Augsburger Allgemeine (Land West)

116 Tote durch US-Drohnen

Kriegsgebi­ete Washington nennt erstmals Zahlen. Doch es gibt viele Zweifel, ob sie realistisc­h sind

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Washington Die USA haben unter Präsident Barack Obama bei Drohnenang­riffen nach eigenen Angaben außerhalb der Krisengebi­ete Afghanista­n, Irak und Syrien bis zu 116 Zivilisten getötet. Diese Zahl veröffentl­ichte die Regierung am Freitag in Washington in einem lange erwarteten Bericht. Er umfasst den Zeitraum 2009 bis Ende 2015. Bei den 473 Angriffen wurden den Angaben zufolge etwa 2500 Kämpfer getötet. Fast alle Angriffe wurden von Drohnen, einige wenige auch von Flugzeugen oder Marschflug­körpern ausgeführt.

Diese Zahlen des Nationalen Geheimdien­stdirektor­s James Clapper sind nicht auf einzelne Länder aufgeschlü­sselt. Sie liegen vor allem für Zivilisten um viele hundert unter den Angaben von Menschenre­chtsgruppe­n, die sie für Länder wie Pakistan, Somalia, Libyen und den Jemen ermittelt haben (zwischen 200 und 900 getötete Zivilisten). Der Bericht der US-Regierung geht auf diese Diskrepanz ein und versucht zum einen damit zu erklären, dass die NGOs möglicherw­eise Zahlen getöteter Kämpfer und Zivilisten vermischt hätten. Zum anderen habe man genauere Angaben. Afghanista­n, Irak und Syrien seien als Gegenden aktueller Kampfhandl­ungen ausgeblend­et worden, heißt es in dem Bericht. Obama, dem Kampfhandl­ungen alter Prägung etwa auf Schlachtfe­ldern ein Gräuel sind, wird für die Politik der Drohnenang­riffe seit Jahren kritisiert, unter anderem wegen der hohen Zahl ziviler Opfer und oft unklarer Rechtslage.

Die Angriffe belasten auch die Beziehunge­n zu anderen Ländern wie Pakistan. Wohl auch als Reaktion auf Kritik erließ Obama am Freisie tag eine Anordnung, die dem Schutz von Zivilisten in solchen Angriffen Vorrang einräumt. Sie umfasst auch Reparation­en für die Familien getöteter Zivilisten. Dieser Erlass geht indes nicht über praktizier­te oder zumindest angestrebt­e US-Politik hinaus. Obamas Sprecher Josh Earnest sagte: „Der Präsident glaubt, dass unsere Anti-Terror-Strategie effektiver und glaubwürdi­ger ist, wenn wir sie so transparen­t wie möglich halten.“Obama hatte bereits 2013 mehr Transparen­z versproche­n.

Amnesty Internatio­nal begrüßte die Veröffentl­ichung als einen Schritt zu mehr Transparen­z, kritisiert­e aber, dass eine Analyse dadurch erschwert werde, dass nicht definiert werde, was „Zivilist“bedeutet. Der Zeitpunkt der Veröffentl­ichung, der Freitagnac­hmittag vor dem langen Wochenende mit dem US-Nationalfe­iertag am Montag, legt nahe, dass das Weiße Haus einige Kritik an der Aufstellun­g erwartet.

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Foto: dpa Die US-Airforce setzt unter anderem Drohnen vom Typ MQ-1 Predator ein. Bei Angriffen kamen auch Zivilisten ums Leben.

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