Augsburger Allgemeine (Land West)
Schäuble bremst, SPD drängt
Brexit zeigt Differenzen der Koalition in der Europapolitik auf
Berlin Nach der Brexit-Entscheidung der Briten wird die unterschiedliche Akzentsetzung von Union und SPD in der Europapolitik deutlicher: Die Sozialdemokraten dringen auf einen stärkeren Wachstumskurs der EU und eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Auch wollen sie schnell Klarheit beim britischen EU-Austritt, während Unionspolitiker für Behutsamkeit werben.
SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte auf einer Programmkonferenz seiner Partei vor einem Zerfall Europas: „Dieses große Zivilisationsprojekt des 20. Jahrhunderts wollen wir unseren Kindern vererben.“Zugleich drängte er auf eine Kurskorrektur der EU: „Das Wichtigste ist, dass wir aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt endlich auch einen Wachstumspakt machen“, warb er für europäische Investitionsprogramme und eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) plädiert dagegen für mehr Wettbewerbsfähigkeit: „Europa soll der wettbewerbsfähigste und wissensbasierteste Kontinent auf der Welt sein“, sagte sie.
Gegen weitgehende Reformen zum jetzigen Zeitpunkt wandte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Es sei „nicht die Zeit für Visionen“, sondern für Pragmatismus, sagte er der Welt am Sonntag. Vorrangig seien Lösungen für einzelne zentrale Probleme wie Flüchtlingskrise und Jugendarbeitslosigkeit.
Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) deutete an, dass er den EUAustritt der Briten noch nicht für beschlossene Sache hält. Es sei deren Sache zu entscheiden, ob und wann sie einen Austrittsantrag stellen: „Niemand weiß, zu welchen Folgerungen die neue Regierung kommen wird“, sagte er dem