnte einige erfreuliche Änderungen bekannt geben. So werden mit rund 3,8 Millionen Euro weitaus mehr Mittel vom Verwaltungs- und in den Vermögenshaushalt überführt als ursprünglich angesetzt. Mehr als vier Millionen Euro kommen zum Rücklagenpolster der Gemeinde. Allerdings steigt die Gewerbesteuerumlage an den Staat wegen der höheren Einnahmen in dieser Hinsicht um 311 000 Euro. Abweichungen gab es zudem beim Aufwand für die Dorfplatzerneuerung in Wollbach. ● Feldgeschworene Mit über 500 Jahren ist dieser Job eine der ältesten Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung. Die auf Lebenszeit ernannten Personen unterstützen etwa das Vermessungsamt bei Grenzfragen. Alter und Krankheit haben diesen Kreis dezimiert, sodass neue Kandidaten gesucht wurden. Sie müssen körperlich fit sein, ein Fahrzeug haben und sich in der Gegend auskennen. Ein halbes Dutzend von ihnen soll am 28. Juli bei der Ratssitzung vereidigt werden.